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S25 Blut ist Blut – Egal, ob rot oder bunt!

5.04.2023

 

„Ich bin schwul, darf heiraten, Kinder adoptieren und Organe spenden, aber mein Blut soll zu schmutzig zum Spenden sein?“

Damit muss in unseren Augen Schluss sein!

Trotz der gesellschaftlichen, sehr positiven Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte gibt es immer noch Bereiche, in denen transgeschlechtliche genauso wie homosexuelle Menschen mittelbar oder unmittelbar diskriminiert werden. Hierzu gehört auch die Blut- und Plasmaspende. Bis in das Jahr 2017 war es für Homo-, Bi- und Transsexuelle überhaupt nicht möglich Blut und Blutbestandteile zu spenden. Erst mit der „Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen sowie zur Anwendung von Blutprodukten“ (Richtlinie Hämotherapie) aus 2017 ist es Männern, die Sex mit Männern haben (MSM) erlaubt, ihr Blut zu spenden, falls sie in den letzten 12 Monaten keinen Geschlechtsverkehr hatten. Im September 2021 wurde dies nach massivem Druck aus der Gesellschaft heraus auf vier Monate abgesenkt. Sofern die betroffenen Menschen allerdings nicht abstinent leben, werden sie daher praktisch trotz fehlender Sachgrundlage von der Blutspende ausgeschlossen. Für ein erhöhtes HIV-Risiko ist nämlich nicht die Sexualität entscheidend, sondern das individuelle Sexualverhalten. Diese aktuell geltenden vier Monate sind wissenschaftlich unverhältnismäßig, noch entsprechen sie der Lebensrealität vieler homo-, bi- und transsexueller Menschen. Eine ganze Bevölkerungsgruppe auf Grund von Stigmatisierung unter Generalverdacht zu stellen, ist eine offene Diskriminierung und sollte gesellschaftlich nicht mehr geduldet werden.

Darüber hinaus ist die aktuelle Regelung an einer weiteren Stelle unsinnig: Wieso sollten Menschen erst vier Monate nach einem „Risikokontakt“ spenden dürfen, obwohl jede Blutspende im Labor getestet wird und das HI-Virus nach sechs bis 12 Wochen sehr zuverlässig nachweisbar ist? Dies erweckt den Eindruck, dass der Ursprung des Blutspendeverbots noch bis heute in den antiquierten Ansichten einiger Mediziner:innen und Politiker:innen sehr präsent zu sein scheint: Denn dieses Verbot stammt noch aus Zeiten der AIDS-Krise in den 1980er Jahren und dass deshalb ein Verbot aufgrund der kaum vorhandenen medizinischen Vorkenntnisse und Behandlungsmöglichkeiten als Vorsichtsmaßnahme geschaffen wurde, ist vollkommen nachvollziehbar. Fast 40 Jahre später steht dies allerdings aufgrund der massiven Fortschritte in der Forschung und Medizin nicht mehr im Verhältnis zueinander und ist gleichzeitig noch weniger zeitgemäß, da wissenschaftliche und medizinische Erkenntnisse eine ganz andere Einschätzung der Situation heute zulassen.

Es ist Konsens, dass eine Blutspende sicher für Spender:innen und Empfänger:innen sein muss, jedoch basiert die aktuelle Richtlinie nicht auf einer Sachgrundlage, sondern auf Vorurteilen. Dies wird auch deutlich an Formulierungen wie „Transsexuelle Personen mit sexuellem Risikoverhalten“, welche Transsexualität direkt mit einem erhöhten HIV-Risiko in Verbindung setzt, wobei doch eigentlich klar sein sollte, dass die persönliche Geschlechtsidentität genauso wenig wie die individuelle Sexualität für oder gegen ein erhöhtes Risiko für eine HIV-Infektion spricht. Auch besteht kein Zusammenhang zwischen einer Transidentität und (risikoreichem) Sexualverhalten, da die Geschlechtsidentität von der Sexualität abzugrenzen ist, so auch in diesem Zusammenhang.

Auch wenn davon ausgegangen wird, dass Männer, die mit Männern Sex haben, statistisch häufiger von HIV betroffen sind, können HIV-Infektionen inzwischen nach 6 Wochen nachgewiesen werden. Dies zeigt, dass ein Wartezeitraum von vier Monaten vollkommen außerhalb jeglicher Proportion formuliert ist.

Es geht bei dieser Diskussion scheinbar auch nicht nur um die allgemeine Diskriminierung nicht Blut spenden zu dürfen, sondern auch um die diskriminierenden Erfahrungen die Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle bei möglichen Blutspenden begegnen. Fragen nach der Sexualität kommen hierbei einem Zwangsouting gleich, das es in dieser Form nicht geben darf. Der Umgang und die Kommunikation der eigenen Sexualität sollte immer noch eine persönliche Entscheidung sein.

Aus diesen Gründen fordern wir als SPD Niederbayern die SPD-Verhandlungsgruppe im Bereich Gesundheit sowie die SPD-Bundestagsfraktion auf, im Laufe der Koalitionsverhandlungen eine komplette Abschaffung dieser diskriminierenden Regelungen für queere Menschen in den Koalitionsvertrag mit aufzunehmen und im Laufe der Legislaturperiode auch zu erwirken. Die Diskriminierung aufgrund der Hämotherapie-Richtlinie muss beendet werden. Dabei soll sie dahingehend geändert werden, dass Spender:innen nur auf Grund ihres individuellen Risikoverhaltens, nicht aber aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer Sexualität von der Blut- und Plasmaspende ausgeschlossen werden können. Hierbei ist entscheidend, dass nicht nur eine medizinisch sinnvollere Lösung gefunden wird, sondern auch respektvolle und diskriminierungsfreie Formulierungen verwendet werden. Gerade in Zeiten, in denen schlicht und ergreifend etliche Blutspenden fehlen, sollten wir die gesundheitlichen Aspekte vor konstruierten Diskriminierungen stellen und das Blutspendeverbot für Schwule, Bi- und Transsexuelle endlich abschaffen!

P4 Antrag weibliche Doppelspitze beim Bundesparteitag unterstützen

5.04.2023

Der Landesparteitag möge beschließen, den folgenden Antrag zu unterstützen:

Der Bundesparteitag möge beschließen, dass das Organisationsstatut § 11 (2), Satz 4 um das Wort „mindestens“ im unterstrichenen nachfolgenden Wortlaut ergänzt werde.
Konkret beantragen wir damit die Wahlmöglichkeit von weiblichen Doppelspitzen in Parteiämtern, die eine Doppelspitze vorsehen.

„…In den Funktionen und Mandaten der Partei müssen nach Maßgabe dieses Statuts und der Wahlordnung Frauen und Männer mindestens zu je 40 % vertreten sein. Die Pflicht richtet sich an das wählende oder entsendende Gremium. Die Quotierung bezieht sich insbesondere auf Mehrpersonengremien wie Vorstände, geschäftsführende Vorstände, von Vorständen eingesetzte Gremien und Delegationen.
Die Satzungen der Gliederungen können zulassen, dass dem Vorstand zwei gleichberechtigte Vorsitzende, davon MINDESTENS eine Frau, angehören.“

Begründung
Mit der Ergänzung soll eine Zielvorgabe der Bundes-SPD realistisch werden, die ein SPD- Kernthema betrifft, die Gleichberechtigung von Frau und Mann.
Das Ziel des Zukunftsprogramms, eine gleichberechtigte Besetzung von Parteivorständen bis 2030 (siehe Zukunftsprogramm der SPD „Wir wollen die Gleichstellung von Männern und Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen bis 2030 erreichen“, damit sollten auch die parteiinternen Strukturen gemeint sein) ist nur zu erreichen, wenn Förderung von Frauen in verantwortlichen Positionen der Partei mit deutlich stärkeren Maßnahmen verfolgt wird. Dazu zählt die Möglichkeit von rein weiblichen Doppelspitzen.
Mit der bisherigen Vorgabe, in Vorständen mit Mehrfachbesetzung (Doppelspitzen) zwar eine Frau festzulegen, aber auch nicht mehr, selbst wenn es interessierte und mehrheitsfähige Kandidatinnen gäbe, wird das Ziel nur halbherzig verfolgt.
Stand heute ist, dass das Ziel 2030 mit dieser eingeschränkten Vorgabe nicht erreicht werden kann.
Dort wo die Basisarbeit stattfindet und die meisten Genossinnen aktiv sind, in den Ortsvereinen, ist eine weibliche Vorsitzende am seltensten zu finden. Wird dann auch noch eine mögliche Doppelspitze mit engagierten Genossinnen verhindert, scheitert die Förderung von Frauen schon an der Basis. Das ist abzusehen.

Mit der Ermöglichung von weiblichen Doppelspitzen in Parteivorständen zeigt die SPD, dass sie an der Gleichberechtigung aller Geschlechter ein ernsthaftes Interesse hat.

Dass die Diskussion um die Förderung von Menschen mit non-binärer Identität sofort erweitert werden muss und hier auch Anpassungen in den Organisationsstatuten erfolgen müssen, ist selbstverständlich.

S24 Verbesserung der Situation von Betroffenen nach Fehlgeburten

5.04.2023

Die SPD Unterföhring beantragt, dass die BayernSPD sich auf Bundesebene für eine Verbesserung der Situation von Betroffenen nach Fehlgeburten einsetzt und zwar unter anderem durch

 

  • die Einführung eines freiwilligen Gestaffelten Mutterschutzes nach Fehlgeburten,

 

  • eine bundesweite Informationskampagne zum Thema Fehlgeburten, zum Beispiel in Form einer Informationsbroschüre für Gynäkologische Praxen, Kliniken und Beratungsstellen über medizinische Möglichkeiten und Rechte (z.B. Anspruch auf Hebammenbetreuung, Kündigungsschutz)

 

  • eine Vereinfachung der Krankschreibung bei frühen Fehlgeburten durch Einführung eines Diagnoseschlüssel für Fehlgeburt

 

  • die Förderung von wissenschaftlichen Studien rund um das Themengebiet Fehlgeburt, zum Beispiel Ursachenforschung, Erhebung der Fallzahlen, Untersuchungen der psychischen Spätfolgen, usw.

 

  • Entwicklung und Einführung einer Leitlinie für Kliniken zum Thema Fehlgeburt

 

  • Ausweitung der geplanten zweiwöchigen PartnerInnen-Freistellung nach Geburt auf Fehlgeburten

M3 Ergänzungsvorschläge für unser Einwanderungsrecht

5.04.2023

Es betrifft nur den Personenkreis aus Dritt – Staaten, die nicht mit einem festen Job bereits einreisen.

Ebenfalls ausgenommen sind Personen, die nicht bei Einreise der Visumspflicht unterliegen, wie: z.B. Australien, Israel, Japan, Kanada, Rep. Korea, Neuseeland und USA.

Es betrifft hauptsächlich die teilweise über das Mittelmeer Kommenden oder in ähnlicher Art und Weise Einreisende, sowie Personen, deren Asylantrag abgelehnt wurde.

Hier sollte auch der Spurwechsel weiterhin Bestand haben und ein Teil der Einwanderung darstellen.

Wir schlagen in der Abarbeitung eine gemeinsame Datei für alle beteiligten Behörden vor, die es -abgestuft – einen Zugriff möglich macht, dass alle Beteiligten mit denselben Datensätzen arbeiten können.

Aufgrund der Probleme in der Vergangenheit sollte man eine Behörde für den Gesamtkomplex Einwanderung schaffen die auch über die notwendigen Rechtsgrundlagen verfügt bis hin zu dem Thema DNA-Erfassung zur einwandfreien Identifizierung.

Sie sollte in der Lage sein auch die Bundesliegenschaften heranzuziehen und herzurichten um den Personenkreis in der ersten Zeit unterzubringen. Dies sollte alles in zentrale Hand sein und auch der Zugriff auf die Bundesimmobilen der Hima sollten für sie verfügbar sein. Das Ganze sollte beim Innenministerium des Bundes in der Zusammenarbeit mit den Ländern erfolgen

Das würde uns viel Durcheinander ersparen und Personal sparen.

Bei der zurzeit noch üblichen Verfahrensweise werden bei jeder Behörde die Daten immer wieder erneut aufgenommen.

Es ist für die Behörde nicht einfach, diese Menge an Anträge zu bewältigen. Es kann nicht sein, dass wir dann nicht Vereinfachung im Ablauf einführen und die EDV nutzen.

Dies ist kontraproduktiv, bindet Ressourcen und birgt Fehler.

Die erste Behörde, mit der der Personenkreis Kontakt hat, sollte die Daten überprüfen und notfalls vervollständigen, die bereits von einer anderen EU Behörde aufgenommen wurden.

Auch sollte ein Punkteprogramm entwickelt werden, um die Personen besser einzuschätzen und schon einmal Jobangebote zu erstellen.

Notwendigkeit

Möglich, aber nicht endlich wäre:

  1. Gesundheit und Alter
  2. Ausbildung
  3. Sprachliche Fähigkeiten
  4. Familie-Kinder (ist plus)
  5. Schon einmal ausgewiesen-Verhinderungspunkt
  6. Bildung

Das Punkteverfahren sollte nicht starr sein und sollte der jeweiligen Notwendigkeit angepasst werden.

Strafdaten mit Verurteilung  zu Freiheitsstrafen unter Androhung von mind. 1 Jahr (nach deutschen Recht) verhindern die Aufnahmen in das Einwanderungsprogramm.

Eine umgehende Rückführung in das Heimatland sollte wenn möglich durchgeführt werden.

Personen aus diesem Personenkreis, die bereits der deutschen Sprache mächtig sind, sollten von der Pflicht der Teilnahme am Deutsch Unterricht erspart werden.

Alle anderen sollten die Teilnahme nicht als Wahlveranstaltung angeboten werden, ebenso die Teilnahme am Integrationsunterricht.

Wir empfehlen für den Personenkreis auch die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften, wo angebotene Kurse effektiver und besser genutzt werden.

Das Ziel, es sollte hier nicht sein, perfekt in Schrift und Grammatik zu werden, sondern die Möglichkeit zur Teilnahme an der Arbeitswelt zu ermöglichen.

In der Unterkunft sollten EZ für Einzelpersonen und Wohnungen für Familien vorhanden sein. Dies könnte man durch Container oder angepasste Gebäude abdecken.

Speisen sollte durch eine Großküche angeboten werden, die die einzelnen religiösen Bedürfnisse berücksichtigt, soweit dies möglich ist oder durch einen Lieferservice.

Die Sicherheit der Unterkunft könnte durch ältere Polizisten mit Wachpolizisten übernommen werden.

Nach durchlaufen von Deutsch- Integrationskurs sollte die Jobbörse jeweils 3-6 Jobs anbieten, die dem Ausbildungsstand des Einwanderers entsprechen.

Es besteht die Pflicht, eines der Jobangebote zu akzeptieren, außer es sprechen gesundheitliche Gründe dagegen.

Kommt es während des o.g. Zeitraumes zu Straftaten mit einer Strafandrohung von mind. 1 Jahr oder sind sie Mitglied einer entsprechender Staatsfeindlichen Organisation – hier sollte eine umgehende Ausweisung erfolgen.

Jedes Bundesland sollte Einrichtungen dieser Art erstellen und generell sollte dieser Personenkreis diese Einrichtungen nutzen können. Es würde dann auch zu einer Gleichbehandlung kommen.

 

Auch sollte nach Aufnahme eines Jobs die Möglichkeit für einen zinsgünstigen Beschaffungskredit ermöglicht werden, um ihnen eine Starhilfe zu geben.

Auch sollte Unterstützungspersonen  gesucht werden, die ihnen bei den ersten Schritten im Berufsleben und normalen Alltag( ausfüllen von Formularen) helfen.

 

Unsere Absicht ist bei Ankommen dieses Personenkreises eine Struktur bereit zu stellen, die jeder durchlaufen sollte, und am Ende sollte die Integration in unserer Arbeitswelt und Gesellschaft möglich sein.

Es kann und darf nicht sein, dass Person bei uns ausgebildet werden über Jahre sich integriert haben und Steuern/Sozialabgaben entrichten ausgewiesen werden, obwohl keine Sicherheit Aspekte dafürsprechen.

Das ist nicht zu vertreten, dass man diese Personen ausweist, wir sollte endlich erkennen, dass unser Wohlstand nur gehalten werden kann, wenn wir eine aktive dafürsprechen betreiben.

Wir brauch die Einwanderung das ist Fakt.

Würden freuen, wenn Teile davon umgesetzt würden.

B7 #junginbayern

4.04.2023

Seit vielen Jahren entwickeln wir Jusos Bayern die Vorstellung einer sozialistischen Welt – von einem sozialistischen Oberfranken bis zum sozialistischen Niederbayern, ein sozialistisches Europa, auf jedweder Ebene.

Weisungsrichtend für die nächsten Jahre muss die Frage sein, wie unser jungsozialistisches Bayern aussieht. Es gibt viel zu ändern und voranzutreiben und das muss unser politisches Ziel und unsere Aufgabe sein.

Unser Bayern besteht nicht nur aus München, Augsburg und Nürnberg, sondern auch aus

Kulmbach, Weiden und Prien am Chiemsee. Je nach Ort unterscheiden sich die

Herausforderungen, und doch sind die übergeordneten Fragestellungen vielerorts ähnlich. Wir wollen vorrangig die Bildung, die Mobilität, den Wohnraum und die Freizeitangebote in Stadt und

Land verbessern und für eine Chancengerechtigkeit und für gleichwertige, aber vor allem gute Lebensbedingungen in jeder Verortung Bayerns sorgen.

Bildung

Nicht erst die Pandemie hat gezeigt, dass das bayerische Schulsystem strukturell nicht dazu in der Lage ist, Gerechtigkeit und gleichen Zugang zu Bildung für alle zu schaffen. Besonders in Bayern lebt, für Europa beinahe einzigartig, die Tradition der bürgerlichen Stände im dreigliedrigen Schulsystem weiter – das Gymnasium für die Oberen, und auch nur das spielt schulpolitisch eine Rolle. Wir möchten mit dieser jahrhundertealten Ungerechtigkeit endlich brechen. Die Bayern SPD muss wieder als die politische Kraft wahrgenommen werden, die für eine Veränderung des bayerischen Schulsystems kämpft und dabei insbesondere strukturelle Aspekte in den Blick nimmt, die die soziale Ungerechtigkeit verstärken. Wir fordern, dass die bayerische Sozialdemokratie hierfür Formate und eine Kampagne entwickelt, um die Partei mit dem Thema Bildungsgerechtigkeit zu verknüpfen. Basierend auf der Auswertung der Rückmeldungen zu dieser Kampagne kann die Bayern SPD dann Bündnispartner einladen, um ein Volksbegehren bis spätestens zur Landtagswahl 2023 für die solidarische Gemeinschaftsschule in Bayern zu initiieren – für die bestmögliche Versorgung mit Bildung in jeder noch so kleinen Gemeinde des Freistaates!

Warum es höchste Zeit für die Gemeinschaftsschule ist

Als Gymnasien etabliert wurden, sollten sie für die bürgerliche Elite des Landes ein Ort der humanistischen und kulturellen Bildung werden. Sie sollten ihre Schüler*innen auf ein Leben in der oberen Mittelklasse, oder höher, vorbereiten. Der Aufbau eines Volksschulwesens für die Kinder der Arbeiter*innen, Freizeitprogramme in der Natur wie die Kinderrepubliken der

Falkenbewegung oder die Institutionalisierung beruflicher Bildung beweisen: Schön früh war es unsere Aufgabe, dem Zweiklassenschulsystem etwas entgegenzusetzen. Als Sozialdemokrat*innen und Sozialist*innen müssen wir diese Aufgabe heute, in den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts, neu definieren. Dass in Bayern nur bis zur vierten Klasse gemeinsam gelernt werden kann geht auf die Ideologie zurück, dass besonders talentierte und leistungsfähige Kinder so früh wie möglich von weniger talentierten und leistungsfähigen Kindern getrennt werden müssen, um ihr volles Potential auszuschöpfen. Der erfolgreiche oder nicht erfolgreiche Übertritt kann da bereits die Zukunft von Kindern entscheiden. Allein dieser Anmaßung gegenüber Hunderttausender Kinder und Jugendlicher in Bayern müssen wir uns entgegenstellen und mindestens mit der Forderung einer sechsjährigen Grundschulzeit entschieden entgegentreten. Die Seperation des Schulsystems ist die Idee der Elitenförderung – die Starken noch stärker machen, alle anderen fallen hinten runter. Belegt wird das durch die Situation an Mittel- und Realschulen: Lehrkräfte werden weniger bezahlt als am Gymnasium, es mangelt oft noch stärker an Ausstattung und in der öffentlichen Debatte spielen sie praktisch keine Rolle. Besonders deutlich wird die Ungerechtigkeit der Aufteilung nach der vierten Klasse, wenn man sich die Gründe anschaut, warum die Schüler*innen die nötigen besseren Noten für das Gymnasium bekommen haben – oder eben nicht. Es ist der sozio-ökonomische Status der Schüler*innen, der familiäre Hintergrund, mögliche Kinderarmut oder gesundheitliche Probleme, die Kinder daran hindern, in der Grundschule Spitzenleistungen zu erzielen. Oder Lehrkräfte maßen es sich an, aufgrund subjektiver Empfindungen die nächstbessere Note nun doch zu geben oder sie zu verweigern, falls den/die Schüler*in nicht in der gewünschten Schulform sehen würden. Gerade für Kinder mit Migrationshintergrund können dabei bereits in jungen Jahren mit Alltagsrassismus konfrontiert werden, der dann auch noch ihre schulische Bildung und damit das künftige Berufsleben deutlich einschränkt oder den Schüler*innen das Ziel ihres gewünschten Lebenswegs verwehren. Doch gehen wir noch einen Schritt zurück: Sollten gerade Grundschulen nicht ein Ort sein, an dem Kinder die Welt entdecken können, sich ausprobieren können? Gerade dafür bleibt kaum eine Zeit, wenn es auf das „Grundschulabitur“ zugeht. Egal ob in der vierten Klasse oder später: ein Übertritt ist für Schüler*innen nicht zumutbar! Ohne ihn und damit mit einer Gemeinschaftsschule ist ein gerechtes Schulsystem möglich.

Das System der Solidarischen Gemeinschaftsschule

Alle Initiativen für die Schaffung der Gemeinschaftsschule haben gemein, dass sie alle bisherigen Schultypen unter ein Dach vereinen. In unserem Modell bleiben die ersten vier Schuljahre der heutigen Grundschule sehr nahe. Mit dem fünften Schuljahr eröffnen sich mit jedem Jahr mehr Möglichkeiten für die Schüler*innen, zu wählen, welche Themen sie interessieren und mit welchen

Fächern sie sich intensiver auseinandersetzen möchten. Es gibt viele Modelle und Optionen, diese Wahlmöglichkeiten auszugestalten. Wir möchten gemeinsam mit Bündnispartner*innen am bestmöglichen Modell für die Solidarische Gemeinschaftsschule arbeiten, bei dem jedoch eines klar ist: Die Bedürfnisse und Lebenswirklichkeit der Schüler*innen steht für uns im Mittelpunkt. Die Expertise von Pädagog*innen, aus der ganzen Welt, ist für uns ausschlaggebend. Viel mehr als ein Schulsystem ist die Solidarische Gemeinschaftsschule auch ein Ort des Lebens. Das erreichen wir durch die Umstellung der Schulen auf das System der integrierten Ganztagsschule und dem Wegfall sämtlicher Hausaufgaben.

Alle Schulen in Bayern bieten darüber hinaus auch an:

  • Kostenfreies und warmes Mittagessen,
  • Kostenfreier Verleih von Freizeit- und Sportgeräten,
  • Lehrmittel und Lernmaterial frei zugänglich in Schulbibliotheken, eine schulpsychologische Betreuung für alle Schüler*innen durch die Schaffung neuer Stellen und Entlastung von Lehrkräften,
  • kostenfreie international anerkannte Sprachprüfungen,
  • Klassen-, Studien- und Spracherwerbsreisen mit der Möglichkeit der vollen Kostenerstattung.
  • Kostenfreie digitale Endgeräte für alle Schüler*innen, um sowohl die Medienkompetenz zu verbessern, als auch vielfältige und vielseitige Lernangebote fernab des Geldbeutels der Eltern zu ermöglichen
  • Moderne digitale Infrastrukturen, welche den Ansprüchen des digitalen Lernens von heute als auch von morgen ermöglichen, Schnelles Internet für alle Schulen ohne Ausnahme!

Gemeinsames Lernen auf ein pädagogisches Fundament stellen

Die Einführung des eingliedrigen Schulsystems ist in vielen europäischen Ländern im Lauf der letzten Jahrzehnte geschehen. Doch selbstredend ist diese eine Reform nicht der Schlüssel zum vollkommenen und gerechten Schulwesen. Deshalb setzen wir uns für die Solidarische Gemeinschaftsschule ein – ein Modell, das viel mehr Aspekte umfasst als ausschließlich das Zusammenlegen von drei Schultypen. In der politischen Debatte ist es leider zur Gewohnheit geworden, das Hinzufügen neuer Schulfächer als einen konstruktiven Beitrag zur Diskussion zu bewerten. Unser Ansatz ist ein anderer. In einer solidarischen Gemeinschaftsschule sollen Talente und Interessen geweckt und gefördert werden, eine übergroße Anzahl an Schulfächern und Lehrplänen, die es jedes Schuljahr abzuarbeiten gilt, wirken dem entgegen. Wir möchten in ein zu schaffendes Bündnis für die Solidarische Gemeinschaftsschule daher dafür plädieren, sich genau mit dem finnischen Modell auseinanderzusetzen, das in vielen Fällen Schulfächer abgeschafft hat. Themen werden in ihren verschiedenen, beispielsweise geographischen, geschichtlichen, naturwissenschaftlichen und sprachlichen Aspekten, behandelt. Zwar wird es freilich immer Fächer geben, die an enge Grenzen gebunden sind, wie beispielsweise Sprachunterricht, doch gerade hier soll es in der Solidarischen Gemeinschaftsschule viele Wahlmöglichkeiten und innovative, pädagogische Lernformen geben können, die bisher weder Zeit noch Raum an Schulen einnehmen. Das Aufbrechen der Schulfächer bietet noch weitere Möglichkeiten. Sportunterricht kann beispielsweise in Kooperation mit lokalen Sportvereinen organisiert werden und sich besser an die Vorkenntnisse und Fähigkeiten der Schüler*innen anpassen. Ähnliche Modelle sind in künstlerischen und musischen Tätigkeiten denkbar, die einen hohen Stellenwert an einer

Solidarischen Gemeinschaftsschule einnehmen sollen. Auch schaffen wir so, trotz der schwierigen

Situation durch die Landesverfassung, die Möglichkeit, dass Schüler*innen flexibler zwischen

Ethik, Philosophie sowie Religionslehre entscheiden können. Wir sind des Weiteren der Überzeugung, dass Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik wichtig – jedoch nicht wichtiger als alle anderen Lerngebiete auch – sind und daher nicht in dem Ausmaß überhöht werden sollen, wie es die Wirtschaftslobby gemeinsam mit der bayerischen Staatsregierung momentan vorantreiben.

Berufliche Bildung der akademischen Bildung gleichstellen

Wir möchten in einem Bayern leben, das sich endlich von der Vorstellung verabschiedet, berufliche Bildung sei weniger wertig als akademische Bildung. Wir sind der festen Überzeugung der Gleichwertigkeit eines jeden Berufsweges und möchten ein Schulsystem, das eine gleiche und ehrliche Wahl zwischen einer starken Berufsausbildung und einem Studium für alle ermöglicht. Nach zehn Jahren der Gemeinschaftsschule soll den Schüler*innen daher die freie Wahl stehen, ob sie in eine Berufsausbildung starten oder nach drei zusätzlichen Jahren der Oberschule (vergleichbar mit der aktuellen QPhase des Gymnasiums) an eine Hochschule gehen. Die Allgemeine Hochschulberechtigung erhält jede*r, die*der die Oberschule oder eine Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen hat. Wir möchten normalisieren, dass Menschen ihr Berufsleben für ein Studium unterbrechen können oder auch nach dem Studium noch in eine Berufsausbildung gewechselt wird. Zusammen mit einer exzellenten Beratung und Unterstützung der Schüler*innen in der Solidarischen Gemeinschaftsschule stellen wir sicher, dass alle den für sie am besten geeignetsten Berufs- und Lebensweg einschlagen können und schaffen Optionen, sich ohne Nachteile auch umentscheiden zu können. Die Verbesserung der Beratungsangebote für Schüler*innen muss daher Teil eines solchen Volksbegehrens werden.

Mit den Schulnoten fällt ein weiteres antiquiertes Element des Schulsystems

Es ist absurd, das Wissen und die Lernfähigkeit aller Schüler*innen nach den gleichen Maßstäben auf einer Skala von 1 bis 6 zu bewerten. Und doch dreht sich in Schule und damit auch beim

Einstieg in das Berufs- und/oder Studienleben vieles um Noten. Die Aussagekraft dieser Bewertungen kann angezweifelt werden – denn auch hier spiegeln sich vielmehr die sozialen und familiären Umstände der Schüler*innen wider als das, was sie tatsächlich können. Das und der starke Ausschlag der individuellen Vorzüge der Lehrkräfte machen Noten nicht zu der objektiven und vergleichbaren Bewertung, die sie vorgeben, zu sein. Anstatt gezielt an den Stärken und Schwächen der Schüler*innen in einzelnen schulischen Teilbereichen zu arbeiten, werden sie mit dem Ist-Zustand ihrer Schwächen konfrontiert, bestraft und müssen gegebenenfalls um ihre Versetzung in die nächsthöhere Stufe bangen. Schüler*innen aus sozial besser gestellten Umständen können diese Mängel womöglich mit teurer Nachhilfe abseits des Schulalltags beheben. Auch hier zeigt sich die Bildungsungleichheit im Freistaat. Noten sind jedoch nicht alternativlos, es fehlt nur an Personal und Mut, den Schüler*innen in Zukunft ein konstruktives und persönliches Coaching zur Entwicklung der eigenen Fähigkeiten und Talente zur Verfügung zu stellen. Schon deshalb ist es wichtig, mehr Lehrpersonal einzustellen und die Lehramtsausbildung stärker zu fördern. Das Bündnis zur Einführung der Solidarischen Gemeinschaftsschule soll ausarbeiten, wie eine Abschaffung der Schulnoten in Bayern durch die Solidarische Gemeinschaftsschule aussehen kann. Es soll auch mit in Betracht gezogen werden, welche Folgen das für Absolvent*innen der Gemeinschaftsschule mit Blick auf Perspektiven außerhalb Bayerns haben würde und welche Möglichkeiten wir hier Schüler*innen bieten können, hier nicht benachteiligt zu werden.

Eine Gemeinschaftsschule ist nur dann solidarisch, wenn sie auch demokratisch ist

Demokratie, Mitbestimmung und Emanzipation sind Grundpfeiler sozialdemokratischer und sozialistischer Bildungsbewegungen. Die Kinderrepubliken in der Weimarer Republik sollten junge Menschen an die damals noch junge Demokratie heranführen, in dem man sie selbstständig ein Sommercamp organisieren und politisch leiten ließ. Sie waren ein voller Erfolg, doch ihr Geist lebt im heutigen Schulsystem nicht weiter. Wir möchten eine vollständige Demokratisierung des Schulwesens und den Schüler*innen so viel Entscheidungsgewalt in die Hände geben, wie nur möglich ist. Dabei ist es essentiell, dass nicht nur formale Wahlen zu Klassensprecher*innen stattfinden, sondern die Schüler*innen in ihrem Schulalltag Zeit, Räume und pädagogisch didaktische Unterstützung bekommen, eine Selbstverwaltung aufzubauen. Wir wollen die Demokratische Schule in Bayern verwirklichen. In geteilter Verantwortung mit den Lehrkräften entscheiden Vollversammlungen und gewählte Vertreter*innen der Schülerinnen gemeinsam über die Belange der Schule und des Schullebens. In Gremien muss die Mitbestimmung paritätisch umgesetzt werden. Wir möchten im zu schaffenden Bündnis vor allem mit Schüler*innen und Lehrkräften in den Dialog gehen und ein Konzept ausarbeiten, wie die Demokratische Schule heute aussehen kann, wie Demokratie vermittelt und organisiert werden kann und wie die Solidarische Gemeinschaftsschule ein optimales Umfeld schaffen kann, Schüler*innen zu

Selbstorganisation und demokratischen Mitbestimmung zu ermutigen. Klar ist: Es muss für Schüler*innen möglich sein, verbindliche Entscheidungen mit bedeutenden Folgen treffen zu können, damit Mitbestimmung mehr ist als nur Scheinbeteiligung.

Die Lehramtsausbildung muss mit der neuen Schulform mitgehen

Bayern gehört zu den letzten Regionen in Europa, die die Lehramtsausbildung noch kaum im Rahmen des Bologna-Prozesses organisieren. Wir möchten weiter gehen – noch weiter als die Bologna-Papiere, und eine der besten Ausbildungsbedingungen für unsere zukünftigen Lehrkräfte in ganz Europa schaffen. Zunächst wird durch die Einführung der Solidarischen Gemeinschaftsschule die Unterscheidung in verschiedene Schultypen für das Lehramt wegfallen.

Anstelle der bisherigen engen Vorschriften der Lehramtsausbildung soll ein neues, zweistufiges System eingeführt werden. Dabei halten wir die universitäre Ausbildung aller Lehrer*innen für unverzichtbar. Zulassungsbeschränkungen, wie den NC, lehnen wir entschieden ab. Es müssen mehr Studienplätze geschaffen werden! Wir werden die Staatsexamensprüfungen abschaffen. Der erste Teil des Lehramtsstudiums schließt mit dem Bachelor of Education nach sechs Semestern ab und legt neben den fachbezogenen Studienanteilen einen Schwerpunkt auf die pädagogischen, psychologischen und didaktischen Aspekte. Es folgt nach vier weiteren Semestern ein an den Bachelor gekoppelter Master of Education, hier liegt der Schwerpunkt auf die fachbezogenen Studienanteile. Nach zehn Semestern werden Studierende als Lehrkräfte zugelassen mit Anrecht auf eine Vergütung, die den aktuellen Gymnasiallehrkräften entsprechen. Mindestens drei Praxissemester in Schulen sind verpflichtend, in diesen Praxissemestern soll darauf geachtet werden, dass die angehenden Lehrkräfte möglichst selbstständig und direkt im Unterricht arbeiten können. Studierende können flexibel festlegen, welche Semester Praxissemester werden. Sie können auch gebündelt zwischen B. Ed. Und M. Ed. absolviert sowie zu einem Teil im Ausland absolviert werden, ohne dass Nachteile entstehen. Praxissemester sind fest im Studienverlauf eingeplant, werden mindestens mit 60% des Einstiegsgehaltes vergütet und werden pro Semester ohne weitere Prüfungsleistungen mit 30 Leistungspunkten gutgeschrieben. Auch die fachlichen Schwerpunkte müssen neu gedacht werden, wenn die klassische Struktur der Schulfächer aufgehoben werden soll. Angehende Lehrkräfte werden nach wie vor Schwerpunkte wählen, beispielsweise eine oder mehrere Fremdsprachen, Mathematik, Naturwissenschaften und/oder Sozialwissenschaften. Auch hier bietet die Umstrukturierung viele neue Chancen, Lehramtsstudierenden mehr Wahl und Flexibilität zu ermöglichen und gleichzeitig die Qualität der Ausbildung zu verbessern. Digitale Kompetenzen und Medienkompetenz sollen in jedem Lehramtsstudium eine hervorgehobene Rolle im Lehramtsstudium spielen. Auch muss die Lehrer*innen-Ausbildung die Vermittlung dikriminerungskritischer Kompetenzen als zentralen Bestandteil beinhalten. Dies gilt zum einen für die angehenden Lehrkräfte selbst in ihrem eigenen Auftreten und Verhalten. Ebenso gilt es, die Lehramtsstudierenden zu befähigen, den Schüler*innen diskriminierungskritische Kompetenzen zu vermitteln.

Wir möchten gemeinsam mit dem Bündnis mit erfahrenen Pädagog*innen und LehramtsStudierenden ausarbeiten, wie eine Neuaufstellung des Lehramts in Bayern aussehen wird.

Um die Solidarische Gemeinschaftsschule in Bayern umsetzen zu können, initiiert die BayernSPD ein breites gesellschaftliches Bündnis in enger Abstimmung mit der Landtagsfraktion.

Dieses Bündnis soll folgende Fragen ausarbeiten:

  •  Notwendige Dienstleistungen und Ausstattungen der Schule, um gleichen Zugang zu Bildung und Ressourcen für alle Schüler*innen zu verwirklichen,
  •  Ausgestaltung von Schulfächern, Reduzierung des Leistungsdruckes und interdisziplinäres Lernen ungeachtet der üblichen Fächergrenzen,
  •  Weitreichende Maßnahmen zur Gleichstellung beruflicher und akademischer Bildung durch die Überwindung der momentanen elitären Leistungsgesellschaft,
  •  Kompensation möglicher Nachteile für Schüler*innen durch unilaterale Abschaffung von Schulnoten als Bewertungs- und Zeugnissystem,
  •  Forderungen der betroffenen Gruppen zur Ausgestaltung eines demokratischen Schulsystems mit echter Mitbestimmung der Schüler*innen,
  • Erarbeitung eines Rahmens für einen angepasste Lehramtsausbildung,
  • die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen eines Volksbegehrens zur Umsetzung der von uns und von dem zu schaffendem Bündnis.

Mit diesem Papier geben wir uns als Sozialdemokrat*innen und Sozialist*innen eine solide Arbeitsgrundlage, mit der wir für Gerechtigkeit und Solidarität für die Schüler*innen von heute

und morgen kämpfen wollen. Wir werden gemeinsam alle linken, progressiven und gewerkschaftlichen Kräfte in Bayern mobilisieren, um unsere Vision von einer gerechten, demokratischen und solidarischen Schule auf der Höhe der Zeit zu realisieren. Mit der

Solidarischen Gemeinschaftsschule sind wir gut aufgestellt für den nächsten Wahlkampf – mit ihr können wir beweisen, dass wir in Bayern gebraucht werden und nach den vorherigen, erfolgreichen Bürger*inneninitiativen auch dieses Mal erfolgreich sein können!

Mobilität

Im Rahmen der heutigen Ausbildungslandschaft wird von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein hohes Maß an Mobilität gefordert. Aber auch Berufsschüler*innen sind durch die duale Ausbildung mit dem Wechsel zwischen Arbeits- und Schulstätte und der vermehrten Konzentration von Ausbildungszweigen mit wenigen Bewerber*innen auf spezielle Berufsschulen einem immer länger werdenden Weg zur schulischen Ausbildungsstätte ausgeliefert. Da die dadurch entstehenden Kosten in den allermeisten Fällen von den Auszubildenden selbst getragen werden müssen, stellt dies einen unzumutbaren Zustand dar.  Auch die Anbindung ist Frage von Teilhabe, deshalb kämpfen wir für einen umfassenden Ausbau aller ÖPNV-Möglichkeiten in Bayern, um diese zu sichern. Dabei setzen wir auf ein ineinandergreifenden und aufeinander aufbauendes ÖPNV Angebot. So beispielsweise die Anpassung der Taktung von Buslinien an die Fahrpläne der deutschen Bahn. Es gilt insbesondere, dass Angebote an die Bedürfnisse vor Ort angepasst eingerichtet werden. Deswegen setzen wir auf eine Mischung aus Schienenverkehr, regionalen ÖPNVVerbänden und individuellen Lösungen vor Ort, sowie dem Fahrrad als geeignetes Mittel für kurze Strecken.

Nicht nur Auszubildende müssen die Kosten des Fahrtwegs selbst tragen, dies gilt auch für Schüler*innen ab der 11. Klasse, welchen ebenfalls die kostenlose Schulbeförderung nicht mehr gewährt wird.Nicht nur die fehlenden Anbindungen, sondern auch hohe Ticketpreise sind Ursachen für die zu geringe Nutzung des ÖPNV. Dabei

bringt diese nachhaltige Mobilität viele Vorteile, wie mehr soziale Kontakte, mehr Entwicklungsmöglichkeiten, mehr Sicherheit und sie ist zudem umweltschonend. Deshalb fordern wir eine sozial-ökologische Wende im gesamten Verkehrssektor! Es müssen endlich alle verbliebenen Bahnstrecken elektrifiziert werden um Dieselloks aus dem Verkehr zu ziehen! Außerdem müssen alle Busse auf erneuerbare Energien, wie E-Mobilität und grünem Wasserstoff, umgestellt werden. Diese Umstellung muss sich auch auf den Individualverkehr beziehen, der durch den Ausbau von Ladestationen, die finanzielle Unterstützung bei der Anschaffung von E-Autos und weitere Forschung im Bereich der Akkuentwicklung gefördert werden muss. Der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor ist zwingend notwendig.

Ein bayernweites Ticket stellt so weit mehr als nur praktische Umverteilung zugunsten der geringsten Einkommensbezieher*innen dar. Gerade Azubis haben insgesamt weniger Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe als Studierende, die zumindest Zugang zu einem Studierendenticket in ihrer Stadt haben. Unser Ticket ermöglicht es jungen Menschen täglich kostengünstig zu pendeln und auch größere Distanzen zurückzulegen. Statt eines Flickenteppichs verschiedener Förderstrukturen, Zuschüsse und Preise brauchen wir eine einheitliche Landeslösung, die die Landesregierung mit den Tarifparteien und anderen beteiligten Akteur*innen, wie zum Beispiel auch den Arbeitgeber*innen, durchsetzt. Deshalb fordern die Jusos Bayern die Einführung eines bayernweiten Schüler*innen-, Auszubildenden- und Studierendentickets. Dieses muss Fahrten sowohl in den bayerischen Nahverkehrszügen als auch im örtlichen ÖPNV ermöglichen. Für Menschen,

(zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem ÖPNV, der Bahn) viele Vorteile: Mehr soziale Kontakte, mehr Entwicklungsmöglichkeiten, mehr Sicherheit und umweltschonend – jeder Kilometer, der nicht mit dem Auto zurückgelegt wird, schont dadurch die Umwelt. Ein bayernweites Ticket stellt weit mehr als nur praktische Umverteilung zugunsten der geringsten Einkommensbezieher*innen dar. Das Ticket ermöglicht den finanziell Schwächeren, sich gesellschaftlich, kulturell und auch z.B. politisch besser einzubringen. Sich überall hin bewegen zu können, ist Teil gesellschaftlicher Teilhabe. An vielen Stellen sticht hervor, dass gerade Azubis insgesamt weniger Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe haben als Studierende, die bereits ein Studierendenticket innerhalb ihrer Kommune besitzen. Das Ticket könnte dem StadtLand-Gefälle entgegentreten und mehr besetzte Ausbildungsstellen durch höhere Mobilität ermöglichen. Als Flächenland gibt es in Bayern das große Problem, dass Regionen wie Augsburg, München oder Nürnberg einen großen „Überhang“ an Bewerber*innen haben. Hingegen bleiben gerade in ländlichen Regionen einige Ausbildungsplätze unbesetzt. Unser Ticket würde es jungen Menschen ganz praktisch ermöglichen, täglich kostenneutral zu pendeln und auch größere Instanzen zurückzulegen. Statt eines Flickenteppichs verschiedener Förderungsstrukturen, Zuschüsse und Preise brauchen wir eine einheitliche Landeslösung, die die Landesregierung mit den Tarifparteien und anderen beteiligten Akteur*innen, wie zum Beispiel auch den Arbeitgeber*innen, durchsetzt. Deshalb fordern die Jusos Bayern die Einführung eines bayernweiten Schüler*innen-, Auszubildenden- und Studierendentickets. Dies muss Fahrten sowohl in den bayerischen Nahverkehrszügen als auch im örtlichen ÖPNV ermöglichen. Für diese Personengruppe, die an der Grenze zu Bayern leben, aber in Bayern ihrer Ausbildung nachgehen, sind Übergangslösungen zu schaffen. Ziel ist es, den Weg vom Wohnort zu den Ausbildungsstätten durch das Ticket abzu decken.

Dies ist aber nur der erste Schritt auf unserem Weg in ein sozialistisches Bayern. Langfristig setzen wir uns für einen kostenlosen und fahrscheinlosen ÖPNV für alle ein.

Wohnen

Bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Gerade in den Städten, die von arbeits- und ausbildungsbezogenen Zuzug profitieren, stellt sich für viele die Frage, ob sie sich das Wohnen in der Stadt noch leisten können. Die steigenden Mietpreise und der finanzkräftige Zuzug setzen eine Dynamik in Gang, die zur Verdrängung der normal- und geringverdienenden Bevölkerung zu führen droht. Längst ist diese Entwicklung nicht mehr nur auf die Kerngebiete der Städte begrenzt, sondern zieht sich weit hinein in ländlichere Gebiete. Immer weitere Wege müssen für die Suche nach bezahlbarem Wohnraum in Kauf genommen werden, denn weite Teile der Region in den Verbundräumen der europäischen Metropolregionen Nürnberg-Fürth-Erlangen und München erfahren Wachstum und in vergleichsweise gut erschlossenen Lagen wird bezahlbarer Wohnraum knapp.

In Artikel 106 Abs. 1 der bayerischen Verfassung wird der “Anspruch auf eine angemessene Wohnung” für jede*n Bewohner*in Bayerns unter den Grundrechten geführt. Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden. Bayern muss endlich diesem Anspruch gerecht werden und für den Erhalt und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sorgen. Aus diesem Grundrecht geht für uns auch die Forderung hervor, dass kein Mensch bei der Wohnungssuche diskriminiert wird. Daher braucht es weitergehende gesetzlich gestüzte Maßnahmen, als bisher. Ein Beispiel dafür sind anonymisierte Bewerbungsverfahren.

Mit der Mietpreisbremse und dem Mietspiegel wurde in den letzten Jahren schon einiges für die Mieter*innen erreicht. Allerdings bedürfen diese Instrumente noch weiterer Ergänzungen, um einen effizienten und sozialen Rechtsschutz zu gewährleisten.

Die Mietpreisbremse regelt, dass bei der Wiedervermietung von Wohnungen in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt die zulässige Miete höchstens auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete +10% angehoben werden darf. Welches Gebiet dabei eines mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ ist, wird  von den Ländern für jeweils maximal 5 Jahre bestimmt.

Dadurch entsteht jedoch ein undurchsichtiger Flickenteppich mit Orten, an denen die Mietpreisbremse gilt und Orten, die ausgenommen sind. Wird fordern daher, dass die Mietpreisbremse in Bayern künftig überall flächendeckend gilt und nicht nur in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt. Ebenso soll sich der Freistaat Bayern auf Bundesebene für Verbesserungen einsetzen. Neubauwohnungen, die erstmals vermietet werden, sind von der Mietpreisbremse ausgenommen, ebenso wie die erste Vermietung nach einer umfassenden Modernisierung. Dies dient der Investitionsförderung und soll Neubau und Modernisierung von Wohnungen fördern. Dabei ist klar, dass wir die Frage nach dem „ob“ einer solchen Förderung bejahen. Hinsichtlich des „wie“ fordern wir jedoch, dass diese Investitionsförderung nicht zu Lasten der Mieter*innen geschieht, sondern durch staatliche Investitionen und Unterstützungsmaßnahmen. Die Ausnahme von Neubauwohnungen und umfassend modernisierten Wohnungen von der Mietpreisbremse soll daher künftig nicht mehr bestehen und Investitionen stattdessen von staatlicher Seite ermöglicht werden.

Der Mietspiegel gibt einen Überblick über die „ortsübliche Vergleichsmiete“. Sie wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung in den letzten – mittlerweile sechs – Jahren vereinbart worden sind. Dieser noch immer viel zu kurze Zeitrahmen und die Tatsache, dass im Mietspiegel nur Neuvermietungen berücksichtigt werden und nicht etwa bereits bestehende, meist wesentlich günstigere Mietverträge, kann die Realität jedoch nicht ausreichend widerspiegeln. Wir fordern daher, den für den Mietspiegel maßgeblichen Zeitrahmen über sechs Jahre auf mindestens 20 Jahre auszudehnen und im Mietspiegel nicht nur Neuvermietungen, sondern auch bereits bestehende Altverträge mit zu berücksichtigen.

Schließlich muss dem Verlust von Wohnraum durch Zweckentfremdung entgegengewirkt werden. Durch Internetplattformen wie Airbnb lässt sich durch eine zweckentfremdete und meist dauerhafte Nutzung als lukrative Ferienwohnung viel mehr Gewinn erzielen, als durch eine reguläre Vermietung als Wohnraum. Gleichzeitig ist die Gewerbesteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen von Gemeinden, so dass die Gefahr einer Umwandlung von Wohnraum in Gewerbeflächen besteht. Der dringend benötigte Wohnraum wird dadurch weiter reduziert. Um Wohnraum zu schützen und gleichzeitig die kommunale Selbstverwaltung zu wahren, sind Zweckentfremdungen von Wohnraum nur nach Genehmigung durch die Gemeinden möglich. Dies gilt jedoch nur, wenn die jeweilige Gemeinde dies ausdrücklich durch Erlass einer Satzung geregelt hat. Ist dies nicht geschehen, kann der Wohnraum je nach Belieben der Eigentümer*innen umgenutzt werden. Dadurch besteht eine Gefahr der Verdrängung von Mieter*innen aus ihren Wohnungen wegen meist profitablerer Gewerbemietvertragseinnahmen oder spekulativen Leerstand sowie eine uneinheitliche und undurchsichtige Rechtslage je nach Gemeindegebiet. Wir fordern eine bayernweit einheitliche Regelung, nach der das Genehmigungserfordernis der Gemeinden flächendeckend besteht und die weitere Verschärfung des Strafmaßes bei Verstoß gegen die Regelungen der Zweckentfremdungssatzungen. Leerstehender oder zweckentfremdeter Wohnraum soll durch die Gemeinden zwangsweise wiedervermietet werden können. Dabei soll eine soziale Bindung der Mieten etabliert werden um einen etwaigen spekulativen Mietanstieg zu vermeiden.

Daher fordern wir:

> Flächendeckender Einsatz der Mietpreisbremse

> Streichung der Ausnahmetatbestände “möblierte Wohnung” und “Neubau” für die Gültigkeit der Mietpreisbremse

> Weiterentwicklung des Mietspiegels, sodass dieser nicht länger den bedingten, erwarteten

Mietpreis der in den letzten vier Jahren neuvermieteten Wohnungen im freifinanzierten Wohnungsbau mit Ausnahme von Ausreißern darstellt, sondern durch Einbeziehung von Bestandsmieten auch im nicht gewinnorientierten Wohnungsbau den tatsächlichen Mietpreis vergleichbarer Wohnobjekte abbildet. Zur Etablierung allgemeiner, gerichtlich anerkannter wissenschaftlicher Maßstäbe zur Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels ist ein Standard-Modellrahmen durch das Statistische Bundesamt zu erarbeiten, welcher als Vorlage für das

Erstellen von Mietspiegeln dienen soll. Ferner ist die Möglichkeit, anstelle des Mietspiegels die Vergleichsmiete gutachterlich durch Mitteln der Mieten sog. vergleichbarer Objekte bei Existenz eines qualifizierten Mietspiegels zu streichen.

> Verschärfung des möglichen Strafmaßes für Zweckentfremdungen, Transparenz und effektive

Nachverfolgung und zentrale Wiederbelegung zweckentfremdeten Wohnraums unter sozialen Bindungen durch die Kommunen.

Eine der größten Herausforderungen in der Wohnungspolitik stellt die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum dar. Die Zahl der Menschen, derer Einkünfte nicht mehr ausreichen, um die hohen Mietpreise zu bezahlen oder sich gar Wohneigentum zu erarbeiten, steigt stetig. Für viele Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen wird es immer schwerer, in den bayerischen Städten und Gemeinden noch bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Und selbst dann, wenn nach langer Suche geeigneter Wohnraum gefunden wurde, geht ein unverhältnismäßig hoher Prozentanteil des monatlichen Einkommens für die Zahlung der Miete drauf. Die Wohnungspreise in München gehören sogar zu den höchsten in Deutschland und auch längerfristig ist auf dem Wohnungsmarkt im Freistaat mit keiner Entspannung zu rechnen. Eine zentrale Maßnahme, um gegen die Wohnungsnot in Bayern vorzugehen, ist ein Anstieg der Bautätigkeit. Daher muss in den nächsten Jahren von staatlicher Seite ein erhöhtes Engagement gezeigt werden und der Neubau vieler bezahlbarer Wohnungen mit finanziellen Mitteln gefördert werden. Dabei sind insbesondere die Kommunen bei der Schaffung oder der Ausweitung von sozial gefördertem Wohnraum im Kommunalen Bestand zu unterstützen. Der Verkauf tausender GBW Wohnungen im Zuge der Pleite der Landesbank an ein privates Investorenkonsortium war ein fataler Fehler und verantwortlich für den Wegfall großer Bestände bezahlbaren Wohnraums. Die eingegangenen Sozialverpflichtungen haben sich fortlaufend als leere Versprechungen erwiesen. Wo der Freistaat nicht selber aktiv wird sollen Flächen im staatlichen Besitz den Kommunen zweckgebunden für sozialen Wohnungsbau verbilligt zur Verfügung gestellt werden. Die von der Immobilienverwaltung des Freistaates betreuten Liegenschaften sollen nicht mehr veräußert werden und nur an öffentlich-rechtliche Körperschaften oder zu 100% kommunalen Unternehmen  zu einem deutlich reduzierten Preis für gemeinnützige, soziale Zwecke zur Verfügung gestellt werden.

Insbesondere auch für Junge Menschen fehlt es in Bayern an bezahlbaren und an ihre Bedarfe angepassten Wohnraum. Hier muss staatliche Förderung ansetzten um Jungen Menschen, Student*innen, Auszubildenden und jungen Arbeitnehmer*innen einen Start in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Grade ihnen fällt es oft besonders schwer sich auf dem Wohnungsmarkt überhaupt zu versorgen, sind doch häufig hohe Bürgschaften und Kautionen zu stellen sowie unbefristete Festanstellung Voraussetzung für den Zuschlag zu einer Wohnung.

Daher muss das Landesförderprogramm “Junges Wohnen”, das die zweckgebundene Errichtung von bedarfsgerechtem Wohnraum für junge Menschen insbesondere durch kommunale und gemeinnützige Träger ermöglicht, weiter ausgebaut und in Abstimmung mit Konzepten wie dem Studierendenwerk oder einem derzeit noch in Planung befindlichen Azubiwerk stehen. Für all diese Konzepte muss der Freistaat weitere finanzielle Fördermittel unkompliziert zur Verfügung stellen.

. Auch müssen die Investitions- und Erhaltungskostenzuschüsse für Auszubildenden und Blockschulwohnheime durch die Landesebene wieder eingeführt und erhöht werden, um die angemessene Unterbringung von Berufsschulpflichtigen während ihrer Schulzeiten sicherzustellen.

Daher fordern wir:

> Förderung und Unterstützung der Gemeinden bei der Schaffung sozial geförderten und preisgedämpften Wohnraums

> Förderung von Genossenschaften und Unterstützung von Genossenschaftsneugründungen

> Ausbau des Förderprogramms “Junges Wohnen” für zweckgebundenden kommunalen oder gemeinnützigen Wohnungsbau

> Verbesserung der Ausstattung der Studierendenwerke

> Förderung von Projekten zur Schaffung von Wohnraum für Auszubildende

> Wiedereinführung eines Investitions- und Erhaltungskostenzuschusses für Auszubildenden- oder Blockschulwohnheime

> Den Ausbau des Diskriminierungsschutzes auch bei der Wohnungssuche. Dafür sollen die zuständigen Regierungen Expert*innen-Kommissionen einsetzen, die herausarbeiten, welche Maßnahmen hierzu möglich sind – und die Ergebnisse dann auch umsetzen.

U8 Gerechte Landwirtschaft. Sozial und ökologisch

4.04.2023

Präambel

Der primäre Sektor mit einem Anteil von heute nur rund 2% am BIP und insbesondere die Land- und Forstwirtschaft spielt seit Jahrzehnten im politischen und gesellschaftlichen Diskurs eine untergeordnete Rolle. Dabei hängen an diesem Sektor elementare Grundbedürfnisse wie etwa die Nahrungsmittelversorgung oder auch die Funktionsfähigkeit unserer Ökosysteme. Der voranschreitende Verlust der Biodiversität, Störungen im Wasserkreislauf, die Übernutzung und der Verlust von Böden, das drohende Waldsterben uvm. sind direkte Folgen des menschengemachten Klimawandels und der Art und Weise, wie diese natürlichen Ressourcen bewirtschaftet wurden und werden. Zudem zeigen sich gerade im Landwirtschaftsbereich weltweit die Folgen des auf Gewinnmaximierung ausgelegten Wirtschaftssystems: Akkumulation von Eigentum an Boden und Produktionskapazitäten in den Händen weniger, Missachtung und Dumping sozialer, ökologischer Standards und des Tierwohls sowie irreversible Schädigung der natürlichen Lebensgrundlagen. Und wie auch in vielen anderen Wirtschaftsbereichen, werden diese gerade auch globalen Ungleichheiten nicht reduziert, sondern etwa durch Freihandelsregime zementiert oder sogar verstärkt.

Es ist an der Zeit, diesen fatalen Trends eine moderne Politik entgegenzusetzen, die den Fokus auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit legt und globale sowie lokale Ungleichheiten abbaut. Von zentraler Bedeutung ist dafür, dass jegliche Form landwirtschaftlicher Produktion wieder in ein gesundes Verhältnis zu den dafür vor Ort erforderlichen Flächen gebracht wird. Das bedeutet eine Entflechtung und Dezentralisierung der Produktionsketten, was zugleich auch die Grundlage ist für ein deutlich höheres Maß an Verteilungsgerechtigkeit. Zudem können nur so die natürlichen Kreisläufe, Wasser- oder Nährstoffkreisläufe wieder geschlossen und weiterer Schaden von den Ökosystemen abgewendet werden. Seit Jahrzehnten zeigt sich weltweit ein Trend zum Verlust von Böden. Dieser Trend wird nicht aufzuhalten sein, wenn nicht auch nennenswerte Teile unserer Flächen der Verwertungslogik insgesamt entzogen werden, bis sie sich grundlegend regeneriert haben. Neben dem Schutz solcher Flächen, muss die kombinierte Nutzung Vorrang bekommen vor der einseitigen Nutzung. Das betrifft u.a. die Nahrungsmittelproduktion, Energiegewinnung und den Artenschutz. Vielmehr noch muss die Produktion von Nahrungsmitteln Vorrang bekommen vor der Produktion von Futtermitteln für Tiere.

Der Umgang mit den Flächen muss grundsätzlich auch die Auswirkungen auf den

Treibhausgashaushalt (THG-Haushalt) berücksichtigen und im Einklang mit der zur Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels erforderlichen THG-Emissionsminderung geschehen. THG-Quellen wie etwa die Methan-Emissionen der Fleisch- und Milchproduktion müssen massiv reduziert werden, während THG-Senken (Wälder, Moore, Böden) geschützt und ausgeweitet werden müssen. In diesem Sinne muss folglich, wo noch nicht geschehen, eine konsequente Quantifizierung des Treibhausgaspotenzials der jeweiligen Flächennutzung erfolgen. Darauf aufbauend müssen die Emissionen bepreist/besteuert werden.

Die Umsetzung all dieser Ziele erfordert Rahmenbedingungen, die das Verhältnis von Eigentum an Grund und Boden sowie Bewirtschaftung des Bodens grundlegend neu ordnet. Nicht mit dem Eigentum per se soll Geld verdient werden, sondern mit der gemeinwohlorientierten Bewirtschaftung desselben. Öffentliches Geld, wie etwa die europäischen Agrarsubventionen, sollen künftig nur noch für öffentliche Leistungen und im Sinne voranstehender Ziele gewährt werden. Handelsbeziehungen müssen fair sein, Ungleichheiten reduzieren, soziale, ökologische und Tierwohlstandards einhalten und verbessern und dürfen nicht weiter der ungebremsten Kapitalakkumulation dienen. Aus Ländern, in denen Hunger herrscht oder Wälder vernichtet werden, dürfen keine Agrarerzeugnisse mehr abgezogen werden. Nicht zuletzt und bis auf weiteres muss die Zuweisung der Klima- und Umweltschäden verursachergerecht erfolgen.

Boden, Eigentum und Agrarförderung

Die Verteilung von Land ist heute in der EU noch stärker aus dem Gleichgewicht geraten als die Verteilung von Vermögen. 2,7% aller Betriebe besitzen 50% der europäischen Fläche. 80% der Direktzahlungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gehen an die größten 20% der Betriebe. Dies bedeutet eine Abschöpfung der EU-Gelder von Landeigentümer*innen. Besonders betroffen sind osteuropäische Länder durch zunehmendes „Land Grabbing“, d.h. den Erwerb von Landeigentum durch oftmals ausländische Privatinvestoren oder Konzerne als Kapitalanlage.

Gerade in Ostdeutschland und Osteuropa wurden in den 1990er Jahren die öffnenden Märkte des ehemaligen Ostblocks genutzt, um die Landwirtschaft neoliberal umzubauen, mit der Folge, dass sich enorme Monopole gebildet haben. In Tschechien beispielsweise liegt über die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche in den Händen von Betrieben mit über 1.000 Hektar. In Brandenburg kontrollieren die drei Konzerne, KTG, die Lindhorst-Gruppe und Odega allein schon 20% aller Flächen.

Was die Forstflächen in Deutschland angeht, sind d 48% Privatwald, 29% Staatswald der Länder, 3,5% Staatswald des Bundes und 19,4% Körperschaftswald. Hier ist eine Veränderung der Nutzung vonnöten, hin zu einer der ökologischen Herausforderungen entsprechend. Dabei müssen insbesondere die Staatswälder eine hervorgehobene Rolle spielen.

In Bayern sind 65% der Fläche unter Pacht. Zwischen 2008 und 2018 stiegen die Agrarlandpreise in Bayern um 156 Prozent. Nicht die flächenstärksten Betriebe, sondern bäuerliche Betriebe und insbesondere junge Menschen, die sich in der Landwirtschaft eine Existenz aufbauen wollen, müssen ein Vorkaufsrecht erhalten.

Kleinbäuerliche Betriebe weichen immer mehr wachsenden industrialisierten Agrarbetrieben. Die

Zahl der Bauernhöfe sank von knapp 400.000 Betrieben 1950 auf heute nur noch 110.000

Betriebe. Mit dem Sterben kleiner Betriebe werden verbleibende Betriebe immer größer. Mit der Betriebsgröße steigt auch die Tendenz zu größeren Schlägen (Agrarfläche). Negative Auswirkungen für die Artenvielfalt sind die Folge.

Zu der zunehmenden Verknappung auf immer größere Konzerne kommt es nicht, weil es an Instrumenten fehlen würden. Landkauf ab 1 Hektar ist bereits genehmigungspflichtig und die staatseigenen Flächen könnten überwiegend an kleine Betriebe verpachtet oder verkauft werden.

Leider zeigt sich, dass die Entwicklung entgegen anderweitiger Beteuerung politisch gewollt ist.

Die CSU gibt vor, die familiären Betriebe im Blick zu haben (Ilse Aigner als Landwirtschaftsministerin: „nicht die industrielle Landwirtschaft, sondern der bäuerliche Familienbetrieb“), fördert aber mit ihrer Politik klar die Monopolisierung der Landwirtschaft. Die Agrarlobby-Studie des NABU aus dem Jahr 2019 ist hier beispielhaft. So wird der Rechtsbegriff der „ungesunden Landverteilung“, welcher entscheidend für die Genehmigung von Landkauf ist, meist „wachstumsfördernd“ ausgelegt und somit dem expandierenden Unternehmen ein Allgemeininteresse angedichtet. Kleine Betriebe, gerade im Nebenerwerb haben dabei das Nachsehen.

Es braucht nicht weniger als einen Paradigmenwechsel weg von der „Wachsen oder sterben“-Philosophie des bayerischen Bauernverbands. Kleinstbetriebe müssen im Zentrum der Lebensmittelproduktion stehen. Zu diesem Ideal hin zu kommen bedeutet aber auch, dass man Entwicklungen der letzten 20 Jahre rückgängig machen muss.

Auf EU-Ebene fordern wir:

  • EU-Subventionen müssen angepasst werden, sodass Kleinstbetriebe, Nebenerwerb und Neugründungen überproportional profitieren. Schluss mit dem Gießkannenprinzip der Flächensubventionen.
  • Auch Kleinstflächenbesitzer*innen (unter 1 ha) müssen Subventionen erhalten
  • Rückabwicklung hin zur Eigentumsstreuung

Auf Bundesebene fordern wir:

  •  Gründung von gemeinnützigen, landeseigenen Siedlungsgesellschaften in allen Bundesländern. Dieses soll für längere Zeit Boden bevorraten und Land verpachten dürfen, um die bestehenden Agrarstrukturen zu sichern und durch eine breitere Streuung des Eigentums an Grund und Boden in den Händen von Landwirten zu verbessern. Dabei wollen wir langfristig für die Abschaffung von Eigentum auf Grund und Boden einsetzen, denn diese sind Allgemeingut. Für uns vorstellbar sind Nutzungsüberlassungen in Form von Erbpacht und genossenschaftliche Modelle
  •  Förderung von kleinen und mittleren Betrieben durch die Bodenverwertungs- und Verwaltungs-
  • GmbH (BVVG) und anderer staatlicher Flächenverwaltungsgesellschaften, insbesondere von Nebenerwerb und Neugründungen
  •  Konsequente Anwendung der rechtlichen Mittel gegen das Entstehen und Anwachsen der Agrarkonglomerate

Auf Landesebene (Bayern) fordern wir:

  • Jährlich Erstellung und Veröffentlichung eines repräsentativen Pachtpreisspiegel
  • Grundsätzliche Untersagung von Agrarlandverkauf an Nichtlandwirte sowie Gesellschaften, die von nicht-landwirtschaftlichem Kapital dominiert werden
  •  Ermächtigung der Bayrischen Siedlungsgesellschaften „auf Vorrat“  im Zweifel mit Vorkaufsrecht kaufen zu können
  •  Vorkaufsrecht für bäuerliche Existenzgründungen, auch wenn sie nur bis 120% des Verkehrswertes mitbieten können

Arbeitsbedingungen

In der EU arbeiten mehr als 22 Mio. Menschen in der Landwirtschaft. Es ändert sich die Art der

Arbeitsplätze von Selbstständigkeit und Familienarbeit hin zu abhängiger Lohnarbeit. Immer mehr Arbeitsplätze in der Landwirtschaft gehen verloren. Die Zahl der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft schrumpfte von 1,3 Millionen 1950 über eine halbe Million 1980 auf nur noch 152 000 im Jahr 2012. Seit 1950 wurden in Bayern also über 1,2 Mio. Arbeitsplätze in der Landwirtschaft abgebaut.

Ursache für viele Probleme ist der Kostendruck, der durch Billigproduktion für den Weltmarkt entsteht. Davon profitieren aber ausschließlich die industriellen Agrar-, Verarbeitungs-, und Handelskonzerne, während die Umweltschäden von uns allen jetzt und in der Zukunft bezahlt werden. Insbesondere auch in der Forstwirtschaft ist eine Abkehr von einem ökologisch sinnvollen Waldkonzept hin zur reinen Nutzwaldlogik weit vorangeschritten. Erwartungsgemäß sind es auch hier nicht die (Forst)-Arbeiter*innen, welche von dieser vermeintlich höheren Wirtschaftlichkeit profitieren.

Die Zahlungen pro Hektar statt pro Arbeitskraft fördern die Vergrößerung der Agrarunternehmen und treiben die Bodenpreise in die Ho he, statt Arbeitsplätze zu schaffen. Denn je größer der Landbesitz, desto weniger Arbeitskräfte sind im Allgemeinen pro Hektar beschäftigt.

Mindestlohn in der Landwirtschaft

Der gesetzliche Mindestlohn gilt mittlerweile auch in der Landwirtschaft. Jedoch wird dieser durch Sonderregelungen für Saisonarbeiter*innen oft umgangen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass von den familienfremden Arbeitskräften fast 60% Saisonarbeitskräften sind.

Saisonarbeit

Eine besondere Problem für Saisonarbeitnehmer*innen sind die Vermittlungsagenturen, welche häufig horrende Summen für die Vermittlung, sowie für die Unterkunft verlangen. Durch die Nichtaushändigung können sie häufig nicht nachvollziehen, wie viel Geld sie wirklich verdienen.

Oft erfahren sie erst nach der Rückkehr, dass sie teilweise nur 2€ Stundenlohn bekommen haben. Diese Form der Ausbeutung muss dringend unterbunden werden. Es braucht gerechte Arbeitsbedingungen für alle, unabhängig ihrer Nationalität.

Gender

Mit 35,1% sind in der Landwirtschaft weniger Frauen tätig als in der Gesamtwirtschaft, wo sie 45,9% der Erwerbsbevölkerung ausmachen. Die meisten Frauen haben entweder eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein Studium absolviert. Sie haben im Bereich Bildung also die gleichen Chancen wie ihre männlichen Kollegen. Mit 10% an Frauen in Führungspositionen im Agrarbereich liegt Deutschland aber weit hinter dem EU- Durchschnitt von 28%.

Frauen in der Landwirtschaft sind oft durch mehr Arbeit belastet, da sie sich zusätzlich zu der

Arbeit auf dem Hof noch um den Haushalt und die Kinder kümmern. Sie arbeiten als sogenannte Familienarbeitskräfte. Wenn sie nicht angestellt sind, dann können sie auch nicht in die Rentenkasse einzahlen und haben Probleme mit der Sozialversicherung.

Rund 40% der Frauen in der Landwirtschaft haben keinen Arbeitsvertrag. Außerdem gehört in den meisten Fällen der Boden nicht den Frauen, sondern den Männern.

Auch bei der Suche nach einem Ausbildungsbetrieb haben Frauen immer noch mit Vorurteilen zu kämpfen und werden teilweise abgewiesen, weil ihnen die harte körperliche Arbeit und der Umgang mit den landwirtschaftlichen Maschinen nicht zugetraut wird.

Arbeitsschutz

Der Schutz der Arbeiter*innen muss immer an höchster Stelle stehen. Das gilt grundsätzlich bei allen Arbeiten, egal ob Landwirtschaft oder auch Forstarbeit. Der Bodenschutz darf nicht auf Kosten der Arbeiter*innen gehen. Für manuelle Arbeiten braucht es einen hohen technischen Standard, ggf. mit Assistenzsystemen. Ist dies gewährleistet, geht der Schutz von Mensch und Natur Hand in Hand

Wir fordern:

  •  Es muss sichergestellt sein, dass Arbeit in Familienbetrieben ausgeglichen ist. Hierzu erscheint eine gesonderte Beratungsstelle für Frauen in der Landwirtschaft sinnvoll
  •  Lohndumping muss entschlossen entgegengetreten werden. Dazu braucht es u.a. mehr Stellen bei den Kontrollbehörden, dem Verbot der Praxis der Vermittlungsagenturen und die Unterkunftsabzüge müssen abgeschafft werden
  •  Wer am Hof Arbeit verrichtet muss auch angemeldet sein und das sozialversicherungspflichtig. Familienarbeit darf nicht kostenlos sein. Insbesondere im Alter profitieren Frauen dann von einer höheren, angemesseneren Renten
  •  Hohe technische Standards müssen gewährleistet werden. Auch hier sind u.a. mehr Stellen bei Kontrollbehörden nötig

Internationaler Handel mit Lebensmittel und anderen Agrarprodukten

Landwirtschaftliche Erzeugnisse sind regelmäßig Gegenstand von (Frei-)Handelsabkommen (z.B. Mercosur) und gerade hier zeigen sich die Spannungsfelder zwischen wirtschaftlichen Interessen einerseits und der Einhaltung und Ausweitung sozialer und ökologischer Standards andererseits. Durch das Zusammenschalten von Märkten in einem Sektor, der zwangsläufig direkt auf Grund und Boden und den natürlichen Ressourcen aufbaut, wurden strukturelle Probleme bisher eher verstärkt als beseitigt. Viele sich entwickelnde Länder hängen stark von ihrer landwirtschaftlichen Produktion ab und partizipieren dennoch nur von einem kleinen Teil der landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten. Bäuerliche Arbeit, die Grundlage jeglicher landwirtschaftlichen Produktion ist, ist immobil und gerät im Kontext immer stärkerer Akkumulation von Ressourcen und Produktionskapazitäten zunehmend unter enormen wirtschaftlichen Druck mit direkten Konsequenzen auf die Einhaltung sozialer und ökologischer Standards.

Die grundlegende Prämisse, dass landwirtschaftliche Produktion jeglicher Art in gesundem Verhältnis zu der dafür vor Ort eingesetzten Fläche stehen sollte, muss daher unbedingt auch für Handelsabkommen im Landwirtschaftsbereich gelten. Eine strenge Einhaltung dieses Grundsatzes führt nicht nur zu einer Dezentralisierung der Wertschöpfung und damit zu einer gerechteren Verteilung, sondern ist die Grundvoraussetzung dafür, dass die Produktion unter hohen sozialen Standards und im Einklang mit den begrenzten natürlichen Ressourcen erfolgen kann.

Um diesen Zustand zu erreichen, muss ein Konditionalitätsprinzip Einzug in jegliche Verhandlungen und Abkommen über internationalen Handel landwirtschaftlicher Erzeugnisse finden: Handelserleichterungen sind erst zu verantworten, wenn soziale, ökologische und Tierwohlstandards eingehalten werden. Dazu gehören im Einzelnen die Einhaltung der ILO- Kernarbeitsnormen, die Einführung und Einhaltung eines lokalen Mindestlohnes und die Gewährleistung hoher ökologischer Standards. Zugleich muss klar sein, dass in der EU nicht zugelassene Stoffe (etwa Pestizide, Düngemittel usw.) auch nicht zur Produktion für zum Export in die EU bestimmte Produkte andernorts eingesetzt werden dürfen. Natürlich kann das Konditionalitätsprinzip dazu führen, dass die gehandelten Mengen deutlich zurückgehen, das ist in diesem Zusammenhang jedoch sogar gewünscht. Es dient nämlich einer suffizienteren Landwirtschaft vor Ort und wird dazu führen, dass abgewanderte Wertschöpfung zurückkehren und mehreren Menschen zugutekommen kann. Soweit keine unmittelbaren existenziellen Nebeneffekte für ausländische Produzent*innen resultieren, ist im Ansatz protektionistische Handelspolitik vertretbar. Handel muss fair sein und wo das nicht gewährleistet ist, ist es gerechtfertigt, den Handel zwischenzeitlich einzuschränken.

Konkret fordern wir im Bezug auf die europäische Handelspolitik im Landwirtschaftsbereich:

  •  Fairhandel statt Freihandel (jegliche Maßnahmen und Abkommen müssen zu einer gerechteren Verteilung der Wertschöpfung führen sowie zu einer Verbesserung der sozialen, ökologischen und Tierwohlstandards)
  •  Prämisse jeder Handelsvereinbarung muss sein, dass landwirtschaftliche Produktion nach und nach wieder in ein gesundes Verhältnis zu der vor Ort verfügbaren Fläche gebracht wird. Nur so kann ein nachhaltiger Wasser- und Nährstoffkreislauf wiederhergestellt werden
  •  Handelserleichterungen sind erst zu rechtfertigen, wenn soziale, ökologische und Tierwohlstandards eingehalten werden (Konditionalitätsprinzip)
  •  Die Einhaltung dieser Standards sollte durch internationale öffentliche und/oder nicht gewinnorientierte (d.h. gemeinnützige) Zertifizierung erfolgen. Diese Zertifizierung ist partnerschaftlich mit den Handelspartnern zu ermöglichen
  •  Aus der EU exportierte Produkte dürfen den Absatz lokal produzierter Güter nicht gefährden und ausländische Märkte überschwemmen
  •  CO2 -Bepreisung von Holz: stoffliche gegenüber der energetischen Nutzung fördern; zum Beispiel durch ein fünfjähriges Kontrollsystem zur Verwertung des Holzes

Wir fordern die Einhaltung dieser Mindeststandards:

Soziale Standards:

  • Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen und Einhaltung des lokalen Mindestlohns vor Ort
  • Zuallererst muss die Nachfrage vor Ort gedeckt werden, keine Importe aus Ländern, wo Hunger herrscht (Nahrungsmittelproduktion vor Tierfutterproduktion und Energiepflanzen)

Ökologische Standards:

  •  Kopplung Produktionsmengen an regional verfügbare Flächen (insbesondere bei der Milch und Fleischproduktion)
  •  Abkehr von Monokulturen
  •  In der EU nicht zugelassene Stoffe dürfen auch nicht für importierte Produkte eingesetzt werden
  •  Ressourcen vor Ort (Nährstoffe und Wasser) dürfen nur insoweit genutzt werden, wie sie sich natürlich nachbilden können (Kreislaufwirtschaft)
  •  Keine Importe aus Ländern, wo zur Produktion der Güter Wald vernichtet wird

Tierwohlstandards:

  • Ausschluss von pauschalen Antibiotika
  • Strengere Flächenvorgaben für die Tierhaltung
  • Verweis: Grundsatzpapier zu progressivem Tierschutz

M2 Die Förderung für Migrant*innenorganisationen Neue Deutsche Organisationen überdenken und verbessern!

4.04.2023
  1. Strukturen und Bedürfnisse in den Förderrichtlinien wiedergespiegelt werden
  2. Eine Erweiterung der strukturelle Förderung von MOs und NDOs auf Bundesebene und das Versehen mit einem eigenen Titel beim Haushalt
  3. Eine direkte Partizipation von MOs und NDOs an der Regelförderung. Nicht nur im Integrationsbereich, sondern auch als Träger der Regelangebote der sozialen Arbeit, wo ein hohes Potenzial gegeben ist
  4. Eine Finanzierung von Kompetenzzentren für MOs und NDOs. In diesen Stellen bekommen die Organisationen Hilfe bei der Beantragung von Fördergeldern und der Abwicklung von Projekten.

Der Bund soll sich an den Kosten für die Einrichtung solcher Servicestellen beteiligen. Als

Beispiel kann hier das vom BAMF geförderte House of Ressources herangzogen werden

  1. Eine Nennung von MOs und NDOs als ausdrückliche Zielgruppe der Förderung. In rund 294

Förderprogrammen des Bundes und der Länder für Vereine und Verbände im Bereich der

Integration, die auf der Bundesförderdatenbank zu finden sind, werden MO nur in 13 Förderprogrammen explizit als Antragsberechtigte benannt

  1. Eine Ausweitung des vom BAMF ausgehenden Programms „Strukturförderung von

Migrantenorganisationen auf Bundesebene“, bei dem bisher nur eine kleine Anzahl an

Organisationen beim Aufbau von Strukturen gefördert wird und das mit einer Befristung auf zwei Jahre zu kurz greift

Jede vierte Person hatte 2018 einen Migrationshintergrund in Deutschland – das sind 20,8

Millionen Menschen. Genauso wie die Bevölkerung Deutschlands ist auch die Geschichte des Landes von Migration geprägt. Migration ist daher kein Ausnahmefall, sondern Lebensrealität von vielen Menschen. Migrant*innenorganisationen (MO) und Neue Deutsche Organisationen (NDO) sind so vielfältig wie die Gesellschaft Deutschlands und tragen mit ihrem Engagement zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. Sie sind ein Ausdruck einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft und fester Bestandteil der politischen Landschaft.

MOs und NDOs bieten auf lokaler Ebene soziale Dienstleistungen an, führen Maßnahmen der Jugendsozialarbeit und Jugendhilfe durch, sind aktiv in der Gesundheitsförderung und Integration in den Arbeitsmarkt. Sie bieten Personen mit Einwanderungsgeschichte die Möglichkeit, ihre Anliegen zeitnah und kulturell sensibel zu lösen. Das wurde und wird eindrucksvoll in der Unterstützung der Menschen, die bei uns Zuflucht gesucht haben, gezeigt.

Viele Organisationen tragen ihre Aktivitäten auf rein ehrenamtlicher Basis – es gibt kaum Organisationen mit hauptamtlicher Struktur und wenn dann meistens nur auf Projektbasis finanziert und damit finanziell nicht längerfristig gesichert. MOs und NDOs wurden sehr lange aus der Förderung faktisch ausgeschlossen, werden auf der anderen Seite aber von einigen

Kommunen und auf Bundesebene mit allen möglichen Anfragen und Terminen überschüttet, ohne dass dabei tatsächlicher Zugang zu Ressourcen stattfindet. Viele Akteur*innen nehmen sie nur als Zugangstor zu bestimmten Zielgruppen wahr.

Damit MOs und NDOs ihre Arbeit fortsetzen können, müssen Verantwortliche auf Bundes- und Landeseben Schritte unternehmen, um Förderstrukturen stärker für MOs und NDOs zu öffnen und ihre längerfristige Finanzierung garantieren.

I7 Glücksspielsimulierende Handyspiele für Kinder und Jugendliche beschränken

4.04.2023

Der Trend, dass Anbieter*innen von Spielen für Mobilgeräte diese mit sogenannten

Mikrotransaktionen monetarisieren, ist nicht neu. Äußerst perfide ist jedoch die Vorgehensweise, dass Spielfortschritt nur durch Spielgeld gelingt, welches wiederum durch eine

Glücksspielkomponente generiert wird. Für dieses Glücksspiel steht eine stark begrenze Anzahl an Spielzügen jeden Tag oder alle paar Stunden kostenlos zur Verfügung. Möchten die Spieler*innen weiterspielen, so ist Echtgeld in Spielzüge zu investieren. Diese Kleinbeträge werden auch

Mikrotransaktionen genannt. Das Wort Glücksspielkomponente ist dabei nicht nur eine Beschreibung des zugrunde liegenden Mechanismus, in manchen dieser Spiele ist tatsächlich an einem digitalen einarmigen Banditen zu ziehen!

Die Problematik äußert sich unter anderem in folgenden Punkten:

  1. Die langen Wartezeiten, um neue Spielzüge zu erhalten, verleiten Spieler*innen dazu, Spielzüge mit Echtgeld zu erwerben. Hierfür sind Kinder und Jugendliche besonders anfällig.
  2. Durch die Umwandlung von Echtgeld in virtuelles Spielgeld geht das Gefühl für Geld verloren. So können durch einstellige Eurobeträge bereits drei- oder vierstellige Spielgeldbeträge erworben werden. Es wird das Gefühl vermittelt, ein Schnäppchen zu machen, um immer wieder zu neuen Mikrotransaktionen zu verleiten.
  3. Die Spiele verharmlosen die erhebliche Suchtgefahr von Glücksspielen. Die absurd hohen Gewinnchancen, beispielsweise dass der schlechteste Fall der entstehen kann, lediglich ein kleiner Gewinn ist, suggerieren, dass Glückspiel keine reelle Gefahr birgt. Eine neue Generation von Glücksspielsüchtigen soll herangezogen werden.

Wir fordern deshalb, dass Spiele mit Warnhinweisen zu versehen sind, sowie durch die

Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien zu prüfen und gegebenenfalls mit

Altersbeschränkungen zu versehen sind, wenn sie eines oder mehrere der folgenden Kriterien erfüllen, sowie Mikrotransaktionen beinhalten:

Das Spiel beinhaltet eine glücksspielsimulierende Komponente

  1. Das Spiel beinhaltet eine glücksspielsimulierende Komponente
  2. Das Spiel ähnelt in der Optik und/oder Spielweise einem Glücksspiel

Mit Geld zu bezahlende Komponenten des Spieles unterliegen einer unbekannten Zufallswahrscheinlichkeit.

I6 Strafvollzug konsequent resozialisierend reformieren

4.04.2023

Strafvollzug resozialisierender gestalten

Eine konsequente Reform des Strafvollzuges und dessen Neuausrichtung muss die Zwangsarbeit in Gefängnissen abschaffen. Häufig wird diese damit gerechtfertigt, dass die Arbeit eine wichtige Aufgabe zur Resozialisierung beitrage. Nicht nur scheint erzwungene Gefängnisarbeit – wie sie in fast allen Bundesländern immer noch erlaubt ist – anderen Maßnahmen zur Resozialisierung klar nachstehen, die Durchführung dieser ist meist auch nicht auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern lediglich aufgrund von fehlenden Alternativen begründet. Art. 12 Abs. 3 GG erlaubt explizit die “Zwangsarbeit ist […] bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung“. Wir wollen das Grundgesetz dahingehend ändern, dass Zwangsarbeit in Gefängnissen von den Ländern nicht mehr erlaubt werden darf.

Auch wenn das Bundesverfassungsgericht in seinen Urteilen zur Zwangsarbeit nach Art.12 Abs. 3 GG im Strafvollzug klargestellt hat, dass Pflichtarbeit im Strafvollzug nur dann möglich ist, wenn sie einen resozialisierenden Charakter hat und die geleistete Arbeit angemessen anerkannt wird, lehnen wir die grundsätzliche Möglichkeit der Zwangsarbeit als solche ab.

Ziel des Strafvollzugs muss eine nachhaltige Resozialisierung der Gefangenen sein. Dafür braucht es passgenaue Maßnahmen für jede*n Gefangene*n. Neben einer umfassenden Betreuung (z. B. Sucht– oder Schuldenberatung) ist auch die freiwillige Gefängnisarbeit eine der resozialisierenden Maßnahmen, die im Strafvollzug zur Verfügung stehen sollten. Dafür ist es jedoch notwendig, dass sich die Bedingungen für die Gefängnisarbeit verbessern.

Wie in Brandenburg und Rheinland–Pfalz fordern wir ein Recht auf Arbeit im Strafvollzug, da wir die resozialisierenden Vorteile der Arbeit anerkennen. Hierzu gehört nicht nur, dass die Arbeit den Gefangenen einen strukturierten Tag gewährleistet. Arbeit im Strafvollzug ermöglicht es zudem sich fortzubilden, ausgebildet zu werden, Geld zu erwirtschaften, die deutsche Sprache zu erlernen und soziale Kompetenzen in der Zusammenarbeit mit anderen Häftlingen zu erlernen. Gerade deshalb werden die Vorgesetzten der Häftlinge in die Entscheidung um Hafterleichterungen und Bewährung mit eingebunden.

Mindestlohn für Gefängnisarbeit

Für Arbeit im Gefängnis gilt das Mindestlohngesetz nicht, da es „allgemein anerkannt [ist], dass die Arbeit im Strafvollzug öffentlich–rechtlicher Natur ist, die Gefangenen nicht Arbeitnehmer sind und zwischen den Gefangenen und der Anstalt kein Arbeitsvertrag geschlossen wird“ (OLG Hamburg, Beschluss vom 18.09.2015 –3 Ws 1979/15 Vollz). Dies ist jedoch nicht mit unserem Verständnis davon ,dass Arbeit angemessen entlohnt werden muss vereinbar. Wir fordern daher auch einen Mindestlohn für Gefangene und darüber hinaus die gesetzliche Ausgestaltung eines eigenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses zwischen Gefängnissen und ihre Insassen.

Eine Gefängnisstrafe besteht im Freiheitsentzug und nicht in der Herabwürdigung von Leistungen. Der durchschnittliche Monatslohn, den Gefangene für ihre freie Verfügung im Gefängnis erarbeiten, beträgt momentan ca. 180,00 €. Der Rest des Arbeitslohns wird auf ein sogenanntes “Ü–Konto” überwiesen und bei der Entlassung ausgezahlt. Von dem frei zur Verfügung stehenden Geld kann das Leben im Gefängnis gerade so bestritten werden. Häufig sind hier die Lebenshaltungskosten für Essen, Telefonieren und Genussmittel wesentlich höher als draußen. Es kann somit kein wirkliches finanzielles Polster für die Zeit nach der Haft angespart werden.

Mit der Einführung des Mindestlohns könnte daher zum einen eine finanzielle Grundlage für das Leben nach der Haft und zum anderen mehr Flexibilität im Leben vor Ort geschaffen werden, um sich mehr als einmal im Monat einen Anruf nach Hause leisten zu können. Darüber hinaus wird den Arbeitenden das Gefühl vermittelt, dass ihre Arbeit etwas Wert ist. Auch kann in diesem Zuge über eine Unterbringungspauschale nachgedacht werden, die von den Gefangenen monatlich gezahlt wird. Eine solche wird bis jetzt nur dann verlangt, wenn man nicht arbeitet.

Auch die gesetzliche Einführung eines eigenen Arbeitsverhältnisses würde zur Resozialisierung beitragen. Oft sehen sich Menschen, die lange inhaftiert waren oder mehrere kürzere Gefängnisstrafen in ihrem Leben verbüßen mussten einer drohenden Altersarmut ausgesetzt. Dadurch, dass sie in dieser Zeit nicht in die Rentenkassen einzahlen können, bleibt ihnen meist kein bis kein hoher Rentenanspruch. Dies begünstigt einen Rückfall in die Kriminalität. Durch die Schaffung eines eigenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses würde diesem Szenario vorgebeugt werden und dem Menschen ein würdevolles Leben außerhalb des Gefängnisses – auch im Alter – weiter ermöglicht. Um wieder ein vollwertiger Teil der Gesellschaft zu sein, ist dies für uns zwingende Voraussetzung.

Gefängnisgewerkschaften

Gefängnisgewerkschaften können nach unserer Auffassung einen wichtigen Teil zur Resozialisierung beitragen. Die Schaffung bzw. das Zulassen von demokratischen Strukturen, die in einem gesetzlichen Rahmen eine Möglichkeit zur Petition an öffentliche Stellen haben, schafft bei den Häftlingen Vertrauen in die demokratische Gesellschaft. Die Zerschlagung gewerkschaftlicher Aktivitäten durch bspw. Verlegung von Funktionär*innen sollte daher verboten werden bzw. gewählte Vertreter*innen einer Gewerkschaft in einer JVA eine ähnliche Schutzwirkung eingeräumt werden wie bspw. Betriebsrät*innen in einem Unternehmen.

Wir erkennen die bestehende Möglichkeit der Wahl eines*einer Gefangenensprechers*in an, der*die im Rahmen der Gefangenenmitverantwortung anliegen an den Anstaltsleiter weitergeben kann an. Auch wenn der Gestaltungsrahmen der Gefangenenmitverantwortung gesetzlich nicht definiert ist und daher der Interpretation jeder einzelnen Anstalt unterliegt, kann dies ist ein sinnvolles Instrument sein, wenn es um das soziale Miteinander im Gefängnis geht. Bei einer echten resozialisierenden Arbeitsstruktur sehen wir aber klar die Notwendigkeit von Gefangenengewerkschaften, die sich ausschließlich auf die Arbeitsbedingungen konzentrieren können.

Umfassendere Begleitung und Betreuung in Haft

Wir fordern verstärkte finanzielle und psychologische Betreuung von Strafgefangenen während der Haft. Hierzu zählt Suchtberatung, Suchttherapie, Zugang zu Psycholog*innen und eine Schuldenberatung. Diese müssen als feste Vollzeiteinrichtungen in den Gefängnissen vorhanden sein. Viele Straftäter*innen sind verschuldet. Dies hat zum Beispiel damit zu tun, dass vor der Inhaftierung Kosten anfallen, die sie in Haft nicht mehr bedienen können oder durch Unterhaltsansprüche, die nach der Haft fällig werden. Daher bedarf es einer finanziellen Beratung und Begleitung durch etwaige Privatinsolvenzen, damit nach der Haft ein unverschuldeter Start möglich ist.

Auch Menschen mit Suchtproblematiken müssen in Haft engmaschiger betreut werden. Der Mythos eines “guttuhenden, kalten Entzugs” ist weder gesundheitlich förderlich, noch entspricht er der Realität in der JVA. Menschen mit Suchtproblematiken müssen automatisch in ein entsprechendes Programm vor Ort aufgenommen werden und betreuten Zugang zu Substituten bekommen, um angeleitet die Sucht zu heilen. Gleiches gilt für Menschen mit psychischen Einschränkungen, bei denen die Betreuung ebenfalls eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Bei einer Teilnahme an einem längeren Programm muss zudem die Lohnfortzahlung gewährleistet sein.

Auch die Möglichkeit am familiären Leben teilzunehmen muss gewährleistet sein. Für uns besteht ein Recht darauf, seine Kinder oder Partner*innen regelmäßig zu sehen. Hierfür muss eine Zusammenarbeit zwischen Jugendamt, Schule und JVA bestehen. Besteht die Möglichkeit nicht – wie es jetzt häufig der Fall ist – belastet dies nicht nur Kinder und Partner*innen psychisch, sondern hat auch negative Auswirkungen auf die Psyche des*der Inhaftierten. Um an ein Familienleben nach der Haft anknüpfen zu können, muss ein solches auch in Haft zumindest eingeschränkt möglich sein.

Bessere Vorbereitung für das Leben nach der Haft

Wir fordern eine Institutionalisierung des Austausches zwischen den Gefängnissen und der Agentur für Arbeit. Aktuell besteht ein solcher nicht. Dies hat zur Folge, dass Freigelassene oftmals noch nicht im Sozialsystem gemeldet sind und erst Wochen später in der Lage sind, ALG II zu beantragen und zu beziehen. Ziel muss es sein, dass die finanzielle Versorgung der Freigelassenen vom ersten Tag an gewährleistet ist. Hierzu gehört auch, dass die Arbeitsplatzvermittlung bereits zeitnah vor der Entlassung eingeleitet werden muss. Ist die finanzielle Versorgung nicht gewährleistet, fördert dies einen Rückfall in die Kriminalität und Begünstigt Obdachlosigkeit. Bereits vor der Freilassung sollte zudem ebenfalls verpflichtend zusammen mit dem*der Bewährungshelfer*in nach einer geeigneten Unterbringung gesucht werden. Zudem sollte die Kommune, in der die Inhaftierung erfolgt ist, für die Erstunterbringung zuständig sein.

Strafvollzug neu denken

Da die viel zu hohen Rückfallquoten sehr anschaulich zeigen, dass der Strafvollzug in Deutschland seine abschreckende und resozialisierende Wirkung verfehlt, wollen wir die Gefängnisstrafe in Zukunft als solche kritischer in den Blick nehmen und andere Möglichkeiten des Strafvollzugs in Erwägung ziehen, die ein wirkliches Resozialisieren möglich machen können.

I5 Änderung des Bestattungsgesetzes BayRS 2127-1-G - Abschnitt 1 Leichenwesen und Bestattung Art.1 Bestattung

4.04.2023

Die wenigsten Menschen wollen sich mit dem Tod sowie dem, was danach passiert, auseinandersetzen. Allerdings ist es dennoch wichtig diesen Bereich einmal näher zu beleuchten.

In Bayern ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass ein Mensch nach dessen ableben entweder verbrannt, in einer Urne oder in einem Sarg beerdigt wird. Die Alternative, wie beispielsweise in der Schweiz die Urne mit nachhause zu nehmen, gibt es hier nicht.

Dies ist aus zweierlei Gründen fraglich. Zum einen aus sozialer Sicht: Wenn ein geliebter Mensch stirbt, dann ist es oft ein großer Einschnitt im Leben der Verbliebenen. Ihnen zu verwehren auf ihre eigene Weise zu trauern ist dissozial, da viele Menschen nicht die Möglichkeit haben regelmäßig zum Friedhof zu gehen, um dort zu trauern, sei es aufgrund von fehlender Mobilität, eingeschränkten terminlichen Möglichkeiten oder fehlenden finanziellen Möglichkeiten.

Zum anderen ist es ein zutiefst unfaires System für Menschen mit wenig Vermögen. Eine

Bestattung ist eine sehr teure Angelegenheit, selbst die günstigste und zugleich schwierigste Variante für die Angehörigen kostet etwas mehr als 2000€. Hier haben Angehörige allerdings keinerlei Möglichkeit bei der:dem Verstorbenen zu sein und zu trauern, da die Bestattung absolut anonym erfolgt. Die günstigste Variante der Bestattung, bei denen das Grab nicht anonym ist, kostet ca. 5800€. Dies ist eine Summe die Familien und auch alleinstehende Hinterbliebene mit wenig Vermögen nur schwierig aufbringen können.

Die Option die Urne mit nach Hause zu nehmen ist also eine Möglichkeit auch ärmeren oder immobilen Menschen eine Trauer nach ihrem Willen zu ermöglichen.

Daher fordern wir Jusos, dass das Bestattungsgesetz „BayRS 2127-1-G – Abschnitt 1 Leichenwesen und Bestattung, Art. 1 Bestattung“ dahingehend angepasst wird, dass es wie in der Schweiz möglich ist, die Urne einer:eines Verstorbenen auch Zuhause aufzubewahren.