I7 Drogenpolitik neu denken

Status:
Nicht abgestimmt

Adressat*innen: Juso-Landeskonferenz, SPD-Landesparteitag

In den letzten 10 Jahren starben jährlich zwischen Tausend und Zweitausend Menschen an den direkten Folgen ihres Drogenkonsums und die Tendenz steigt gerade unter jungen Menschen stark. Diesen Trend können wir mit den bisherigen Maßnahmen, die Repressionen und Bestrafung vorsehen, nicht stoppen. Gerade Bayerns Justizapparat fährt einen “law and order”-Kurs gegen Drogenabhängige. Dabei werden weder Erfolge im Kampf gegen die Abhängigkeit erzielt, noch Werte wie Humanität oder Solidarität gewahrt. Bayern steht im bundesdeutschen Vergleich extrem schlecht da. Wir wollen eine Neuausrichtung der Drogenpolitik erreichen, in Oberbayern, Bayern und dem Bund.

Prävention und Aufklärung durch den Bezirk ausbauen
Die jahrelange Taktik durch Drohszenarien und Druck Prävention zu betreiben, ist spätestens nach den neuesten Statistiken zu jungen Konsument*innen gescheitert und muss somit umgedacht werden.

Wir fordern den Fokus der Drogenprävention auf die Schulsozialarbeit zu legen, die Aufgabenübertragung auf die kommunale Sozialarbeit lehnen wir ab. Die Schulen sind feste Bestandteile im Alltag der Jugendlichen und somit ist die Möglichkeit verbindliche Präventionsangebote hier zu verankern einleuchtender und effektiver, als z. B. in Jugendzentren, wo sich die Jugendlichen freiwillig aufhalten.

So muss auch eine sinnvolle pädagogische Lösung gefunden werden, wenn die zu Betreuenden schon eine (eher harmlose) Abhängigkeit wie Tabak, Alkohol oder Cannabis entwickelt haben. Die Prävention darf hierbei nicht aus Verteufelung bestehen, sondern soll sich auf den vernünftigen Konsum ausrichten.

Zudem können Kooperationen mit Suchtberatungsstellen gebildet werden und gemeinsame Projekte z. B. auch an Schulen durchgeführt werden. Hierbei könnten frühere Abhängige über ihre Erfahrungen berichten und durch ein ehrliches Gespräch auf Augenhöhe einen wichtigen Präventionsbeitrag leisten. Die Kooperationen mit Suchtberatungsstellen sollten durch den Bezirk Oberbayern finanziell gefördert werden.

Die Hilfsangebote müssen niedrigschwellig sein und nach Wunsch auch anonym erfolgen, um so die Angst vor zukünftiger Benachteiligung, Stigmatisierung oder gar Belangung abzubauen.

Zudem wollen wir aufsuchende Beratung und Streetwork in Stadt und Land ausbauen, die ebenso niedrigschwellig erreichbar und beratend tätig sein und Obdachlosigkeit entgegenwirken soll.

Die Hilfsangebote müssen niedrigschwellig sein und nach Wunsch auch anonym erfolgen, um so die Angst vor zukünftiger Benachteiligung, Stigmatisierung oder gar Belangung abzubauen.

Drogenpolitik komplett neu denken
Zur konsequenten Umsetzung muss deshalb der Konsum und der Besitz geringer Mengen jeglicher Drogen durch eine Novelle des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), ähnlich dem portugiesischen Modell, entkriminalisiert werden. Statt eines Straftatbestands (nach StGB) wollen wir die Überführung in eine Ordnungswidrigkeit (nach OwiG) erreichen. Der Drogenhandel und Besitz großer Mengen soll weiter strafrechtlich verfolgt und strikt unterbunden werden.

Die Beratungsstellen sollen mit Unterstützung der Kliniken des Bezirks (kbo) aufgebaut werden, die bereits jetzt Suchtkranke behandeln. Es soll eine Struktur aus- und aufgebaut werden, die an die lokalen Gegebenheiten angepasst ist.

Aufgegriffenen Personen sollen ihre Drogen abgenommen werden. Anstatt sie damit aber nur zu weiterem Kauf und damit die meist bereits wirtschaftlich angeschlagene Personen in weitere finanzielle Notlagen zu treiben, sollen Angebote zur Substitution in den Beratungsstellen aufgebaut werden und in Extremfällen auch die ärztlich überwachte Abgabe von reinem Heroin geprüft werden. Ebenso sollen Möglichkeiten zum besseren Konsum bereitgestellt und z. B. sterile Spritzen kostenlos verteilt werden. Die beste Lösung wäre die Einrichtung von Drogenkonsumräumen, was der Freistaat Bayern aktuell allerdings verhindert (siehe unten).

Schon vor der Änderung der bundespolitischen Ausrichtung der Drogenpolitik muss der Freistaat Bayern vorangehen und verantwortungsvollere Drogenpolitik umsetzen. Aktuell treibt Bayern Suchtkranke von besser abzuschätzenden Drogen wie Kokain und Heroin zu z. B. Fentanyl, das kaum zu dosieren und nicht zu kontrollieren ist. Die repressive Haltung treibt die Konsument*innen darüber hinaus zum Konsumieren ins Private oder an verborgenste Orte, wo bei verabreichter Überdosis keine Hilfe geleistet werden kann.

Dazu gehört als erster Schritt, die harte und meist rassistisch-klassistisch motivierte Verfolgung durch die bayerische Polizei zu beenden, keine Haftstrafen oder Bußgelder für geringe Eigenkonsum-Mengen zu verhängen und Süchtigen bessere Unterstützung beim Entzug zu gewähren. Wir fordern daher: Haftstrafen und Bußgelder müssen fallen gelassen werden, wenn die Konsument*innen stattdessen zustimmen, ein Beratungsangebot wahrzunehmen. Das Beratungsangebot soll schnellstmöglich mit Unterstützung der kbo-Kliniken aufgebaut werden und Langzeitbetreuung und Substitutionsmöglichkeiten aus- und aufgebaut werden. Die konsequente Weiterführung dieser Forderungen ist die Einrichtung von Drogenkonsumräumen.

Schon vorher sollen Streetworker*innen Süchtige mit beispielweise sauberen Spritzen versorgen und Ratschläge zu möglichst sicherem Konsum anbieten.

Des Weiteren muss die Praxis des kalten Entzugs in bayrischen Gefängnissen sofort beendet und durch eine humane, medizinisch-professionelle Praxis ersetzt werden.

Drogenkonsumräume auch in Bayern
Die Einrichtung von Konsumräumen, wie es sie in einigen Bundesländern bereits gibt, ist eine logische Konsequenz aus diesen Überlegungen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass auf Landesebene diese Räume, in denen der Konsum von Suchtmitteln unter ärztlicher Aufsicht begleitet und ermöglicht wird, durch eine Verordnung möglich gemacht werden.

Konsumräume können nachweislich dazu beitragen, die Zahl der Tode durch Überdosis zu reduzieren, da fachkundiges Personal den Konsum überwacht und Beratung anbieten kann. Darüber hinaus können diese ebenso dazu beitragen, die Reinheit der konsumierten Drogen zu verbessern, indem eine Analyse des mitgebrachten Stoffs vollzogen wird. Ebenso wird ein Beitrag zur Verhinderung von Krankheitsübertragungen durch hygienischere Umstände geleistet.

Konsumräume sind ein niedrigschwelliges Angebot für Suchtkranke, die ihnen einen sicheren Konsum ermöglichen und sie darüber hinaus nicht nur in Kontakt mit Ärzt*innen, sondern auch mit Beratungsstellen bringen kann. Daher müssen Konsumräume nicht nur an zentralen, leicht erreichbaren Orten errichtet werden, sondern auch eine Nähe zu Beratungsstellen aufweisen.

Substitutionsbehandlungen, also die Behandlung opiatabhängiger Patienten mit Ersatzstoffen, sind in Bayern grundsätzlich möglich. Ziel dieser Therapie ist eine gesundheitliche, psychische und soziale Stabilisierung Suchtkranker. Das Angebot lässt in Bayern jedoch mehr als zu wünschen übrig, in vielen Regionen gibt es nach wie vor kein Angebot zur Substitutionstherapie.

Aus diesem Grund fordern wir einen forcierten Ausbau dieses Therapieangebots und auch einen vermehrten Einsatz dieser Methode, sofern sie medizinisch geboten erscheint. Ärzt*innen, die Substitutionstherapie anbieten, benötigen darüber hinaus die rechtliche Sicherheit und eine Unterstützung bei der notwendigen Zusammenarbeit mit Therapeut*innen, Sozialpädagog*innen und Psycholog*innen.

Nach einer landesweiten Umsetzung dieser Punkte setzen wir uns besonders dafür ein, dass die Kliniken des Bezirks (kbo) Substitutionsbehandlungen vermehrt forcieren. Darüber hinaus sollen mit Unterstützung der kbo-Kliniken Konsumräume errichtet werden und ein Monitoring betrieben werden, um sowohl die medizinische Versorgung als auch die Nähe zu Beratungsstellen zu garantieren.

Entkriminalisierung
Wir wollen bei der Entkriminalisierungdebatte zwischen Cannabis und anderen Drogen wie Kokain, Heroin oder synthetischen Drogen, die bereits nach kurzer Zeit ein hohes Sucht- und Gefährdungspotential aufweisen, schon bei einmaligem Konsum stark schädigende Wirkung entfalten, extreme Rauschzustände verursachen und schwer zu dosieren sind, unterscheiden.

Cannabis soll nicht nur entkriminalisiert werden, sondern wie die bereits jetzt legalen Drogen Alkohol und Tabak legal erworben, angebaut und konsumiert werden dürfen, also vollumfassend legalisiert werden.

Kriminelle Handelsnetzwerke können so zerschlagen werden, die Qualität kann durch staatliche Stellen geprüft werden. Verkauf kann außerdem über staatlich überwachte Stellen erfolgen, so dass der Jugendschutz gewährleistet werden kann. Social Clubs sowie den Anbau und Verkauf durch öffentliche Stellen unterstützen wir dabei.

Sollte eine Legalisierung nicht möglich sein, fordern wir eine umfassende Entkriminalisierung, sodass der Besitz kleiner Mengen und Eigenkonsum nicht mehr verfolgt werden.

Dazu muss der Begriff “geringe Menge”, der nach BtMG nicht verfolgt werden soll, klar definiert und auf 10 Gramm festgelegt werden. Zudem fordern wir, dass das bayerische Justizministerium durch eine Weisung Strafverfahren gegen Konsument*innen oder Besitzer*innen geringer Mengen Cannabis untersagt.

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Änderungsanträge
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Nicht abgestimmt Ä1 zum I7 170-177 Jusos Schwaben Streiche ab Zeile 170: "kleiner" bis Ende Füge ab Zeile 170 "Besitz" ein: "nicht mehr verfolgt wird. Zudem fordern wir, dass das bayerische Justizministerium durch eine Weisung Strafverfahren gegen Drogenkonsument*innen / Drogenbesitzer*innen untersagt.