U2 Wasserversorgung sicherstellen

Status:
Nicht abgestimmt

Adressat*innen: Juso-Landeskonferenz, SPD Landesparteitag

Wasser ist ein knappes, wertvolles und lebensnotwendiges Gut. Durch die Verschärfung und das Voranschreiten der Klimakrise stehen wir in naher Zukunft sowohl international als auch in unserer Nachbar*innenschaft Auseinandersetzungen um Wasser bevor. Deshalb ist es für uns wichtig, politische Antworten zu finden und frühzeitig die Weichen zu stellen, dass Wasser auch langfristig in guter Qualität für die jeweilig notwendigen Zwecke zur Verfügung steht.

Trinkwasser als lebensnotwendiges Gut in hoher Qualität sichern
Die Bereitstellung von Trinkwasser ist ein essenzieller Teil der staatlichen Daseinsvorsorge. Dieses oberste Gebot der öffentlichen Trinkwasserversorgung darf nicht in Frage gestellt werden. Privatisierung und Entstaatlichung stellen wir uns immer klar entgegen. Besonders im Fall von Trinkwasser, denn wir wollen eine krisenfreie Wasserversorgung zukünftiger Generationen sicherstellen.

Schutz von Wasservorkommen und lokale Wasserversorgung
Für uns ist klar, dass Trinkwasser in Bayern dort angeboten werden muss, wo es auch herkommt. Regionalität ist dazu die vorderste Prämisse. Das Wasserhaushaltsgesetz in Kombination mit der Bayerischen Gemeindeordnung setzen diese ortsnahe Trinkwasserversorgung durch die Kommunen bereits um.

Wir wollen, dass auch weiterhin Trinkwasser bevorzugt aus besonders geschütztem Grundwasser in der Region der Verbraucher*innen gewonnen und möglichst naturbelassen zu niedrigen und immer bezahlbaren Preisen geliefert wird. Dieser Vision folgend, muss auch unter den künftigen Herausforderungen Trinkwasser in ausreichender Menge und einwandfreier Beschaffenheit durch eine naturnahe Wassergewinnung bereitgestellt werden.

Zum Schutz vor Einträgen müssen mehr adäquate Wasserschutzgebiete in Bayern ausgewiesen oder an lokale Bedingungen angepasst werden. Darüber hinaus müssen Wasserschutzgebiete dauerhaft erhalten werden. Nur so kann eine ortsnahe Trinkwasserversorgung sicherstellt werden. Dazu braucht es aber nicht nur die Ausweisung von Schutzgebieten sondern auch entsprechende Kontrollsysteme mit entsprechender Personalausstattung, die wir für die Kommunen einfordern. Die  Festsetzungsverfahren von Wasserschutzgebieten muss durch neue administrative und rechtliche Strukturen deutlich beschleunigt werden. Hier ist auch der Schutz vor Nitratverseuchung zu berücksichtigen, dafür braucht es strikte Düngeverordnungen. Darüber hinaus setzen wir uns für die Senkung der zulässigen Nitratkonzentration und PFOA-Konzentration im Trinkwasser ein.

Um die Wasserentnahme zukunftssicher zu gestalten, müssen bestehende Bewilligungen zur Wasserentnahme angesichts der Klimafolgen entsprechend angepasst und aktualisiert werden.

Bei der Frage der Wassergewinnung fordern wir, dass das Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu erreichen, nicht aus den Augen verloren wird. Nicht einzelne ländliche Landkreise und Kommunen sollen durch ihre Wasservorkommen nur mehr belastet werden und ihre Möglichkeiten und die Lebensqualität der Bürger*innen eingeschränkt werden, während Städte und Metropolregionen profitieren. Es braucht deshalb Mitsprache für Landkreise und Kommunen bei der Ausweisung von Wasserschutzzonen. Für die Entnahme von Wasser müssen die betreffenden Gebietskörperschaften angemessen entschädigt werden, sodass Nachteile ausgeglichen und Mehrkosten aufgefangen werden können. Die Wassergewinnung einer Metropolregion muss zudem diversifiziert und auf mehrere Schultern verteilt werden.

Das Konzept einer naturnahen Wassergewinnung via Uferfiltrat sehen wir kritisch, solange es keine deutliche Reduktion von Einträgen chemischer Stoffe aus Einleitungen wie kommunalen Kläranlagen oder Quellen wie Agrarchemikalien, Luftimmissionen und Altlasten in die Oberflächengewässer gibt. Der Eintrag von Stoffen muss konsequenter abgewendet werden. Landwirtschaftliche Einträge, insbesondere Stickstoff, verseuchen jetzt schon vielerorts das Trinkwasser aufgrund zu hoher Nitratkonzentrationen. Auch der Eintrag von Stoffen wie PFOA durch die chemische Industrie ins Trinkwasser ist in Bayern Realität. Dem muss entschlossen entgegengewirkt werden. Dort, wo Stoffe wie PFOA im Trinkwasser nachgewiesen werden können, muss die Aktivkohlefilterung sichergestellt werden.

Wo immer Einträge entstehen oder entstanden sind, sind die Kosten der Aufbereitung des Wassers entsprechend dem Verursacher*innenprinzip zu organisieren. So sollen beispielsweise Industrieunternehmen, die für Stoffe im Wasser verantwortlich sind, für die Kosten aufkommen.

Wasserverteilung regeln, zusätzliche Wasserquellen erschließen
Wir wollen das Wasser trotz der klimatischen Veränderungen als Grundversorgung für alle Menschen zur Verfügung steht. Jedoch ist uns auch bewusst, dass angesichts einer zunehmenden Verknappung von Wasser in vielen Regionen es auch rigorosere Wassersparmaßnahmen braucht. Diese Maßnahmen müssen zuerst in der Landwirtschaft und Industrie umgesetzt werden, da sie den größten Hebel darstellen.

Um Nutzungskonflikten von Trink- und Brauchwasser vorzubeugen, wollen wir die Möglichkeiten der Substitution von Teilmengen durch Regenwasser oder recyceltes Wasser verstärken. Wir wollen den Bau von Regenwasserzisternen für urbane Bewässerungszwecke vorantreiben. Bei Neubaumaßnahmen muss der örtliche Bebauungsplan in Gebieten mit Wasserknappheit Regenwasserzisternen enthalten. Wo möglich sollen im bestehenden urbanen Raum Regenwasserzisternen nachgerüstet werden.

Bayern braucht einen Paradigmenwechsel in der Wasserwirtschaft. In Zukunft braucht es eine regionale Wasserbewirtschaftungsplanung. Diese muss auch zwischen verschiedenen Sektoren vermitteln, insbesondere Gewerbe, Industrie, Schifffahrt, Stromerzeugung und Landwirtschaft müssen neu gedacht werden, um die Trinkwasserversorgung in keinem Fall zu gefährden. Auch deshalb erteilen wir der kommerziellen Vermarktung von Wasser, insbesondere von Tiefenwasser und Wasser aus schwer erneuerbaren Vorkommen eine klare Absage.

Die Wassersicherheit basiert immer auf den natürlichen erneuerbaren Wasservorkommen, welche durch unabhängige und redundante Standbeine in der Versorgung abgesichert sind. Neben regionalen Versorgungsstrukturen wollen wir als Rückfallebene auch überregionale Verbünde, wie Fernwasserversorgungen, um lokale Engpässe auszugleichen. Deshalb setzen wir uns in Bayern für die Etablierung kommunaler Wasserversorgungsverbände ein und stärken die interkommunale Zusammenarbeit. Außerdem wollen wir über die Bundesländergrenze hinaus Notüberleitungen etablieren, um in Härtefällen Kapazitäten besser zu verteilen.

Um die überregionale Zusammenarbeit zu verbessern und um die über 2000 einzelnen Unternehmen, die an der Wasserversorgung beteiligt sind zusammenzubringen, braucht es zusätzlich zu den lokalen Wasserbewirtschaftungsplanungen auch einen Landeswasserversorgungsplan.

Die Wasser-Infrastruktur der einzelnen Gemeinden ist größtenteils mehrere Jahrzehnte alt. Der Freistaat muss hier ein Wasserinfrastrukturmodernisierungs-Förderprogramm aufbauen, um Investitionsstau zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Wasserversorgung in den Kommunen zukunftssicher ist.

Schwammstadt und Schwammdorf – Wasserversorgung in der Stadtentwicklung und Bauplanung mitdenken
Wir setzen uns für die sogenannte Schwammstadt und das Schwammdorf ein. Die Schwammstadt verbessert gleichzeitig das Stadtklima, die Biodiversität sowie die Möglichkeit, sich in der Stadt zu erholen und Natur zu erleben. Sie trägt dadurch zu Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen. In der „Schwammstadt“ bzw. dem „Schwammdorf“ werden Niederschläge – soweit möglich – direkt dort wo sie anfallen, in Grünflächen gespeichert, gereinigt, versickert, verdunstet oder wiederverwendet, etwa zur Bewässerung. Dazu muss das bestehende Kanalnetz angepasst werden. Entscheidend für die Umsetzung der Schwammstadt ist eine verbesserte und frühzeitigere Integration der Wasserwirtschaft in die Stadtentwicklungsplanung mit ihren Bezügen zur Bauleitplanung, Landschaftsplanung und Raumordnung.

Die Umgestaltung zur Schwammstadt betrifft alle Siedlungsbereiche. Vordringlich müssen aber hochversiegelte Bereiche, wie Innenstädte, Gewerbe- und Industriegebiete behandelt werden. Für die Umsetzung der Schwammstadt sind grüne Freiräume als eine unverzichtbare grüne Infrastruktur zu entwickeln. Die grüne Infrastruktur bezieht alle öffentlichen und privaten Freiflächen ein.

Dem Schutz und der Entwicklung der städtischen Baumbestände muss dabei, wegen ihrer hohen klimatischen Leistungen, ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Wir wollen, dass grüne Infrastruktur zur kommunalen Pflichtaufgabe wird und im Landesentwicklungsprogramm verankert ist. Der Freistaat soll auf eine Anpassung der Bau – und Wasserhaushaltsgesetzgebung des Bundes hinwirken. Vor allem sollten in Bayern gesetzliche Vorgaben geschaffen werden, um die Umsetzung des Schwammstadtkonzepts zu beschleunigen und Hindernisse abzubauen. Die Einführung eines wasserwirtschaftlichen Begleitplans soll dazu als Maßgabe vom Freistaat etabliert werden, um eine wasserbewusste Bauleitplanung zu gewährleisten.

Einträge von umweltschädlichen Stoffen in den Wasserkreislauf, wie z. B. durch Zigaretten oder gewerblicher Abfallprodukte sollen gegen Null verringert werden. Dazu müssen Maßnahmen zur Nullemission bei den Verursacher*innen – sowohl Direkteinleiter*innen als auch Indirekteinleiter*innen – etabliert werden. Das gilt ebenso für eine weitergehende Abwasserbehandlung. Durch diese Maßnahmen kann qualitativ hochwertiges Nutzwasser als eine unabhängige alternative Wasserressource für Bewässerung und andere Brauchwassernutzungen/Grauwassernutzung zur Verfügung gestellt werden.

Die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft müssen auch im Bereich der Wasserwirtschaft konsequent befolgt werden. Sachgerechte Wiederverwendung oder Nutzung von Regenwasser bieten alternative Ressourcen für die Bewässerung landwirtschaftlicher und urbaner Flächen. Eine weitere Zunahme der Flächenversiegelung muss stark eingeschränkt werden. Die Festsetzung von „Grünkennwerten“, die für die unterschiedlichen Siedlungsgebiete angibt, wie hoch der verpflichtende Anteil von Grünflächen mit quantifizierbaren ökologischen Leistungen sein muss, um sinnvoll wirksam zu sein, muss für Kommunen verbindlich werden. In Gebieten mit Wasserknappheit sollte bei städtischen, gewerblichen und privaten Neuplanungen ein innerhäusliches Brauchwassersystem und der Ausbau einer dezentralen Regenwasserspeicherung verpflichtend vorgeschrieben werden.

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