E1 Flucht und Asyl, aber sicher!

Status:
Nicht abgestimmt

Adressat*innen: Unterbezirkskonferenz Jusos München, Bezirkskonferenz Jusos
 Oberbayern, Landeskonferenz Jusos Bayern, Bundeskongress der Jusos,
 Unterbezirksparteitag SPD München, Bezirksparteitag SPD Oberbayern, Landesparteitag
 SPD Bayern, SPD Bundesparteitag

 

 Wir verurteilen den Kompromiss, den der EU-Ministerrat zur weiteren Verschärfung von
 Asylverfahren in Europa beschlossen hat. Wir sind wütend auf die sozialdemokratischen
 Mitglieder der Bundesregierung, die eine solche Entscheidung – mal wieder begründet
 mit vermeintlicher Notwendigkeit und Alternativlosigkeit – mittragen. Der Kompromiss
 ist Ausdruck eines Rechtsrucks in Europa und stellt eine Verschlechterung für
 Geflüchtete dar.

 

 Konkret kritisieren wir insbesondere die Schnellverfahren an den EU-Außengrenzen:
 Schon heute gibt es keine einheitliche rechtliche Situation noch einheitliche
 Standards in allen Staaten der EU zur Prüfung auf Asyl. Viele Bescheide des BAMFs
 (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) werden von Gerichten revidiert. Es ist zu
 erwarten, dass die Prüfungen an den Außengrenzen in vielen Fällen zum Nachteil der
 Asylsuchenden ausgehen. Darüber hinaus ist die Unterbringung in Lagern an der
 Außengrenze haftähnlich, wenn die Geflüchteten diese nicht in Richtung der EU
 verlassen dürfen. Von der Flucht oftmals traumatisiert, sind Geflüchtete damit für
 Hilfsorganisationen schwer zugänglich. Dies als Verbesserung der Situation
 darzustellen ist zynisch und unangemessen.

 

 Ohne eine diplomatische Lösung und Suche nach einem Gespräch mit den Staaten in West
 und Zentralafrika, ist auch die Idee eines schnellen Asylverfahrens an den EU Grenzen
 bereits jetzt zum Scheitern verurteilt, wenn die Menschen, die Asyl nicht bekommen,
 nicht zurückreisen können. Die sichere Rückreise ist in dem Fall nicht möglich, weil
 es keine Einigung mit den Herkunftsländern und Transferländern (wie die des
 Westbalkans) gibt. Dies wird nur zu ähnlich elenden Zuständen wie in Moria führen.

 

 Unabhängig davon sieht der Kompromiss vor, dass bei abgelehnten Asylanträgen auch
 eine Abschiebung in Drittstaaten möglich sein soll. Hierfür sollen Abkommen mit
 vermeintlich sicheren Drittstaaten geschlossen werden, Abschiebungen werden damit
 erleichtert und wahrscheinlicher und gleichzeitig unsicherer und gefährlicher.

 

 Das Recht auf Asyl ist ein individuelles Recht. Basierend auf der Herkunft, die
 Erfolgswahrscheinlichkeit zu beurteilen, widerspricht der Idee, jede individuelle
 Situation einzeln zu prüfen.

 

 Der Aussage der Bundesregierung, dass dies für Geflüchtete aus Syrien oder
 Afghanistan nicht gilt, wird von vielen NGOs widersprochen: Wenn Menschen über
 sichere Drittstaaten fliehen – was fast immer der Fall ist – können die
 Mitgliedstaaten laut dem Text des Kompromisses entscheiden, diese Menschen in die
 Grenzverfahren aufzunehmen.

 Hochproblematisch ist auch, dass die Definition sicherer Drittstaaten zukünftig in
 die Entscheidungsmacht der Nationalstaaten übergehen soll. Das wird zur Folge haben,
 dass gerade die Staaten an den EU-Außengrenzen Probleme in den Drittstaaten
 ignorieren und diese als „sicher“ deklarieren werden, um Asylsuchende in die
 Grenzverfahren zu bringen und um sie im Zweifel auch in Transitländer abschieben zu
 können

 

 Auch der hochgepriesene Verteilungsschlüssel innerhalb der EU läuft ins Leere, wenn
 sich einzelne Mitgliedstaaten freikaufen können. Durch die Ausgleichszahlungen wird
 die Nicht-Unterbringung von Geflüchteten zum marktwirtschaftlichen Gut innerhalb der
 Europäischen Union.

 

 Unabhängig von den konkreten Problemen des Kompromisses ist es vor allem die
 generelle ideologische Ausrichtung, die ihm zugrunde liegt, die höchst problematisch
 ist: Der Beschluss des Ministerrats verstärkt die Festung Europa und trägt zu einer
 weiteren Abschottung bei. Flucht wird weiterhin kriminalisiert, das Sterben im
 Mittelmeer findet weiterhin kein Ende und Fluchtrouten werden weiterhin unsicher
 bleiben.

 

 Den Anstieg der rechts-populistischen Parteien in der EU unterbindet man nicht, indem
 man die Politik und Rhetorik dieser Parteien in den eigenen Beschlüssen und Reformen
 umsetzt. Es schleicht sich der Eindruck ein, dass die Regierungen unbedingt eine
 Reform vor der nächsten Europawahl umsetzen möchten, damit man in einem Jahr sagen
 kann, man hätte die Anzahl der Asylsuchender gesenkt – aber um welchen Preis? Um den
 Preis, dass man mit dem Leben der Tausenden von Menschen pokert und die eigene
 „Werte“ und Rechtsprinzipien für nichtig erklärt. Das höchste Ziel der Regierungen
 der EU und der Institutionen der EU, um ihre sogenannten humanistischen Werte wieder
 glaubwürdig zu machen, sollte ein Vision Zero (Null Tote an den EU-Grenzen) für das
 Mittelmeer und eigene Grenzen sein.

 

 Unsere Asylpolitik muss auch einen besonderen Fokus auf den Schutz der Kinderrechte
 haben. Kinder erleben in den Krisen Traumatisierung und verlieren ihre
 Lebensgrundlage. Mit der UN-Kinderrechtskonvention haben sich fast alle Staaten
 weltweit auf den Schutz von Kindern geeinigt. Aus diesem Grund ist es mehr als
 wichtig dass die Mitgliedsstaaten der EU sich für den Schutz der Kinder, besonders
 auf ihren Grenzen einsetzen, die internationale Vereinbarungen einhalten und die
 finanziellen Mindeststandards für die Humanitäre Missionen für Kinderschutz sichern
 (der Bedarf ist weltweit nur zu 43% gedeckt).

 

 Wir fordern die Mitglieder des Europäischen Parlaments und die Bundesregierung auf,
 sich im anstehenden Trilog gegen die Ratifizierung dieses Kompromisses einzusetzen.
 Außerdem fordern wir konkret:

  •  Das Recht auf Asyl muss individuell geprüft werden, die Herkunft darf dabei
     keine Rolle spielen
  •  Keine Lager an den Außengrenzen
  •  Keine Abschiebung in Drittstaaten
  •  Strenge Prüfungen der Anerkennung von Staaten als sichere Drittstaaten und
     Entscheidungen darüber gemeinsam in der Europäischen Union
  •  Eine faire Verteilung in Europa, aus der sich niemand freikaufen kann
  •  Es braucht endlich sichere Fluchtrouten sowohl über Land als auch über Wasser.
     Das Sterben muss endlich ein Ende haben. Die von der Bundesregierung
     bereitgestellten Mittel müssen endlich an Initiativen der privaten Seenotrettung
     fließen.
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Änderungsanträge
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Nicht abgestimmt Ä1 zum E1 400 Ufra ergänze: “Mittelfristiges Ziel sollte eine Seenotrettung durch die Küstenwachen der EU-Mitgliedsstaaten sein."