P4 Zukunft für die Sozialdemokratie

Antragsteller: AfA-Landesvorstand Bayern

Adressat: AfA-Landeskonferenz, SPD-Landesparteitag, SPD-Landesvorstand Bayern

 

Zukunft für die Sozialdemokratie

Das Landtagswahlergebnis in Bayern war enttäuschend und ernüchternd. Aus Sicht der AfA Bayern liegen die Gründe der Wahlniederlage wesentlich tiefer als lediglich eine Wahlkampagne, die bei den Wählerinnen und Wählern nicht durchgedrungen ist.

Wie auch schon früher war diese Wahl von der politischen Stimmung im Bund abhängig. Viele Wählerinnen und Wähler haben die Landtageswahlen in Bayern und Hessen als Denkzettelwahlen verstanden, um ihre Unzufriedenheit mit der SPD-geführten Bundesregierung auszudrücken. Daher dürfen sich eine Analyse und deren Konsequenzen nicht ausschließlich auf die bayerische Ebene beziehen, sondern müssen eine Rückbesinnung auf den Kern sozialdemokratischer Politik einfordern, damit wir insgesamt wieder stärker werden.

Wir müssen den Menschen wieder ein Gefühl von Sicherheit im Wandel vermitteln.

Ein Großteil der Menschen in Deutschland und Bayern fühlt sich verunsichert. Ihre Ängste werden systematisch von Parteien des rechten Spektrums immer radikaler angeheizt, politisch ausgebeutet und in Wut und Hass umgewandelt. Für sämtliche Probleme wird die Ampel-Regierung verantwortlich gemacht und es werden bewusst Lügen in die Welt gesetzt, um Vertrauen zu zerstören und Hass zu säen.

Aufgabe sozialdemokratischer Politik muss sein, Menschen ein Gefühl von Stabilität und Gerechtigkeit zu vermitteln. Antworten auf die alltäglichen Abstiegsängste und Unsicherheiten zu geben. Die Rechtsverschiebung des politischen Diskurses war nur möglich, weil wir ihm diesem Raum gegeben haben, indem wir viele Menschen nicht angesprochen und abgeholt haben. Rechtspopulisten geben einfache Antworten.

Gerechtigkeit ist die Voraussetzung für die erfolgreiche Modernisierung der Ökonomie

Mit Digitalisierung und Klimaneutralität sieht sich die Industrie großen Herausforderungen ausgesetzt. Die Sozialdemokratie hat es nicht genug verstanden, den Umbau der Wirtschaft mit einer Perspektive sozialer Gerechtigkeit zu verbinden. Wir müssen uns bewusstmachen, dass Transformation auch ohne unser Zutun geschieht. Wie sie jedoch von statten geht, im Sinne des Kapitals oder der Beschäftigten, ist Aufgabe sozialdemokratischer Politik. Die aktuellen Sozialneiddebatten, die nicht mehr zwischen Arm und Reich, sondern ausschließlich nach unten geführt werden, sind Ergebnis dieser Unsicherheit und mangelnder Gerechtigkeit. Hierauf müssen wir reagieren und sozialdemokratische Lösungen, die sehr erfolgreiche Kurzarbeit, mit der viele Jobs und Unternehmen in Krisenzeiten gerettet werden konnten, anbieten.

An die Gedanken und Gefühlen der Menschen anzuknüpfen

Wir müssen unsere Positionen mehr emotionalisieren. Rein mit sachlichen Argumenten sind die wenigsten Menschen zu überzeigen. Daher wollen wir in Zukunft wieder unsere Inhalte stärker mit den Kandidierenden verbinden und ins Storytelling mit den Themen gehen.

Erfolge sozialdemokratischer Politik als solche kommunizieren

Wir schaffen es nicht, unsere Erfolge vom Mindestlohn über die Bewältigung der Energiekrise bis zum Deutschland-Ticket darzustellen und waren nicht ausreichend in der Lage, gemeinsam eine programmatische Perspektive mit dem Kern von Guter Arbeit, Sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit in Zeiten des Wandels zu transportieren.

Lebensrealitäten verstehen und Verteilungsgerechtigkeit in den Mittelpunkt stellen

Wir haben nicht verstanden, dass viele unserer Erfolge der Maßnahmen zur Bekämpfung der Folgen von Pandemie, Energiepreiskrise und Inflation im alltäglichen Leben der Bevölkerungsmehrheit durch die Inflation aufgezehrt werden. Und wir haben nicht zugehört und es nicht ernst genommen, als uns das erzählt wurde. Auch angesichts der Offensive der CDU für ein höheres Rentenzugangsalter, der Abschaffung der Erbschaftsteuer, für weitere steuerliche Entlastungen für Reiche und weiteren Geschenken für „die Wirtschaft“, kombiniert mit der Diskreditierung sozialer Leistungen sind wir auch jetzt noch viel zu leise. All dies führt zu einem Gefühl der Ungerechtigkeit.

In weiten Teilen fehlt auch das Verständnis dafür, dass die soziale Lage die Strukturen unserer Gesellschaft und das Denkender meisten Menschen nach wie vor beherrscht. Das spricht das bürgerliche Lager offen aus, während in der SPD Macht- und Verteilungsfragen oft als Neiddebatten gebrandmarkt werden. Selbst die „Fridays-for-Future-Bewegung“ hat das verstanden und sich beispielsweise beim Tarifkonflikt im Verkehrssektor und im Öffentlichen Dienst explizit mit der Gewerkschaft ver.di verbündet.

Sozialdemokratische Zukunft-Versprechen für die nachfolgenden Generationen

Menschen wählen uns nicht alleine für das, was wir erreicht haben, sondern dafür, was wir in Zukunft für sie erreichen wollen. Wir müssen den Blick nach vorne richten.

Gerade am Wahlverhalten der Berufstätigen jüngeren und mittleren Alters ist zu erkennen, dass das klassisch sozialdemokratische Zukunftsversprechen hinsichtlich gesicherter Arbeit, Wohnung, Chancen für die Kinder und Versorgung bei Krankheit und im Alter nicht mehr trägt.

Die Sozialdemokratie braucht endlich wieder eine schlüssige wirtschaftspolitische Erzählung

Erfolge und Misserfolge der SPD hängen stark vom Wahlverhalten der Arbeitnehmerschaft ab. Diese müssen wir wieder erreichen, denn sie haben wir nahezu flächendeckend, vor allem in der jüngeren und mittleren Altersgruppe der Arbeiter, zu großen Teilen an die AfD verloren. Daher müssen wir wieder mehr in den Austausch mit den lohnabhängigen Beschäftigten treten und nachfragen, wie deren Lebensqualität verbessert werden kann und wieso nur eine Stimme für die SPD ihr Leben verbessern kann.

Wir müssen als SPD mehr zur Stärkung der Lohn- und Sozialeinkommen anbieten. Wir brauchen eine massive Kampagne für steuerliche Umverteilung (Unternehmens-, Spitzeneinkommens- und Vermögensbesteuerung) und für die Durchbrechung der Schuldenbremse. Die Sozialdemokratie braucht endlich wieder eine schlüssige wirtschaftspolitische Erzählung: einen Zukunftsentwurf einer sozial gerechten Wirtschaft.

Zielgruppen definieren und Politik nach ihnen ausrichten

Unsere Leitfrage für die künftige Arbeit muss sein: Für wen machen wir Politik? Wir brauchen eine klare Analyse der von uns angestrebten Zielgruppe und müssen unsere Politik danach orientieren, was deren Bedürfnisse, Probleme und Themen sind. Sozialdemokratische Politik muss zielgruppenorientiert mit der Kernkompetenz der Sozialen Gerechtigkeit ausgerichtet sein. Wir müssen uns von abgehobenen Debatten verabschieden und wieder zurück zum Alltag der Menschen gelangen.

Fazit: Wir müssen einen umfassenden Entwurf einer sozialdemokratischen Erzählung für die Zukunft entwickeln und unsere Politik danach ausrichten.

 

Landtagswahl in Bayern

Die BayernSPD hat ihr desaströses Ergebnis von 2018 nochmals unterschritten, die Wählerverluste jedoch deutlich abgebremst. Das muss angesichts des Rückgangs der Zustimmung auf Bundesebene auf nunmehr 15% und im Vergleich zu Hessen schon als positives Zeichen gelten. Die BayernSPD wurde für die Stimmungsmache gegen die Ampel abgestraft. Hinzu kam, dass sich die CSU auf die vergleichsweise günstige wirtschaftliche Situation in unserem Bundesland stützen konnte und unsere Kritik an den erheblichen Defiziten in Bayern angesichts der Probleme im Bund und in anderen Ländern teilweise ins Leere lief. Der populistische, Berlin-zentrierte Wahlkampf hat den FW und der AfD den Boden bereitet und den politischen Diskurs vergiftet.

In dieser Ausgangssituation war es für unseren Spitzenkandidaten trotz engagiertem Wahlkampf fast unmöglich mit Sachlichkeit und Kompetenz mit landespolitischen Themen durchzudringen. Es ist jetzt Aufgabe der Partei nicht einen Sündenbock zu suchen, sondern gemeinsam Konzepte gegen den Rechtsruck und Populismus zu erarbeiten.

Der Grundstein für unseren Niedergang in Bayern ist schon vor der Wahl 2018 gelegt worden. Konsequenzen sind nach dieser historischen Wahlniederlage, in der wir einen Großteil unserer Anhängerschaft verloren haben, zwar analysiert, aber nie gezogen worden.

Mit der Wahl der Doppelspitze Endres/von Brunn vor zwei Jahren wurde ein Anfang gemacht. Nur muss allen bewusst sein, dass nahhaltige Aufbauarbeit Zeit benötigt. Auch wenn das Landtagswahlergebnis frustriert, müssen der Blick nach vorne gerichtet werden und mit sinnlosen Grabenkämpfen in der Partei Schluss sein. Einen Personalwechsel an der Spitze der BayernSPD und der Landtagsfraktion lehnen wir daher ab. Er würde uns in keinster Weise weiterbringen und lediglich destabilisieren. Was wir als Partei vielmehr brauchen ist Zusammenarbeit, ein Teamgefühl und Kooperation. Wir müssen die

Ressourcen, die wir noch haben, bündeln und gemeinsam am Ziel, wieder stärker zu werden, arbeiten. Nur so schaffen wir es, Menschen wieder für sozialdemokratische Politik zu begeistern.

 

Konsequenzen für Bayern

Basis verbreitern

Wir müssen in den nächsten Jahren darauf abzielen, stärker und geschlossener unser Profil um die Kernkompetenz „soziale Gerechtigkeit“ und unser Verständnis von Fortschritt zu schärfen. Unser aktueller Mitgliederstand, aber auch viele vorhandene Denk- und Handlungsweisen reichen dazu nicht aus. Wir müssen gezielt neue Mitglieder werben, die in der Lage sind, glaubwürdig und aus eigener Anschauung und Überzeugung die Diskussionen im Alltag zu bestehen, und die vorhandenen Mitglieder so gut als möglich aktivieren. Vor allem brauchen wir wieder eine breitere Basis in der Arbeitnehmerschaft, in den Gewerkschaften und den Sozialverbänden. Hierbei muss die AfA eine tragende Rolle als Verbindungsglied zur Arbeitnehmendenschaft einnehmen und auch innerparteiliche gestärkt werden. Die AfA hat dazu einschlägige Konzepte vorgelegt hat, wie sie beispielsweise neben der ortsbezogenen Basisarbeit nicht ortsgebundene, themenorientierte Basisarbeit leisten kann.

Arbeitswelt, Gewerkschaften, Vereine und Verbände sind nach wie vor fast die einzigen Ebenen, auf denen wir auch die Menschen erreichen, die sich von „der Politik“ abnabeln. Hier müssen wir präsent sein, aber auch auf kommunaler Ebene, im Wohnumfeld, brauchen wir neue Wege, um die Kommunikationsblockade zu durchbrechen.

Eigenes Profil finden

Die BayernSPD wird anders als die CSU nicht als der Arm der bayerischen Bevölkerung in Berlin und Brüssel gesehen, sondern mit der Bundespartei verbunden. Aber auch in Bayern haben wir genug Themen, bei denen wir eigene Akzente setzen können und müssen. Das haben wir in unserem Wahlprogramm auch getan. Wir müssen die inhaltliche Zuspitzung suchen und im Zweifel auch abweichende oder akzentuiertere Positionen beziehen, ohne dabei jedoch der Bundespartei zu schaden oder als „zerstrittener Haufen“ wahrgenommen zu werden.

Regionale Unterschiede berücksichtigen

Regionale Auseinanderentwicklung sind auch in Bayern, zwischen Stadt und Land, zwischen industriell geprägten und eher touristischen und agrarischen Regionen sowie zwischen Arm und Reich zunehmend spürbar. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, müssen wie unser Profil schärfen, um inhaltliche Klammern zur Überwindung der regionalen Spaltungen zu erarbeiten. Hierbei kann eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Unterbezirken oder zwischen Bezirk und Unterbezirken zielführend sein. Wir müssen unseren Markenkern landes-, regional- und kommunalpolitisch greifbar machen. Dafür haben wir die Fachleute von der Kommunal- bis zur Landespolitik in der Partei, auf deren Erfahrungen und Fachwissen wir aufbauen können. Mit unserer dünnen Personaldecke müssen wir uns hinsichtlich der Themen, der Zielgruppen und Projekte haupt- wie ehrenamtlich konzentrieren.

Kommunikation professionalisieren

Ein relevanter Teil der Menschen nimmt Medien von Tageszeitung bis zum öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht mehr wahr, sondern informieren sich ausschließlich über soziale Medien, die von Fake, Spaltung und populistischer Verkürzung dominiert sind. Die extreme Rechte ist hier sehr professionell unterwegs und beherrscht praktisch sämtliche Netzwerke. Das ist nicht nur eine Frage des Einsatzes enormer Mittel und personeller Ressourcen. Wir müssen mit unseren Botschaften und mit unserer Sprache die Menschen wieder erreichen und unsere Kommunikation professionell ausbauen und anpassen. Ebenso dürfen wir den klassischen Weg nicht aus den Augen verlieren: zuhören und reden – und zwar mit und bei den Menschen, die wir gewinnen müssen. Onlinewahlkampf und physischer Wahlkampf müssen getrennt betrachtet und geplant werden.

Wir stellen mit großer Sorge fest, dass unsere Partei in weiten Teilen nicht kampagnenfähig ist.

Sprachfähig werden

Menschen ist es zunehmend egal, ob gerade der Landtag, der Gemeinderat oder das Europaparlament gewählt wird. Sie erwarten von uns Antworten auf die Fragen, die sie in der Politik beschäftigen. Wir müssen daher zumindest auf den relevanten Gebieten sprachfähig sein. Dies wiederum bedarf erhöhter Anstrengungen in der politischen Bildungsarbeit als dauernde Aufgabe.

Aktionen evaluieren

In lokalen und regionalen Mikrobereichen gibt es positive Wahlergebnisse ebenso wie Abweichungen nach unten. Diese müssen wir mit den Aktivitäten im Wahlkampf und eventuellen Strukturveränderungen abgleichen, um daraus Hinweise für unsere zukünftige Arbeit abzuleiten. So ist beispielsweise zu prüfen, ob die zahlreichen kampagnenmäßig wahrnehmbaren Aktionen der AfA vor Betrieben und an Bahnhöfen oder bestimmte andere auffällige Aktivitäten z.B. der Jusos oder Aktionen auf regionaler Ebene spürbare Auswirkungen auf Ergebnisse haben.

Teamarbeit

All das sind Fragen, die in den dafür gewählten Gremien auf Landesebene ausgewertet, diskutiert und entschieden werden müssen, und zwar besser als bisher in gemeinsamer Teamarbeit. Wir plädieren für eine niederschwellige Beteiligungsmöglichkeit der Basis in den einzelnen Bezirken. Zusammen mit den Ortsvereinen und Arbeitsgemeinschaften können von der Basis regional entsprechende Formate entwickelt und umgesetzt werden.

Begründung:

Zukunft für die Sozialdemokratie

Das Landtagswahlergebnis in Bayern war enttäuschend und ernüchternd. Aus Sicht der AfA Bayern liegen die Gründe der Wahlniederlage wesentlich tiefer als lediglich eine Wahlkampagne, die bei den Wählerinnen und Wählern nicht durchgedrungen ist.

Wie auch schon früher war diese Wahl von der politischen Stimmung im Bund abhängig. Viele Wählerinnen und Wähler haben die Landtageswahlen in Bayern und Hessen als Denkzettelwahlen verstanden, um ihre Unzufriedenheit mit der SPD-geführten Bundesregierung auszudrücken. Daher dürfen sich eine Analyse und deren Konsequenzen nicht ausschließlich auf die bayerische Ebene beziehen, sondern müssen eine Rückbesinnung auf den Kern sozialdemokratischer Politik einfordern, damit wir insgesamt wieder stärker werden.

Wir müssen den Menschen wieder ein Gefühl von Sicherheit im Wandel vermitteln.

Ein Großteil der Menschen in Deutschland und Bayern fühlt sich verunsichert. Ihre Ängste werden systematisch von Parteien des rechten Spektrums immer radikaler angeheizt, politisch ausgebeutet und in Wut und Hass umgewandelt. Für sämtliche Probleme wird die Ampel-Regierung verantwortlich gemacht und es werden bewusst Lügen in die Welt gesetzt, um Vertrauen zu zerstören und Hass zu säen.

Aufgabe sozialdemokratischer Politik muss sein, Menschen ein Gefühl von Stabilität und Gerechtigkeit zu vermitteln. Antworten auf die alltäglichen Abstiegsängste und Unsicherheiten zu geben. Die Rechtsverschiebung des politischen Diskurses war nur möglich, weil wir ihm diesem Raum gegeben haben, indem wir viele Menschen nicht angesprochen und abgeholt haben. Rechtspopulisten geben einfache Antworten.

Gerechtigkeit ist die Voraussetzung für die erfolgreiche Modernisierung der Ökonomie

Mit Digitalisierung und Klimaneutralität sieht sich die Industrie großen Herausforderungen ausgesetzt. Die Sozialdemokratie hat es nicht genug verstanden, den Umbau der Wirtschaft mit einer Perspektive sozialer Gerechtigkeit zu verbinden. Wir müssen uns bewusstmachen, dass Transformation auch ohne unser Zutun geschieht. Wie sie jedoch von statten geht, im Sinne des Kapitals oder der Beschäftigten, ist Aufgabe sozialdemokratischer Politik. Die aktuellen Sozialneiddebatten, die nicht mehr zwischen Arm und Reich, sondern ausschließlich nach unten geführt werden, sind Ergebnis dieser Unsicherheit und mangelnder Gerechtigkeit. Hierauf müssen wir reagieren und sozialdemokratische Lösungen, die sehr erfolgreiche Kurzarbeit, mit der viele Jobs und Unternehmen in Krisenzeiten gerettet werden konnten, anbieten.

An die Gedanken und Gefühlen der Menschen anzuknüpfen

Wir müssen unsere Positionen mehr emotionalisieren. Rein mit sachlichen Argumenten sind die wenigsten Menschen zu überzeigen. Daher wollen wir in Zukunft wieder unsere Inhalte stärker mit den Kandidierenden verbinden und ins Storytelling mit den Themen gehen.

Erfolge sozialdemokratischer Politik als solche kommunizieren

Wir schaffen es nicht, unsere Erfolge vom Mindestlohn über die Bewältigung der Energiekrise bis zum Deutschland-Ticket darzustellen und waren nicht ausreichend in der Lage, gemeinsam eine programmatische Perspektive mit dem Kern von Guter Arbeit, Sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit in Zeiten des Wandels zu transportieren.

Lebensrealitäten verstehen und Verteilungsgerechtigkeit in den Mittelpunkt stellen

Wir haben nicht verstanden, dass viele unserer Erfolge der Maßnahmen zur Bekämpfung der Folgen von Pandemie, Energiepreiskrise und Inflation im alltäglichen Leben der Bevölkerungsmehrheit durch die Inflation aufgezehrt werden. Und wir haben nicht zugehört und es nicht ernst genommen, als uns das erzählt wurde. Auch angesichts der Offensive der CDU für ein höheres Rentenzugangsalter, der Abschaffung der Erbschaftsteuer, für weitere steuerliche Entlastungen für Reiche und weiteren Geschenken für „die Wirtschaft“, kombiniert mit der Diskreditierung sozialer Leistungen sind wir auch jetzt noch viel zu leise. All dies führt zu einem Gefühl der Ungerechtigkeit.

In weiten Teilen fehlt auch das Verständnis dafür, dass die soziale Lage die Strukturen unserer Gesellschaft und das Denkender meisten Menschen nach wie vor beherrscht. Das spricht das bürgerliche Lager offen aus, während in der SPD Macht- und Verteilungsfragen oft als Neiddebatten gebrandmarkt werden. Selbst die „Fridays-for-Future-Bewegung“ hat das verstanden und sich beispielsweise beim Tarifkonflikt im Verkehrssektor und im Öffentlichen Dienst explizit mit der Gewerkschaft ver.di verbündet.

Sozialdemokratische Zukunft-Versprechen für die nachfolgenden Generationen

Menschen wählen uns nicht alleine für das, was wir erreicht haben, sondern dafür, was wir in Zukunft für sie erreichen wollen. Wir müssen den Blick nach vorne richten.

Gerade am Wahlverhalten der Berufstätigen jüngeren und mittleren Alters ist zu erkennen, dass das klassisch sozialdemokratische Zukunftsversprechen hinsichtlich gesicherter Arbeit, Wohnung, Chancen für die Kinder und Versorgung bei Krankheit und im Alter nicht mehr trägt.

Die Sozialdemokratie braucht endlich wieder eine schlüssige wirtschaftspolitische Erzählung

Erfolge und Misserfolge der SPD hängen stark vom Wahlverhalten der Arbeitnehmerschaft ab. Diese müssen wir wieder erreichen, denn sie haben wir nahezu flächendeckend, vor allem in der jüngeren und mittleren Altersgruppe der Arbeiter, zu großen Teilen an die AfD verloren. Daher müssen wir wieder mehr in den Austausch mit den lohnabhängigen Beschäftigten treten und nachfragen, wie deren Lebensqualität verbessert werden kann und wieso nur eine Stimme für die SPD ihr Leben verbessern kann.

Wir müssen als SPD mehr zur Stärkung der Lohn- und Sozialeinkommen anbieten. Wir brauchen eine massive Kampagne für steuerliche Umverteilung (Unternehmens-, Spitzeneinkommens- und Vermögensbesteuerung) und für die Durchbrechung der Schuldenbremse. Die Sozialdemokratie braucht endlich wieder eine schlüssige wirtschaftspolitische Erzählung: einen Zukunftsentwurf einer sozial gerechten Wirtschaft.

Zielgruppen definieren und Politik nach ihnen ausrichten

Unsere Leitfrage für die künftige Arbeit muss sein: Für wen machen wir Politik? Wir brauchen eine klare Analyse der von uns angestrebten Zielgruppe und müssen unsere Politik danach orientieren, was deren Bedürfnisse, Probleme und Themen sind. Sozialdemokratische Politik muss zielgruppenorientiert mit der Kernkompetenz der Sozialen Gerechtigkeit ausgerichtet sein. Wir müssen uns von abgehobenen Debatten verabschieden und wieder zurück zum Alltag der Menschen gelangen.

Fazit: Wir müssen einen umfassenden Entwurf einer sozialdemokratischen Erzählung für die Zukunft entwickeln und unsere Politik danach ausrichten.

 

Landtagswahl in Bayern

Die BayernSPD hat ihr desaströses Ergebnis von 2018 nochmals unterschritten, die Wählerverluste jedoch deutlich abgebremst. Das muss angesichts des Rückgangs der Zustimmung auf Bundesebene auf nunmehr 15% und im Vergleich zu Hessen schon als positives Zeichen gelten. Die BayernSPD wurde für die Stimmungsmache gegen die Ampel abgestraft. Hinzu kam, dass sich die CSU auf die vergleichsweise günstige wirtschaftliche Situation in unserem Bundesland stützen konnte und unsere Kritik an den erheblichen Defiziten in Bayern angesichts der Probleme im Bund und in anderen Ländern teilweise ins Leere lief. Der populistische, Berlin-zentrierte Wahlkampf hat den FW und der AfD den Boden bereitet und den politischen Diskurs vergiftet.

In dieser Ausgangssituation war es für unseren Spitzenkandidaten trotz engagiertem Wahlkampf fast unmöglich mit Sachlichkeit und Kompetenz mit landespolitischen Themen durchzudringen. Es ist jetzt Aufgabe der Partei nicht einen Sündenbock zu suchen, sondern gemeinsam Konzepte gegen den Rechtsruck und Populismus zu erarbeiten.

Der Grundstein für unseren Niedergang in Bayern ist schon vor der Wahl 2018 gelegt worden. Konsequenzen sind nach dieser historischen Wahlniederlage, in der wir einen Großteil unserer Anhängerschaft verloren haben, zwar analysiert, aber nie gezogen worden.

Mit der Wahl der Doppelspitze Endres/von Brunn vor zwei Jahren wurde ein Anfang gemacht. Nur muss allen bewusst sein, dass nahhaltige Aufbauarbeit Zeit benötigt. Auch wenn das Landtagswahlergebnis frustriert, müssen der Blick nach vorne gerichtet werden und mit sinnlosen Grabenkämpfen in der Partei Schluss sein. Einen Personalwechsel an der Spitze der BayernSPD und der Landtagsfraktion lehnen wir daher ab. Er würde uns in keinster Weise weiterbringen und lediglich destabilisieren. Was wir als Partei vielmehr brauchen ist Zusammenarbeit, ein Teamgefühl und Kooperation. Wir müssen die

Ressourcen, die wir noch haben, bündeln und gemeinsam am Ziel, wieder stärker zu werden, arbeiten. Nur so schaffen wir es, Menschen wieder für sozialdemokratische Politik zu begeistern.

 

Konsequenzen für Bayern

Basis verbreitern

Wir müssen in den nächsten Jahren darauf abzielen, stärker und geschlossener unser Profil um die Kernkompetenz „soziale Gerechtigkeit“ und unser Verständnis von Fortschritt zu schärfen. Unser aktueller Mitgliederstand, aber auch viele vorhandene Denk- und Handlungsweisen reichen dazu nicht aus. Wir müssen gezielt neue Mitglieder werben, die in der Lage sind, glaubwürdig und aus eigener Anschauung und Überzeugung die Diskussionen im Alltag zu bestehen, und die vorhandenen Mitglieder so gut als möglich aktivieren. Vor allem brauchen wir wieder eine breitere Basis in der Arbeitnehmerschaft, in den Gewerkschaften und den Sozialverbänden. Hierbei muss die AfA eine tragende Rolle als Verbindungsglied zur Arbeitnehmendenschaft einnehmen und auch innerparteiliche gestärkt werden. Die AfA hat dazu einschlägige Konzepte vorgelegt hat, wie sie beispielsweise neben der ortsbezogenen Basisarbeit nicht ortsgebundene, themenorientierte Basisarbeit leisten kann.

Arbeitswelt, Gewerkschaften, Vereine und Verbände sind nach wie vor fast die einzigen Ebenen, auf denen wir auch die Menschen erreichen, die sich von „der Politik“ abnabeln. Hier müssen wir präsent sein, aber auch auf kommunaler Ebene, im Wohnumfeld, brauchen wir neue Wege, um die Kommunikationsblockade zu durchbrechen.

Eigenes Profil finden

Die BayernSPD wird anders als die CSU nicht als der Arm der bayerischen Bevölkerung in Berlin und Brüssel gesehen, sondern mit der Bundespartei verbunden. Aber auch in Bayern haben wir genug Themen, bei denen wir eigene Akzente setzen können und müssen. Das haben wir in unserem Wahlprogramm auch getan. Wir müssen die inhaltliche Zuspitzung suchen und im Zweifel auch abweichende oder akzentuiertere Positionen beziehen, ohne dabei jedoch der Bundespartei zu schaden oder als „zerstrittener Haufen“ wahrgenommen zu werden.

Regionale Unterschiede berücksichtigen

Regionale Auseinanderentwicklung sind auch in Bayern, zwischen Stadt und Land, zwischen industriell geprägten und eher touristischen und agrarischen Regionen sowie zwischen Arm und Reich zunehmend spürbar. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, müssen wie unser Profil schärfen, um inhaltliche Klammern zur Überwindung der regionalen Spaltungen zu erarbeiten. Hierbei kann eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Unterbezirken oder zwischen Bezirk und Unterbezirken zielführend sein. Wir müssen unseren Markenkern landes-, regional- und kommunalpolitisch greifbar machen. Dafür haben wir die Fachleute von der Kommunal- bis zur Landespolitik in der Partei, auf deren Erfahrungen und Fachwissen wir aufbauen können. Mit unserer dünnen Personaldecke müssen wir uns hinsichtlich der Themen, der Zielgruppen und Projekte haupt- wie ehrenamtlich konzentrieren.

Kommunikation professionalisieren

Ein relevanter Teil der Menschen nimmt Medien von Tageszeitung bis zum öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht mehr wahr, sondern informieren sich ausschließlich über soziale Medien, die von Fake, Spaltung und populistischer Verkürzung dominiert sind. Die extreme Rechte ist hier sehr professionell unterwegs und beherrscht praktisch sämtliche Netzwerke. Das ist nicht nur eine Frage des Einsatzes enormer Mittel und personeller Ressourcen. Wir müssen mit unseren Botschaften und mit unserer Sprache die Menschen wieder erreichen und unsere Kommunikation professionell ausbauen und anpassen. Ebenso dürfen wir den klassischen Weg nicht aus den Augen verlieren: zuhören und reden – und zwar mit und bei den Menschen, die wir gewinnen müssen. Onlinewahlkampf und physischer Wahlkampf müssen getrennt betrachtet und geplant werden.

Wir stellen mit großer Sorge fest, dass unsere Partei in weiten Teilen nicht kampagnenfähig ist.

Sprachfähig werden

Menschen ist es zunehmend egal, ob gerade der Landtag, der Gemeinderat oder das Europaparlament gewählt wird. Sie erwarten von uns Antworten auf die Fragen, die sie in der Politik beschäftigen. Wir müssen daher zumindest auf den relevanten Gebieten sprachfähig sein. Dies wiederum bedarf erhöhter Anstrengungen in der politischen Bildungsarbeit als dauernde Aufgabe.

Aktionen evaluieren

In lokalen und regionalen Mikrobereichen gibt es positive Wahlergebnisse ebenso wie Abweichungen nach unten. Diese müssen wir mit den Aktivitäten im Wahlkampf und eventuellen Strukturveränderungen abgleichen, um daraus Hinweise für unsere zukünftige Arbeit abzuleiten. So ist beispielsweise zu prüfen, ob die zahlreichen kampagnenmäßig wahrnehmbaren Aktionen der AfA vor Betrieben und an Bahnhöfen oder bestimmte andere auffällige Aktivitäten z.B. der Jusos oder Aktionen auf regionaler Ebene spürbare Auswirkungen auf Ergebnisse haben.

Teamarbeit

All das sind Fragen, die in den dafür gewählten Gremien auf Landesebene ausgewertet, diskutiert und entschieden werden müssen, und zwar besser als bisher in gemeinsamer Teamarbeit. Wir plädieren für eine niederschwellige Beteiligungsmöglichkeit der Basis in den einzelnen Bezirken. Zusammen mit den Ortsvereinen und Arbeitsgemeinschaften können von der Basis regional entsprechende Formate entwickelt und umgesetzt werden.

Barrierefreies PDF:
Beschluss: Angenommen
Text des Beschlusses:

Das Landtagswahlergebnis in Bayern war enttäuschend und ernüchternd. Aus Sicht der AfA Bayern liegen die Gründe der Wahlniederlage wesentlich tiefer als lediglich eine Wahlkampagne, die bei den Wählerinnen und Wählern nicht durchgedrungen ist.

Wie auch schon früher war diese Wahl von der politischen Stimmung im Bund abhängig. Viele Wählerinnen und Wähler haben die Landtageswahlen in Bayern und Hessen als Denkzettelwahlen verstanden, um ihre Unzufriedenheit mit der SPD-geführten Bundesregierung auszudrücken. Daher dürfen sich eine Analyse und deren Konsequenzen nicht ausschließlich auf die bayerische Ebene beziehen, sondern müssen eine Rückbesinnung auf den Kern sozialdemokratischer Politik einfordern, damit wir insgesamt wieder stärker werden.

Wir müssen den Menschen wieder ein Gefühl von Sicherheit im Wandel vermitteln.

Ein Großteil der Menschen in Deutschland und Bayern fühlt sich verunsichert. Ihre Ängste werden systematisch von Parteien des rechten Spektrums immer radikaler angeheizt, politisch ausgebeutet und in Wut und Hass umgewandelt. Für sämtliche Probleme wird die Ampel-Regierung verantwortlich gemacht und es werden bewusst Lügen in die Welt gesetzt, um Vertrauen zu zerstören und Hass zu säen.

Aufgabe sozialdemokratischer Politik muss sein, Menschen ein Gefühl von Stabilität und Gerechtigkeit zu vermitteln. Antworten auf die alltäglichen Abstiegsängste und Unsicherheiten zu geben. Die Rechtsverschiebung des politischen Diskurses war nur möglich, weil wir ihm diesem Raum gegeben haben, indem wir viele Menschen nicht angesprochen und abgeholt haben. Rechtspopulisten geben einfache Antworten.

Gerechtigkeit ist die Voraussetzung für die erfolgreiche Modernisierung der Ökonomie

Mit Digitalisierung und Klimaneutralität sieht sich die Industrie großen Herausforderungen ausgesetzt. Die Sozialdemokratie hat es nicht genug verstanden, den Umbau der Wirtschaft mit einer Perspektive sozialer Gerechtigkeit zu verbinden. Wir müssen uns bewusstmachen, dass Transformation auch ohne unser Zutun geschieht. Wie sie jedoch von statten geht, im Sinne des Kapitals oder der Beschäftigten, ist Aufgabe sozialdemokratischer Politik. Die aktuellen Sozialneiddebatten, die nicht mehr zwischen Arm und Reich, sondern ausschließlich nach unten geführt werden, sind Ergebnis dieser Unsicherheit und mangelnder Gerechtigkeit. Hierauf müssen wir reagieren und sozialdemokratische Lösungen, die sehr erfolgreiche Kurzarbeit, mit der viele Jobs und Unternehmen in Krisenzeiten gerettet werden konnten, anbieten.

An die Gedanken und Gefühlen der Menschen anzuknüpfen

Wir müssen unsere Positionen mehr emotionalisieren. Rein mit sachlichen Argumenten sind die wenigsten Menschen zu überzeigen. Daher wollen wir in Zukunft wieder unsere Inhalte stärker mit den Kandidierenden verbinden und ins Storytelling mit den Themen gehen.

Erfolge sozialdemokratischer Politik als solche kommunizieren

Wir schaffen es nicht, unsere Erfolge vom Mindestlohn über die Bewältigung der Energiekrise bis zum Deutschland-Ticket darzustellen und waren nicht ausreichend in der Lage, gemeinsam eine programmatische Perspektive mit dem Kern von Guter Arbeit, Sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit in Zeiten des Wandels zu transportieren.

Lebensrealitäten verstehen und Verteilungsgerechtigkeit in den Mittelpunkt stellen

Wir haben nicht verstanden, dass viele unserer Erfolge der Maßnahmen zur Bekämpfung der Folgen von Pandemie, Energiepreiskrise und Inflation im alltäglichen Leben der Bevölkerungsmehrheit durch die Inflation aufgezehrt werden. Und wir haben nicht zugehört und es nicht ernst genommen, als uns das erzählt wurde. Auch angesichts der Offensive der CDU für ein höheres Rentenzugangsalter, der Abschaffung der Erbschaftsteuer, für weitere steuerliche Entlastungen für Reiche und weiteren Geschenken für „die Wirtschaft“, kombiniert mit der Diskreditierung sozialer Leistungen sind wir auch jetzt noch viel zu leise. All dies führt zu einem Gefühl der Ungerechtigkeit.

In weiten Teilen fehlt auch das Verständnis dafür, dass die soziale Lage die Strukturen unserer Gesellschaft und das Denkender meisten Menschen nach wie vor beherrscht. Das spricht das bürgerliche Lager offen aus, während in der SPD Macht- und Verteilungsfragen oft als Neiddebatten gebrandmarkt werden. Selbst die „Fridays-for-Future-Bewegung“ hat das verstanden und sich beispielsweise beim Tarifkonflikt im Verkehrssektor und im Öffentlichen Dienst explizit mit der Gewerkschaft ver.di verbündet.

Sozialdemokratische Zukunft-Versprechen für die nachfolgenden Generationen

Menschen wählen uns nicht alleine für das, was wir erreicht haben, sondern dafür, was wir in Zukunft für sie erreichen wollen. Wir müssen den Blick nach vorne richten.

Gerade am Wahlverhalten der Berufstätigen jüngeren und mittleren Alters ist zu erkennen, dass das klassisch sozialdemokratische Zukunftsversprechen hinsichtlich gesicherter Arbeit, Wohnung, Chancen für die Kinder und Versorgung bei Krankheit und im Alter nicht mehr trägt.

Die Sozialdemokratie braucht endlich wieder eine schlüssige wirtschaftspolitische Erzählung

Erfolge und Misserfolge der SPD hängen stark vom Wahlverhalten der Arbeitnehmerschaft ab. Diese müssen wir wieder erreichen, denn sie haben wir nahezu flächendeckend, vor allem in der jüngeren und mittleren Altersgruppe der Arbeiter, zu großen Teilen an die AfD verloren. Daher müssen wir wieder mehr in den Austausch mit den lohnabhängigen Beschäftigten treten und nachfragen, wie deren Lebensqualität verbessert werden kann und wieso nur eine Stimme für die SPD ihr Leben verbessern kann.

Wir müssen als SPD mehr zur Stärkung der Lohn- und Sozialeinkommen anbieten. Wir brauchen eine massive Kampagne für steuerliche Umverteilung (Unternehmens-, Spitzeneinkommens- und Vermögensbesteuerung) und für die Durchbrechung der Schuldenbremse. Die Sozialdemokratie braucht endlich wieder eine schlüssige wirtschaftspolitische Erzählung: einen Zukunftsentwurf einer sozial gerechten Wirtschaft.

Zielgruppen definieren und Politik nach ihnen ausrichten

Unsere Leitfrage für die künftige Arbeit muss sein: Für wen machen wir Politik? Wir brauchen eine klare Analyse der von uns angestrebten Zielgruppe und müssen unsere Politik danach orientieren, was deren Bedürfnisse, Probleme und Themen sind. Sozialdemokratische Politik muss zielgruppenorientiert mit der Kernkompetenz der Sozialen Gerechtigkeit ausgerichtet sein. Wir müssen uns von abgehobenen Debatten verabschieden und wieder zurück zum Alltag der Menschen gelangen.

Fazit: Wir müssen einen umfassenden Entwurf einer sozialdemokratischen Erzählung für die Zukunft entwickeln und unsere Politik danach ausrichten.

 

Landtagswahl in Bayern

Die BayernSPD hat ihr desaströses Ergebnis von 2018 nochmals unterschritten, die Wählerverluste jedoch deutlich abgebremst. Das muss angesichts des Rückgangs der Zustimmung auf Bundesebene auf nunmehr 15% und im Vergleich zu Hessen schon als positives Zeichen gelten. Die BayernSPD wurde für die Stimmungsmache gegen die Ampel abgestraft. Hinzu kam, dass sich die CSU auf die vergleichsweise günstige wirtschaftliche Situation in unserem Bundesland stützen konnte und unsere Kritik an den erheblichen Defiziten in Bayern angesichts der Probleme im Bund und in anderen Ländern teilweise ins Leere lief. Der populistische, Berlin-zentrierte Wahlkampf hat den FW und der AfD den Boden bereitet und den politischen Diskurs vergiftet.

In dieser Ausgangssituation war es für unseren Spitzenkandidaten trotz engagiertem Wahlkampf fast unmöglich mit Sachlichkeit und Kompetenz mit landespolitischen Themen durchzudringen. Es ist jetzt Aufgabe der Partei nicht einen Sündenbock zu suchen, sondern gemeinsam Konzepte gegen den Rechtsruck und Populismus zu erarbeiten.

Der Grundstein für unseren Niedergang in Bayern ist schon vor der Wahl 2018 gelegt worden. Konsequenzen sind nach dieser historischen Wahlniederlage, in der wir einen Großteil unserer Anhängerschaft verloren haben, zwar analysiert, aber nie gezogen worden.

Mit der Wahl der Doppelspitze Endres/von Brunn vor zwei Jahren wurde ein Anfang gemacht. Nur muss allen bewusst sein, dass nahhaltige Aufbauarbeit Zeit benötigt. Auch wenn das Landtagswahlergebnis frustriert, müssen der Blick nach vorne gerichtet werden und mit sinnlosen Grabenkämpfen in der Partei Schluss sein. Einen Personalwechsel an der Spitze der BayernSPD und der Landtagsfraktion lehnen wir daher ab. Er würde uns in keinster Weise weiterbringen und lediglich destabilisieren. Was wir als Partei vielmehr brauchen ist Zusammenarbeit, ein Teamgefühl und Kooperation. Wir müssen die

Ressourcen, die wir noch haben, bündeln und gemeinsam am Ziel, wieder stärker zu werden, arbeiten. Nur so schaffen wir es, Menschen wieder für sozialdemokratische Politik zu begeistern.

Konsequenzen für Bayern

Basis verbreitern

Wir müssen in den nächsten Jahren darauf abzielen, stärker und geschlossener unser Profil um die Kernkompetenz „soziale Gerechtigkeit“ und unser Verständnis von Fortschritt zu schärfen. Unser aktueller Mitgliederstand, aber auch viele vorhandene Denk- und Handlungsweisen reichen dazu nicht aus. Wir müssen gezielt neue Mitglieder werben, die in der Lage sind, glaubwürdig und aus eigener Anschauung und Überzeugung die Diskussionen im Alltag zu bestehen, und die vorhandenen Mitglieder so gut als möglich aktivieren. Vor allem brauchen wir wieder eine breitere Basis in der Arbeitnehmerschaft, in den Gewerkschaften und den Sozialverbänden. Hierbei muss die AfA eine tragende Rolle als Verbindungsglied zur Arbeitnehmendenschaft einnehmen und auch innerparteiliche gestärkt werden. Die AfA hat dazu einschlägige Konzepte vorgelegt hat, wie sie beispielsweise neben der ortsbezogenen Basisarbeit nicht ortsgebundene, themenorientierte Basisarbeit leisten kann.

Arbeitswelt, Gewerkschaften, Vereine und Verbände sind nach wie vor fast die einzigen Ebenen, auf denen wir auch die Menschen erreichen, die sich von „der Politik“ abnabeln. Hier müssen wir präsent sein, aber auch auf kommunaler Ebene, im Wohnumfeld, brauchen wir neue Wege, um die Kommunikationsblockade zu durchbrechen.

Eigenes Profil finden

Die BayernSPD wird anders als die CSU nicht als der Arm der bayerischen Bevölkerung in Berlin und Brüssel gesehen, sondern mit der Bundespartei verbunden. Aber auch in Bayern haben wir genug Themen, bei denen wir eigene Akzente setzen können und müssen. Das haben wir in unserem Wahlprogramm auch getan. Wir müssen die inhaltliche Zuspitzung suchen und im Zweifel auch abweichende oder akzentuiertere Positionen beziehen, ohne dabei jedoch der Bundespartei zu schaden oder als „zerstrittener Haufen“ wahrgenommen zu werden.

Regionale Unterschiede berücksichtigen

Regionale Auseinanderentwicklung sind auch in Bayern, zwischen Stadt und Land, zwischen industriell geprägten und eher touristischen und agrarischen Regionen sowie zwischen Arm und Reich zunehmend spürbar. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, müssen wie unser Profil schärfen, um inhaltliche Klammern zur Überwindung der regionalen Spaltungen zu erarbeiten. Hierbei kann eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Unterbezirken oder zwischen Bezirk und Unterbezirken zielführend sein. Wir müssen unseren Markenkern landes-, regional- und kommunalpolitisch greifbar machen. Dafür haben wir die Fachleute von der Kommunal- bis zur Landespolitik in der Partei, auf deren Erfahrungen und Fachwissen wir aufbauen können. Mit unserer dünnen Personaldecke müssen wir uns hinsichtlich der Themen, der Zielgruppen und Projekte haupt- wie ehrenamtlich konzentrieren.

Kommunikation professionalisieren

Ein relevanter Teil der Menschen nimmt Medien von Tageszeitung bis zum öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht mehr wahr, sondern informieren sich ausschließlich über soziale Medien, die von Fake, Spaltung und populistischer Verkürzung dominiert sind. Die extreme Rechte ist hier sehr professionell unterwegs und beherrscht praktisch sämtliche Netzwerke. Das ist nicht nur eine Frage des Einsatzes enormer Mittel und personeller Ressourcen. Wir müssen mit unseren Botschaften und mit unserer Sprache die Menschen wieder erreichen und unsere Kommunikation professionell ausbauen und anpassen. Ebenso dürfen wir den klassischen Weg nicht aus den Augen verlieren: zuhören und reden – und zwar mit und bei den Menschen, die wir gewinnen müssen. Onlinewahlkampf und physischer Wahlkampf müssen getrennt betrachtet und geplant werden.

Wir stellen mit großer Sorge fest, dass unsere Partei in weiten Teilen nicht kampagnenfähig ist.

Sprachfähig werden

Menschen ist es zunehmend egal, ob gerade der Landtag, der Gemeinderat oder das Europaparlament gewählt wird. Sie erwarten von uns Antworten auf die Fragen, die sie in der Politik beschäftigen. Wir müssen daher zumindest auf den relevanten Gebieten sprachfähig sein. Dies wiederum bedarf erhöhter Anstrengungen in der politischen Bildungsarbeit als dauernde Aufgabe.

Aktionen evaluieren

In lokalen und regionalen Mikrobereichen gibt es positive Wahlergebnisse ebenso wie Abweichungen nach unten. Diese müssen wir mit den Aktivitäten im Wahlkampf und eventuellen Strukturveränderungen abgleichen, um daraus Hinweise für unsere zukünftige Arbeit abzuleiten. So ist beispielsweise zu prüfen, ob die zahlreichen kampagnenmäßig wahrnehmbaren Aktionen der AfA vor Betrieben und an Bahnhöfen oder bestimmte andere auffällige Aktivitäten z.B. der Jusos oder Aktionen auf regionaler Ebene spürbare Auswirkungen auf Ergebnisse haben.

Teamarbeit

All das sind Fragen, die in den dafür gewählten Gremien auf Landesebene ausgewertet, diskutiert und entschieden werden müssen, und zwar besser als bisher in gemeinsamer Teamarbeit. Wir plädieren für eine niederschwellige Beteiligungsmöglichkeit der Basis in den einzelnen Bezirken. Zusammen mit den Ortsvereinen und Arbeitsgemeinschaften können von der Basis regional entsprechende Formate entwickelt und umgesetzt werden.

Beschluss-PDF: