Leitantrag Zeit für mehr Gerechtigkeit!

Die Menschen wünschen sich mehr Gerechtigkeit. Das gilt für Deutschland, das gilt für Bayern.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten treten an, diesen Wunsch nach mehr Gerechtigkeit zu erfüllen. Wir stellen in diesem Antrag beispielhaft an drei wichtigen Themenfeldern, gute Arbeit im digitalen Zeitalter, Wohnen und Familien dar, wie wir mehr Gerechtigkeit erreichen wollen. Natürlich ist klar: In vielen weiteren Themenfeldern, seien es Bildung, Rente und Alter, Gesundheit, gesellschaftliche Integration oder auch demokratische Teilhabe und Partizipation, ist eine Politik für mehr Gerechtigkeit notwendig.

Deutschland wie auch Bayern geht es gut. Die ökonomischen Kennzahlen weisen ein relativ starkes Wirtschaftswachstum, eine hohe Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung, wieder steigende Reallöhne, und eine sinkende Arbeitslosigkeit auf. Auch andere Wohlstandsindikatoren sind grundsätzlich positiv, zum Beispiel Gesundheit, Bildungsniveau, auch Freiheit, ein funktionierender Rechtsstaat und Demokratie.

Gleichzeitig ist dieser Wohlstand aber ungleich verteilt. Das hohe Einkommen in unserem Land fließt in großen Teilen nur einigen wenigen zu: zehn Prozent der Haushalte besitzen rund 60 Prozent des Netto-Vermögens, während sich die untere Hälfte mit 2,5 Prozent zufriedengeben muss. In armutsgefährdeten Haushalten lebt rund jeder Sechste in Deutschland. Es gibt viele arme Kinder und viel verschämte Armut bei älteren Menschen, besonders bei Frauen. Ein Fünftel der Erwerbstätigen ist im Niedriglohnsektor beschäftigt, gleichzeitig haben wir in Teilen Deutschlands eine nach wie vor hartnäckige Langzeitarbeitslosigkeit.

Auch bei der Bildung – gerade in Bayern –, bei Gesundheit, beim Wohnen und vielem anderen gibt es Ungerechtigkeit. Während in Bayern die großen Zentren und die Hochschulstädte boomen, gibt es Regionen, die von Abwanderung betroffen sind, in denen Infrastruktur und Jobs fehlen, die im Wettbewerb immer weniger Chancen haben. Dort mangelt es etwa am Ausbau von Straße, Schiene und Datenleitungen, während sich anderswo alles auf engstem Raum zusammenballt.

Bayerns SchülerInnen fallen öfter durch, es gibt viel zu viele, die ohne Abschluss abbrechen. Wer da nicht gegensteuert, raubt den jungen Leuten Chancen. Das Gezerre um das „richtige“ Gymnasium ist zwischen unfähig und peinlich anzusiedeln. Es fehlen tausende Lehrkräfte, obwohl der Bedarf an Personal lange bekannt ist.

Deutlich mehr als die Hälfte der Menschen in Bayern finden, dass Einkommen und Vermögen ungerecht verteilt sind. Diese Ungerechtigkeit wirkt auf die Menschen. Um die soziale Gerechtigkeit ist es schlecht bestellt!

Viele Menschen haben Angst vor sozialem Abstieg. Obwohl es ihnen selbst gut geht, haben sie Angst davor, zum Beispiel durch Arbeitslosigkeit oder Krankheit abzurutschen. Viele fürchten, dass es ihren Kindern einmal schlechter gehen könnte als ihnen selbst. Zunehmend fühlen sich Menschen ausgeschlossen aus Gesellschaft und Demokratie.

Auch deshalb haben politische Gruppen Zulauf, die die Demokratie als „das System“ verantwortlich machen und vermeintlich einfache, wirksame Lösungen anbieten. Benachteiligten Gruppen, vor allem Zuwanderinnen und Zuwanderer, wird hierbei die Verantwortung für die Ursachen sozialer Ungleichheit zugeschoben. So werden Bedrohungsängste geschürt. RechtspopulistInnen und Rechtsextreme nutzen vor allem soziale Netzwerke und zielen direkt auf die Demokratie, ihre Institutionen und Repräsentanten.

Auch deshalb, so meinen wir SozialdemokratInnen, ist es Zeit für mehr Gerechtigkeit bei der Einkommens- und Vermögensverteilung ebenso wie für Generationen-, Geschlechter- und Bildungsgerechtigkeit.

Nicht nur, weil wir uns den Zielen der Solidarität und Gerechtigkeit verpflichtet fühlen, sondern auch, weil wir glauben, dass wir mit einer Politik, die alle mitnimmt, den UndemokratInnen den Boden entziehen können. Maßstab dürfen nicht die spitzesten und härtesten Ellbogen sein, sondern eine Vorstellung von der Lebensqualität in einer solidarischen Gesellschaft.

Denn: Zeit für mehr Gerechtigkeit ist auch

Zeit für mehr Demokratie.

Gute Arbeit im digitalen Zeitalter

Die Arbeitswelt ist in Bewegung. Digital vernetzt, global verteilt und flexibel verändert sich unsere Arbeit mit hoher Geschwindigkeit. Deshalb müssen wir fragen: „Wo bleibt der Mensch?“ Unsere Antwort lautet: „Arbeit muss gute Arbeit sein.“

Die veränderte Arbeitswelt bietet viele Chancen, birgt aber auch Risiken. Positiv zu sehen sind etwa die erweiterten Spielräume für kreatives Arbeiten. Es wird möglich, die eigenen Arbeitsbedingungen stärker mitzugestalten. Hierzu gehören gute Tarifverträge und Mitbestimmung. Arbeit dient der beruflichen und persönlichen Entwicklung. Sie fördert Gesundheit und Wohlbefinden. Familie und Beruf werden leichter vereinbar. Negativ wirkt sich die veränderte Arbeitswelt durch Verfügbarkeit rund um die Uhr, eine lückenlose Kontrolle und einen ständigen Wettlauf zur Erreichung von Zielen aus. Der Niedriglohnsektor wächst und Scheinselbständigkeit steigt. Tarifverträge und Mitbestimmung werden ausgehöhlt. Hohe Arbeitsbelastung schädigt Gesundheit und Wohlbefinden. Negative Auswirkungen treffen junge Menschen in besonderer Weise. Befristungen oder prekäre Arbeitsverhältnisse prägen vielfach die Beschäftigungsbedingungen junger Menschen. Eine gesicherte Lebensplanung wird dadurch unmöglich. Demgegenüber werden Ältere überdurchschnittlich häufig in die Arbeitslosigkeit gedrängt und bleiben dort ohne Chance auf einen Arbeitsplatz.

Wir sagen: Gute Arbeit ist möglich. Sie kommt allerdings nicht von allein.

Deshalb brauchen wir

  • eine gute Bildung und Qualifizierung für die digitale Kompetenz unserer Kinder
  • gute Tarifverträge und Mitbestimmung für alle ArbeitnehmerInnen
  • Flexibilität und angepasste Arbeitszeiten für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  • ein Recht auf Weiterbildung für alle
  • die Zurückdrängung von Niedriglöhnen und Scheinselbständigkeit
  • weitere gesetzliche Maßnahmen gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen
  • die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung
  • Schulen, die dank ihrer guten personellen und sachlichen Ausstattung digitale Kompetenz vermitteln
  • ein Landesweiterbildungsgesetz für alle ArbeitnehmerInnen
  • ein Tariftreuegesetz

 

Wohnen – bezahlbar für alle

Neben guter Arbeit entwickelt sich das gute Wohnen immer deutlicher zu einer entscheidenden sozialen Frage. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum hat in vielen bayerischen Städten und Gemeinden ein unerträgliches Ausmaß erreicht. Die Nachfrage nach Wohnungen steigt unverändert. Menschen in unterschiedlichsten Lebenssituationen, z. B. bei der Familiengründung, im Alter, beim beruflich oder privat bedingten Umzug, sind dringend auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen. Bereits jetzt befürchten 60 Prozent der Menschen in Bayern, dass es in Zukunft nicht genug bezahlbaren Wohnraum gibt. Diese Entwicklung ist kein Schicksal, sondern die Folge der bayerischen Wohnungspolitik. Die Anzahl der geförderten Wohnungen in Bayern hat sich in 15 Jahren nahezu halbiert und der Freistaat hat mit der GBW 33.000 preiswerte Wohnungen verkauft. Vor diesem Hintergrund fordern wir ein strategisches Umdenken in der Wohnungspolitik:

Um bezahlbaren Wohnraum für alle zu schaffen, brauchen wir den geförderten Bau von 100.000 bezahlbaren Wohnungen. Außerdem soll auch der Freistaat wieder selbst Wohnungen in ganz Bayern bauen. Dazu brauchen wir eine staatliche Wohnungsbaugesellschaft, die gezielt baut, wo es notwendig ist und diese Wohnungen zu niedrigen Mieten anbietet. Das ist der Königsweg für eine langfristige Wohnungspolitik, die unabhängig von privaten Investoren und einem unsozialen Wohnungsmarkt funktioniert.

Für uns gilt: Eigentum verpflichtet. GrundstückseigentümerInnen, die mit baureifem Land lieber spekulieren als eine Bebauung zuzulassen, sind hoch zu besteuern. Wenn Grundstücke zu Bauland werden, entstehen oft hohe Wertzuwächse. Diese Gewinne entstehen durch kommunale Planung und ohne Leistung der EigentümerInnen. Sie sind daher für die Errichtung von öffentlichen Infrastrukturen heranzuziehen.

Außerdem gilt es, MieterInnen zu schützen und ihre Rechte zu stärken. Der Staat darf nicht wegschauen, wenn Wohnungen in einem untragbaren Zustand an Bedürftige vermietet werden. Zu viele Menschen leiden an überteuerten Mieten oder müssen wegen Luxussanierungen ihr zuhause und ihre Stadt verlassen. Wir fordern einen Staat, der sich für gutes Wohnen stark macht!

Gutes Wohnen ist neben guter Arbeit für die Lebensqualität unabdingbare Voraussetzung.

Deshalb brauchen wir

  • eine höhere Besteuerung mit einer Grundsteuer C, die Grundstücksspekulation verhindert
  • 100.000 neue, staatlich geförderte, bezahlbare Wohnungen
  • den Aufbau einer staatlichen Wohnungsbaugesellschaft für ganz Bayern
  • die Stärkung der Mieterechte
  • wirksame Instrumente, um Baulücken bebauen zu können
  • Maßnahmen zur Reduzierung der Baukosten von Neubauten
  • eine einfachere Erhebung des Mietspiegels und ein Einbeziehen auch der Bestandsmieten
  • einen Ausbau der Städtebauförderung vor allem auch für präventive Maßnahmen

 

Familien stärken

Familie ist vielfältig. In Familien übernehmen Menschen über Generationengrenzen hinweg füreinander Verantwortung. Dafür brauchen sie mehr Zeit, Geld und Infrastruktur. Wir fordern darum einen Rechtsanspruch auf Familienarbeitszeit (26-36 Wochenstunden) zur besseren Vereinbarkeit von familiärer Sorge und Erwerbstätigkeit.

Bislang betreuen vor allem Frauen die Kinder oder pflegen Angehörige: Frauen mit Kindern leisten 80 Prozent mehr unbezahlte Arbeit als ihre Partner. Das hat starke Auswirkungen auf die Erwerbstätigkeit und damit auf die Rentenansprüche. Andererseits wollen sich immer mehr Väter aktiv an der Erziehung ihrer Kinder beteiligen. Darum wollen wir, dass Eltern sich Erwerbsarbeit und Erziehung, aber auch die Pflege von Angehörigen, partnerschaftlich teilen können. Mit steuerfinanziertem Familiengeld soll ausgeglichen werden, wenn beide Partner für die Kinder oder die Pflege von Angehörigen ihre Arbeitszeit reduzieren. Denn wer Kinder erzieht und sich um seine pflegebedürftigen Angehörigen kümmert, hat Anspruch auf unsere Solidarität.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf funktioniert nur, wenn eine hochwertige Infrastruktur zur Betreuung und Bildung von Kindern flächendeckend zur Verfügung steht. Kinder gehören in den Mittelpunkt unserer Gesellschaft – und der Zugang zu Bildung muss beitragsfrei sein! Das gilt für Bildung ein Leben lang. Deshalb muss in einem ersten Schritt neben der Schule auch die Kita beitragsfrei werden! Derzeit profitieren nicht alle Kinder in Bayern gleich gut von frühkindlicher Bildung: Kinder unter drei Jahren mit Migrationshintergrund gehen deutlich seltener in Kitas (19 Prozent) als Kinder ohne (31 Prozent), ebenso Kinder aus Familien mit weniger Geld.

Einer der Gründe: Elternbeiträge, die für manche einfach zu hoch sind. Für uns ist klar: Jedes Kind muss Anspruch auf den Zugang zur Kita haben – unabhängig von der Herkunft oder dem Geldbeutel der Eltern! Unser Ziel: Beitragsfreiheit ab dem ersten Lebensjahr. So profitieren rund 400.000 Kinder von echter Bildungs- und Chancengerechtigkeit von Anfang an und die Eltern werden pro Jahr um durchschnittlich fast 2.000 Euro entlastet. Eltern und Kinder verdienen unsere Solidarität.

Erziehung ist Bildung – Betreuung ist mehr wert!

Deshalb brauchen wir

  • einen Rechtsanspruch auf Familienarbeitszeit
  • Beitragsfreiheit für jede Art von (Weiter-)Bildung, beginnend mit der Kita

 

Zeit für gesellschaftlichen Zusammenhalt

Gesellschaftlicher Zusammenhalt gelingt, wenn wir die Menschen in den Blick nehmen. Bayern und Deutschland profitieren von der Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Menschen, wenn alle ihr Leben auf unseren demokratischen Grundwerten gestalten. Das gilt auch für Zuwanderer. Sie alle bereichern unsere Gesellschaft, machen sie vielfältig und innovativ. Menschen, die sich hier einbringen, arbeiten und leben, stärken auch unsere Sozialsysteme und sichern so unseren Wohlstand. Trotzdem lösen Migration und Geflüchtete bei vielen Menschen Ängste und Verunsicherung aus.

Damit Ängste und Verunsicherung keine Chance bekommen unsere Gesellschaft zu spalten, treten wir ein für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt. Niemand soll Angst haben aus dem Arbeitsmarkt verdrängt zu werden. Niemand soll Angst haben, dass er demnächst keine Wohnung mehr findet, weil dort Geflüchtete eingezogen sind. Wir wollen, dass diejenigen, die die Schwachen gegen die Schwächsten ausspielen wollen, keine Chance haben. Deshalb setzen wir uns ein für mehr bezahlbaren Wohnraum – für alle Menschen. Die, die hier schon lange leben, und die, die hier neu sind. Wir setzen uns ein für mehr Kita-Plätze, damit alle Kinder die gleichen Chancen haben – von Anfang an und unabhängig davon, wo ihre Eltern herkommen. Und wir sorgen dafür, dass Integration vom ersten Tag an gelingt. Durch ausreichende Integrationsangebote und vor allem durch Teilhabe am Arbeitsmarkt, ohne dass andere hierdurch ein Nachsehen haben.

Es gibt viele, die keine offene Gesellschaft wollen. Menschen, die Geflüchteten mit Hass und Ausgrenzung begegnen, müssen wir konsequent entgegentreten. Bei uns ist willkommen, wer Schutz sucht. Bei uns ist willkommen, wer sich in dieser Gesellschaft einbringen will. Daher werden wir Programme gegen Rassismus und für Demokratie fördern und ausbauen.

Deshalb steht für uns fest:

Durch gesellschaftlichen Zusammenhalt und Integration können alle gewinnen.

 

Zeit für mehr Gerechtigkeit

Unser Ziel ist, das Leben für die Menschen besser und gerechter zu machen. Gleiche Lebensbedingungen schaffen, finanzielle und kulturelle Ressourcen gerecht verteilen, allen die gleichen Chancen ermöglichen – das sind unsere zentralen Anliegen. Wir sind fest davon überzeugt: Soziale Herkunft und Ungleichheit dürfen niemals zum sozialen Schicksal werden. Mit guten Arbeitsbedingungen, bezahlbarem Wohnraum und einer starken Unterstützung für Familien sorgen wir deshalb dafür, dass es in unserer Gesellschaft endlich gerechter zugeht.

Perspektivlosigkeit am unteren Rand der Gesellschaft, ein Ausspielen der Schwachen gegen die Schwächsten, das Erstarken des Rechtspopulismus, all das sind ernsthafte Gefahren für unsere Demokratie. Deswegen geht es in unserem Kampf um mehr Gerechtigkeit im Kern auch um den Kampf für unsere Demokratie.

Als BayernSPD wollen wir diesen Kampf gemeinsam aufnehmen. Wir wollen, dass nicht nur einige wenige, sondern alle Menschen, die in Bayern leben, vom Wohlstand profitieren. Wir wollen, dass niemand Angst vor sozialem Abstieg haben muss. Wir wollen, dass Chancen und Vermögen endlich gerechter verteilt sind.

Kurzum: Wir finden, es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit!

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme
Beschluss: Annahme
Text des Beschlusses:

Die Menschen wünschen sich mehr Gerechtigkeit. Das gilt für Deutschland, das gilt für Bayern.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten treten an, diesen Wunsch nach mehr Gerechtigkeit zu erfüllen. Wir stellen in diesem Antrag beispielhaft an drei wichtigen Themenfeldern, gute Arbeit im digitalen Zeitalter, Wohnen und Familien dar, wie wir mehr Gerechtigkeit erreichen wollen. Natürlich ist klar: In vielen weiteren Themenfeldern, seien es Bildung, Rente und Alter, Gesundheit, gesellschaftliche Integration oder auch demokratische Teilhabe und Partizipation, ist eine Politik für mehr Gerechtigkeit notwendig.

Deutschland wie auch Bayern geht es gut. Die ökonomischen Kennzahlen weisen ein relativ starkes Wirtschaftswachstum, eine hohe Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung, wieder steigende Reallöhne, und eine sinkende Arbeitslosigkeit auf. Auch andere Wohlstandsindikatoren sind grundsätzlich positiv, zum Beispiel Gesundheit, Bildungsniveau, auch Freiheit, ein funktionierender Rechtsstaat und Demokratie.

Gleichzeitig ist dieser Wohlstand aber ungleich verteilt. Das hohe Einkommen in unserem Land fließt in großen Teilen nur einigen wenigen zu: zehn Prozent der Haushalte besitzen rund 60 Prozent des Netto-Vermögens, während sich die untere Hälfte mit 2,5 Prozent zufriedengeben muss. In armutsgefährdeten Haushalten lebt rund jeder Sechste in Deutschland. Es gibt viele arme Kinder und viel verschämte Armut bei älteren Menschen, besonders bei Frauen. Ein Fünftel der Erwerbstätigen ist im Niedriglohnsektor beschäftigt, gleichzeitig haben wir in Teilen Deutschlands eine nach wie vor hartnäckige Langzeitarbeitslosigkeit.

Auch bei der Bildung – gerade in Bayern –, bei Gesundheit, beim Wohnen und vielem anderen gibt es Ungerechtigkeit. Während in Bayern die großen Zentren und die Hochschulstädte boomen, gibt es Regionen, die von Abwanderung betroffen sind, in denen Infrastruktur und Jobs fehlen, die im Wettbewerb immer weniger Chancen haben. Dort mangelt es etwa am Ausbau von Straße, Schiene und Datenleitungen, während sich anderswo alles auf engstem Raum zusammenballt.

Bayerns SchülerInnen fallen öfter durch, es gibt viel zu viele, die ohne Abschluss abbrechen. Wer da nicht gegensteuert, raubt den jungen Leuten Chancen. Das Gezerre um das „richtige“ Gymnasium ist zwischen unfähig und peinlich anzusiedeln. Es fehlen tausende Lehrkräfte, obwohl der Bedarf an Personal lange bekannt ist.

Deutlich mehr als die Hälfte der Menschen in Bayern finden, dass Einkommen und Vermögen ungerecht verteilt sind. Diese Ungerechtigkeit wirkt auf die Menschen. Um die soziale Gerechtigkeit ist es schlecht bestellt!

Viele Menschen haben Angst vor sozialem Abstieg. Obwohl es ihnen selbst gut geht, haben sie Angst davor, zum Beispiel durch Arbeitslosigkeit oder Krankheit abzurutschen. Viele fürchten, dass es ihren Kindern einmal schlechter gehen könnte als ihnen selbst. Zunehmend fühlen sich Menschen ausgeschlossen aus Gesellschaft und Demokratie.

Auch deshalb haben politische Gruppen Zulauf, die die Demokratie als „das System“ verantwortlich machen und vermeintlich einfache, wirksame Lösungen anbieten. Benachteiligten Gruppen, vor allem Zuwanderinnen und Zuwanderer, wird hierbei die Verantwortung für die Ursachen sozialer Ungleichheit zugeschoben. So werden Bedrohungsängste geschürt. RechtspopulistInnen und Rechtsextreme nutzen vor allem soziale Netzwerke und zielen direkt auf die Demokratie, ihre Institutionen und Repräsentanten.

Auch deshalb, so meinen wir SozialdemokratInnen, ist es Zeit für mehr Gerechtigkeit bei der Einkommens- und Vermögensverteilung ebenso wie für Generationen-, Geschlechter- und Bildungsgerechtigkeit.

Nicht nur, weil wir uns den Zielen der Solidarität und Gerechtigkeit verpflichtet fühlen, sondern auch, weil wir glauben, dass wir mit einer Politik, die alle mitnimmt, den Demokratiefeinden den Boden entziehen können. Maßstab dürfen nicht die spitzesten und härtesten Ellbogen sein, sondern eine Vorstellung von der Lebensqualität in einer solidarischen Gesellschaft.

Denn: Zeit für mehr Gerechtigkeit ist auch

Zeit für mehr Demokratie.

Gute Arbeit im digitalen Zeitalter

Die Arbeitswelt ist in Bewegung. Digital vernetzt, global verteilt und flexibel verändert sich unsere Arbeit mit hoher Geschwindigkeit. Deshalb müssen wir fragen: „Wo bleibt der Mensch?“ Unsere Antwort lautet: „Arbeit muss gute Arbeit sein.“

Die veränderte Arbeitswelt bietet viele Chancen, birgt aber auch Risiken. Positiv zu sehen sind etwa die erweiterten Spielräume für kreatives Arbeiten. Es wird möglich, die eigenen Arbeitsbedingungen stärker mitzugestalten. Hierzu gehören gute Tarifverträge und Mitbestimmung. Arbeit dient der beruflichen und persönlichen Entwicklung. Sie fördert Gesundheit und Wohlbefinden. Familie und Beruf werden leichter vereinbar. Negativ wirkt sich die veränderte Arbeitswelt durch Verfügbarkeit rund um die Uhr, eine lückenlose Kontrolle und einen ständigen Wettlauf zur Erreichung von Zielen aus. Der Niedriglohnsektor wächst und Scheinselbständigkeit steigt. Tarifverträge und Mitbestimmung werden ausgehöhlt. Hohe Arbeitsbelastung schädigt Gesundheit und Wohlbefinden. Negative Auswirkungen treffen junge Menschen in besonderer Weise. Befristungen oder prekäre Arbeitsverhältnisse prägen vielfach die Beschäftigungsbedingungen junger Menschen. Eine gesicherte Lebensplanung wird dadurch unmöglich. Demgegenüber werden Ältere überdurchschnittlich häufig in die Arbeitslosigkeit gedrängt und bleiben dort ohne Chance auf einen Arbeitsplatz.

Wir sagen: Gute Arbeit ist möglich. Sie kommt allerdings nicht von allein.

Deshalb brauchen wir

  • eine gute Bildung und Qualifizierung für die digitale Kompetenz unserer Kinder
  • gute Tarifverträge und Mitbestimmung für alle ArbeitnehmerInnen
  • Flexibilität und angepasste Arbeitszeiten für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  • ein Recht auf Weiterbildung für alle
  • die Zurückdrängung von Niedriglöhnen und Scheinselbständigkeit
  • weitere gesetzliche Maßnahmen gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen
  • die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung
  • Abschaffung aller Ausnahmen beim Mindestlohn
  • Schulen, die dank ihrer guten personellen und sachlichen Ausstattung digitale Kompetenz vermitteln
  • ein Landesweiterbildungsgesetz für alle Arbeitnehmerinnen und die Stärkung der bayerischen Erwachsenenbildung
  • ein Tariftreuegesetz
  • Ausbau der Kombination von Teilzeitarbeit und Teil-Erwerbsunfähigkeitsrente zum Erhalt des Arbeitsplatzes bei gesunkener Leistungsfähigkeit

Wohnen – bezahlbar für alle

Neben guter Arbeit entwickelt sich das gute Wohnen immer deutlicher zu einer entscheidenden sozialen Frage. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum hat in vielen bayerischen Städten und Gemeinden ein unerträgliches Ausmaß erreicht. Die Nachfrage nach Wohnungen steigt unverändert. Menschen in unterschiedlichsten Lebenssituationen, z. B. bei der Familiengründung, im Alter, beim beruflich oder privat bedingten Umzug, sind dringend auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen. Bereits jetzt befürchten 60 Prozent der Menschen in Bayern, dass es in Zukunft nicht genug bezahlbaren Wohnraum gibt. Diese Entwicklung ist kein Schicksal, sondern die Folge der bayerischen Wohnungspolitik. Die Anzahl der geförderten Wohnungen in Bayern hat sich in 15 Jahren nahezu halbiert und der Freistaat hat mit der GBW 33.000 preiswerte Wohnungen verkauft. Vor diesem Hintergrund fordern wir ein strategisches Umdenken in der Wohnungspolitik:

Um bezahlbaren Wohnraum für alle zu schaffen, brauchen wir den geförderten Bau von 100.000 bezahlbaren Wohnungen. Außerdem soll auch der Freistaat wieder selbst Wohnungen in ganz Bayern bauen. Dazu brauchen wir eine staatliche Wohnungsbaugesellschaft, die gezielt baut, wo es notwendig ist und diese Wohnungen zu niedrigen Mieten anbietet. Das ist der Königsweg für eine langfristige Wohnungspolitik, die unabhängig von privaten Investoren und einem unsozialen Wohnungsmarkt funktioniert.

Für uns gilt: Eigentum verpflichtet. GrundstückseigentümerInnen, die mit baureifem Land lieber spekulieren als eine Bebauung zuzulassen, sind hoch zu besteuern. Wenn Grundstücke zu Bauland werden, entstehen oft hohe Wertzuwächse. Diese Gewinne entstehen durch kommunale Planung und ohne Leistung der EigentümerInnen. Sie sind daher für die Errichtung von öffentlichen Infrastrukturen heranzuziehen.

Außerdem gilt es, MieterInnen zu schützen und ihre Rechte zu stärken. Der Staat darf nicht wegschauen, wenn Wohnungen in einem untragbaren Zustand an Bedürftige vermietet werden. Zu viele Menschen leiden an überteuerten Mieten oder müssen wegen Luxussanierungen ihr zuhause und ihre Stadt verlassen. Wir fordern einen Staat, der sich für gutes Wohnen stark macht!

Gutes Wohnen ist neben guter Arbeit für die Lebensqualität unabdingbare Voraussetzung.

Deshalb brauchen wir

  • eine höhere Besteuerung mit einer Grundsteuer C, die Grundstücksspekulation verhindert
  • 100.000 neue, staatlich geförderte, bezahlbare Wohnungen
  • den Aufbau einer staatlichen Wohnungsbaugesellschaft für ganz Bayern
  • die Stärkung der Mieterechte
  • wirksame Instrumente, um Baulücken bebauen zu können
  • Maßnahmen zur Reduzierung der Baukosten von Neubauten
  • eine einfachere Erhebung des Mietspiegels und ein Einbeziehen auch der Bestandsmieten
  • einen Ausbau der Städtebauförderung vor allem auch für präventive Maßnahmen

Familien stärken

Familie ist vielfältig. In Familien übernehmen Menschen über Generationengrenzen hinweg füreinander Verantwortung. Dafür brauchen sie mehr Zeit, Geld und Infrastruktur. Wir fordern darum einen Rechtsanspruch auf Familienarbeitszeit (26-36 Wochenstunden) zur besseren Vereinbarkeit von familiärer Sorge und Erwerbstätigkeit.

Bislang betreuen vor allem Frauen die Kinder oder pflegen Angehörige: Frauen mit Kindern leisten 80 Prozent mehr unbezahlte Arbeit als ihre Partner. Das hat starke Auswirkungen auf die Erwerbstätigkeit und damit auf die Rentenansprüche. Andererseits wollen sich immer mehr Väter aktiv an der Erziehung ihrer Kinder beteiligen. Darum wollen wir, dass Eltern sich Erwerbsarbeit und Erziehung, aber auch die Pflege von Angehörigen, partnerschaftlich teilen können. Mit steuerfinanziertem Familiengeld soll ausgeglichen werden, wenn beide Partner für die Kinder oder die Pflege von Angehörigen ihre Arbeitszeit reduzieren. Denn wer Kinder erzieht und sich um seine pflegebedürftigen Angehörigen kümmert, hat Anspruch auf unsere Solidarität.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf funktioniert nur, wenn eine hochwertige Infrastruktur zur Betreuung und Bildung von Kindern flächendeckend zur Verfügung steht. Kinder gehören in den Mittelpunkt unserer Gesellschaft – und der Zugang zu Bildung muss beitragsfrei sein! Das gilt für Bildung ein Leben lang. Deshalb muss in einem ersten Schritt neben der Schule auch die Kita beitragsfrei werden! Derzeit profitieren nicht alle Kinder in Bayern gleich gut von frühkindlicher Bildung: Kinder unter drei Jahren mit Migrationshintergrund gehen deutlich seltener in Kitas (19 Prozent) als Kinder ohne (31 Prozent), ebenso Kinder aus Familien mit weniger Geld.

Einer der Gründe: Elternbeiträge, die für manche einfach zu hoch sind. Für uns ist klar: Jedes Kind muss Anspruch auf den Zugang zur Kita haben – unabhängig von der Herkunft oder dem Geldbeutel der Eltern! Unser Ziel: Beitragsfreiheit ab dem ersten Lebensjahr. So profitieren rund 400.000 Kinder von echter Bildungs- und Chancengerechtigkeit von Anfang an und die Eltern werden pro Jahr um durchschnittlich fast 2.000 Euro entlastet. Eltern und Kinder verdienen unsere Solidarität.

Erziehung ist Bildung – Betreuung ist mehr wert!

Deshalb brauchen wir

  • einen Rechtsanspruch auf Familienarbeitszeit
  • Beitragsfreiheit für jede Art von (Weiter-)Bildung, beginnend mit der Kita

Zeit für gesellschaftlichen Zusammenhalt

Gesellschaftlicher Zusammenhalt gelingt, wenn wir die Menschen in den Blick nehmen. Bayern und Deutschland profitieren von der Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Menschen, wenn alle ihr Leben auf unseren demokratischen Grundwerten gestalten. Das gilt auch für Zuwanderer. Sie alle bereichern unsere Gesellschaft, machen sie vielfältig und innovativ. Menschen, die sich hier einbringen, arbeiten und leben, stärken auch unsere Sozialsysteme und sichern so unseren Wohlstand. Trotzdem lösen Migration und Geflüchtete bei vielen Menschen Ängste und Verunsicherung aus.

Damit Ängste und Verunsicherung keine Chance bekommen unsere Gesellschaft zu spalten, treten wir ein für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt. Niemand soll Angst haben aus dem Arbeitsmarkt verdrängt zu werden. Niemand soll Angst haben, dass er demnächst keine Wohnung mehr findet, weil dort Geflüchtete eingezogen sind. Wir wollen, dass diejenigen, die die Schwachen gegen die Schwächsten ausspielen wollen, keine Chance haben. Deshalb setzen wir uns ein für mehr bezahlbaren Wohnraum – für alle Menschen. Die, die hier schon lange leben, und die, die hier neu sind. Wir setzen uns ein für mehr Kita-Plätze, damit alle Kinder die gleichen Chancen haben – von Anfang an und unabhängig davon, wo ihre Eltern herkommen. Und wir sorgen dafür, dass Integration vom ersten Tag an gelingt. Durch ausreichende Integrationsangebote und vor allem durch Teilhabe am Arbeitsmarkt, ohne dass andere hierdurch ein Nachsehen haben.

Es gibt viele, die keine offene Gesellschaft wollen. Menschen, die Geflüchteten mit Hass und Ausgrenzung begegnen, müssen wir konsequent entgegentreten. Bei uns ist willkommen, wer Schutz sucht. Bei uns ist willkommen, wer sich in dieser Gesellschaft einbringen will. Daher werden wir Programme gegen Rassismus und für Demokratie fördern und ausbauen und die politische Jugend- und Erwachsenenbildung in Bayern stärken. Demokratie braucht Demokraten.

Deshalb steht für uns fest:

Durch gesellschaftlichen Zusammenhalt und Integration können alle gewinnen.

Zeit für mehr Gerechtigkeit

Unser Ziel ist, das Leben für die Menschen besser und gerechter zu machen. Gleiche Lebensbedingungen schaffen, finanzielle und kulturelle Ressourcen gerecht verteilen, allen die gleichen Chancen ermöglichen – das sind unsere zentralen Anliegen. Wir sind fest davon überzeugt: Soziale Herkunft und Ungleichheit dürfen niemals zum sozialen Schicksal werden. Mit guten Arbeitsbedingungen, bezahlbarem Wohnraum und einer starken Unterstützung für Familien sorgen wir deshalb dafür, dass es in unserer Gesellschaft endlich gerechter zugeht.

Perspektivlosigkeit am unteren Rand der Gesellschaft, ein Ausspielen der Schwachen gegen die Schwächsten, das Erstarken des Rechtspopulismus, all das sind ernsthafte Gefahren für unsere Demokratie. Deswegen geht es in unserem Kampf um mehr Gerechtigkeit im Kern auch um den Kampf für unsere Demokratie.

Als BayernSPD wollen wir diesen Kampf gemeinsam aufnehmen. Wir wollen, dass nicht nur einige wenige, sondern alle Menschen, die in Bayern leben, vom Wohlstand profitieren. Wir wollen, dass niemand Angst vor sozialem Abstieg haben muss. Wir wollen, dass Chancen und Vermögen endlich gerechter verteilt sind.

Kurzum: Wir finden, es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit!

Beschluss-PDF: