A9 Mindesthonorare für Selbstständige

1. Im Bereich selbstständige Tätigkeit muss eine Vergütung sichergestellt sein, die in ihrem wirtschaftlichen Gegenwert zumindest dem Mindestlohn für Angestellte entspricht, d.h. mindestens 16 EUR.
2. In geeigneten Branchen sollen Honorarordnungen nach dem Beispiel von HOAI, GOÄ, RVG, StBVV, etc. erlassen werden.
3. Soweit die Tätigkeit weder nach Zeitmaß abgegolten wird, noch die Mindestvergütung durch Honorarordnungen geregelt ist, soll gesetzgeberisch klargestellt werden, dass alle vertraglichen Vereinbarungen, die anfänglich vorhersehbar zu einer Erbringung von Leistungen mit einer wirtschaftlichen Vergütung, die geringer liegt als der Mindestlohn für Angestellte sittenwidrig und nichtig sind und der Auftraggeber von Gesetzeswegen ein angemessenes Honorar im Gegenwert des gesetzlichen Mindestlohns schuldet.

Begründung:

Mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes hat die SPD erfolgreich einen Dumpingschutz für sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter durchgesetzt. Eine Unterschreitung dieses Mindestniveaus droht jedoch einerseits im Bereich der mittels Werkverträge ausgelagerten Leistungen durch formal selbstständige Mitarbeiter, sowie immer stärker und häufiger im Rahmen des sogenannten „Croud-Work“, bei dem Selbstständige ihre Leistung auf Plattformen anbieten, sowie durch Kleinstselbständige wie Putzfrauen.
1. Bestimmung des Mindeststundensatzes
Dort wo das Honorar sich nach Zeitmaß bestimmt, ist ein Dumpingschutz durch Einführung einer Untergrenze unproblematisch möglich. Hierbei sollte sich das Einkommen eines Selbstständigen anhand des für Arbeitnehmer geltenden gesetzlichen Mindestlohnes von 8,84 EUR in der Stunde zuzüglich 23,5 % Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung, der für den Dienstnehmer bei Angestellten zu erbringen ist, sowie eines Zuschlages für die dem Selbstständigen nicht zustehenden Mindesturlaubsansprüche nach BUrlG, zuzüglich eines weiteren Aufschlages für nicht gegebene Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, und eines moderaten Risikozuschlages dafür, dass der Selbstständige im Gegensatz zum Angestellten das Risiko seiner Auslastung voll selbst trägt, der zumindest 20 % zu betragen hat, sowie eines weiteren Zuschlages für die im Regelfall durch den Selbstständigen gestellten Arbeitsmittel wie PC, Kraftfahrzeug etc. und allgemeine Geschäftsunkosten in Höhe von weiteren 20 %, liegen sollte.
Berechnungsweise:
% EUR
gesetzlicher Mindestlohn = 8,84 €
Arbeitgeberanteil zur SV: 23,5% = 2,08 €
Urlaubsanspruch (24 /249tel): 9,6% = 0,85 €
fehlende Leistung aus LFZG (15 Tage / Jahr): 6,0% = 0,53 €
Risikozuschlag Auslastung: 20,0% = 1,77 €
Zuschlag Arbeitsmittel: 20,0% = 1,77 €

SUMME 15,84 €
2. Zahlung nach Pauschalen / Honorarordnungen
Schwieriger wird die Verhandlung eines Mindesthonorars jedoch in Bereichen, in denen nach Stückzahlen oder in Pauschalen bezahlt wird. Hier lässt sich das Entgelt nicht ohne weitere in Stundenpreise aufgliedern. Auch ist es in diesem Bereich durchaus legitim, dass eine Pauschale einmal zu einer guten und ein anderes Mal zu einem schlechten Verdienst führt, solange die Quersubventionierung klappt. Ein Beispiel hierfür könnten die Pauschalhonorare für Ärzte oder Anwälte sein. Während der eine Schnupfenpatient schnell und einfach und damit mit einem hohen Ertrag pro Zeiteinheit behandelt sein kann, gibt es auch Patienten, deren Erkrankung oder Redebedarf deutlich komplexer ist, sodass dieser Patient zu einem schlechteren Deckungsbeitrag führt.
Zumindest bezüglich der freiberuflichen Leistungen hat der Gesetzgeber in Form der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZÄ), des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG), der Steuerberatervergütungsverordnung
(StBVV) und anderen Spezialgesetzen bereits gesetzliche Tarifwerke geschaffen, die im Regelfall auch im Einvernehmen von Auftraggebern und Auftragnehmern nicht unterschritten werden dürfen. Auf kommunaler Ebene gilt dies auch für die Taxi-Tarife. Diese bereits auf breiter Front und seit vielen Jahrzehnten im deutschen Recht vorhandenen Mindestvergütungssysteme sollten unter Einbeziehung der Stellungnahmen der jeweiligen Verbände der Auftraggeber und Arbeitnehmer in der jeweiligen Branche (beispielsweise Fotographie, Designleistungen, etc.) auf weitere Bereiche ausgeweitet werden.
3. Auffangklausel / Sittenwidrigkeit
Soweit eine derartige Lösung entweder nicht praktikabel ist oder noch nicht umgesetzt wurde, fordern wir, dass der Gesetzgeber anordnet, dass Pauschalvereinbarungen dann nichtig sein sollen, wenn objektiv bereits bei deren Vereinbarung klar abzusehen ist, dass diese dazu führen werden, dass die Leistung des Selbstständigen unterhalb des oben beschriebenen Mindestvergütungssatzes erfolgt. In diesem Fall soll das dem voraussichtlichen Zeitaufwand entsprechende Honorar als Mindestvergütung geschuldet sein.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme
Barrierefreies PDF:
Beschluss: Annahme
Text des Beschlusses:

1. Im Bereich selbstständige Tätigkeit muss eine Vergütung sichergestellt sein, die in ihrem wirtschaftlichen Gegenwert zumindest dem Mindestlohn für Angestellte entspricht, d.h. mindestens 16 EUR.
2. In geeigneten Branchen sollen Honorarordnungen nach dem Beispiel von HOAI, GOÄ, RVG, StBVV, etc. erlassen werden.
3. Soweit die Tätigkeit weder nach Zeitmaß abgegolten wird, noch die Mindestvergütung durch Honorarordnungen geregelt ist, soll gesetzgeberisch klargestellt werden, dass alle vertraglichen Vereinbarungen, die anfänglich vorhersehbar zu einer Erbringung von Leistungen mit einer wirtschaftlichen Vergütung, die geringer liegt als der Mindestlohn für Angestellte sittenwidrig und nichtig sind und der Auftraggeber von Gesetzeswegen ein angemessenes Honorar im Gegenwert des gesetzlichen Mindestlohns schuldet.

Beschluss-PDF: