G4 Frauen verdienen alles – Gleichstellung endlich umsetzen

Unser Beitrag zur aktuellen gleichstellungspolitischen Situation

Echte Gleichstellung von Frauen und Männern ist Kern sozialdemokratischer Politik. Sie ist in allen gesellschaftlichen Feldern eine dringende Notwendigkeit und leider nach wie vor nicht verwirklicht. Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene konnten einige Erfolge erzielt werden – aber gerade in Bayern ist es umso wichtiger, dass wir Sozialdemokrat:innen uns dafür einsetzen, die durch die Pandemie verstärkten traditionellen Rollenbilder zu überwinden.

Dafür fordern wir

– gleichen Lohn für gleiche Arbeit und eine stärkere Wertschätzung typisch weiblicher Berufsbilder

– gleiche Karrierechancen

– Vereinbarkeit von Familie und Beruf

– Bekämpfung von Gewalt an Frauen

– Geschlechtergerechte Haushalte und Planungen

– frauengerechte Gesundheitsforschung

– Parität in den Parlamenten

– die Überwindung von Altersarmut


Wir brauchen gleichen Lohn für gleiche Arbeit und gleiche Karrierechancen für Frauen. In der Arbeitswelt werden Frauen bei Gehalt und Karriere benachteiligt. Frauen verdienen in Bayern etwa 22 Prozent weniger als Männer. Ihr Anteil im Niedriglohnsektor und in Minijobs ist überproportional, sie arbeiten in schlechter bezahlten Branchen. Dies wollen wir ändern, wertvolle Arbeit wie Pflege und Erziehung besser bezahlen und die Lohnlücke schließen. Die auf Bundesebene beschlossenen 12 Euro Mindestlohn sind hier ein erster Schritt, gleiches gilt für die Quote in Führungspositionen.

Die Anhebung der Verdienstgrenze bei Minijobs sehen wir dagegen sehr kritisch und teilen die Befürchtung, dass vor allem Frauen verstärkt in die Teilzeitfalle geraten und keine Sozialversicherungsansprüche erwerben. Arbeitgeber sind hier in die Verantwortung zu nehmen, sie übernehmen in Zukunft die gesamten Sozialversicherungsbeiträge, auch um der Altersarmut bei Frauen vorzubeugen. Minijobs stellen wir insgesamt auf den Prüfstand. Gleichzeitig setzt sich die BayernSPD dafür ein, das Ehegattensplitting gänzlich abzulösen, hier werden ein überkommenes Rollenbild und eine Verdienerstruktur gefördert, die meist Frauen in materielle Abhängigkeit oder Altersarmut führen. Wir wollen weg vom ehezentrierten Familienbegriff und bei der steuerlichen Unterstützung andere Merkmale in den Fokus rücken, beispielsweise die Versorgung von Kindern. Wir fordern eine Reform des aktuellen Scheidungsrechts: Männer müssen im Scheidungsfall bei einer ungleichen Verteilung von Care- und Erwerbsarbeit das Armutsrisiko stärker mittragen.

Der Öffentliche Dienst hat Vorbildfunktion: Wir werden Führungspositionen, Vorstände und Aufsichtsräte der landeseigenen Betriebe paritätisch besetzen. Eine Novellierung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes wie sie er DGB Bayern fordert ist überfällig.

Für die Kommunen werden wir dies ebenfalls soweit möglich auf den Weg bringen.

An den Hochschulen streben wir einen Frauenanteil von 50 Prozent der Professuren an. Mit einer Verankerung von Zielquoten bei Promotionen und Habilitationen werden wir den Frauenanteil in diesem Bereich deutlich erhöhen. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz muss novelliert werden und gerade die Lebensrealität von Frauen besser abbilden.

In Schule und Hochschule wollen wir Frauen für den MINT-Bereich gewinnen. Der Dritte Gleichstellungsbericht der Bundesregierung macht auch deutlich, dass wir im Bereich der Digitalisierung Gleichstellung dringend verbessern müssen. Der Digital Gender Gap muss aufgelöst werden, Frauen sollen in der Digitalisierung verstärkt Fuß fassen und die Möglichkeiten der Digitalisierung mehr nutzen.

Für Familie braucht man Zeit – Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist überfällig. Eine gleichere Verteilung von Erwerbsarbeit und Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern sorgt hier für Gerechtigkeit. Denn: Meist übernehmen Frauen die Familienfürsorgeaufgaben und treten dafür entweder im Job kürzer und/oder nehmen in Kauf, auf eigene Erholungszeiten zu verzichten. Gerade in Zeiten der Pandemie haben wir gesehen, dass sich alte Rollenbilder wieder festigen: Meist waren es die Frauen, die noch mehr unbezahlte Sorgearbeit (Betreuung, Beschulung) übernommen haben und ihre Arbeitszeit reduziert haben. Es wurde deutlich, was wir schon lange fordern: Die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie bildet die Grundvoraussetzung für gleiche Teilhabe. Um die Familienfürsorge partnerschaftlich zu teilen, fordern wir 30 Stunden Regelarbeitszeit und flexiblere Arbeitszeitmodelle. Das ermöglicht Vätern und Müttern gemeinsam, ihre Kinder zu erziehen, den Haushalt zu managen oder Angehörige zu pflegen und gleichzeitig den Anschluss im Beruf zu halten und sich weiterzuentwickeln. Homeoffice, flexible Arbeitszeitmodelle und Führungspositionen in Teilzeit müssen in den Betrieben und Unternehmen und auch im Öffentlichen Dienst zur Regel werden. Die von der Bundesregierung zugesicherten bezahlte Freistellung der Partner um die Geburt und die Modernisierung des Familienrechts sind ein erster Schritt zu echter Gleichstellung. Gleichzeitig werden wir auf Bundesebene darauf hinwirken, dass die Elternzeit weiter erhöht wird, wenn sie hälftig geteilt wird.

Frauen sind überproportional von Altersarmut betroffen. Die Bayern SPD unterstützt auf Bundesebene die Umsetzung der Forderungen des DGB zur Verbesserung der Rentensituation von Frauen. Neben einer Verbesserung der Einkommenschancen von Frauen fordern wir weiterhin:

  • Eine Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung und die dauerhafte Stabilisierung des derzeitigen Rentenniveaus
  • Eine angemessene Berücksichtigung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten in der Rentenversicherung
  • Schaffung flexibler Übergänge, die auch unterbrochene Erwerbsbiographien berücksichtigen

Gesellschaftlich verankerten Sexismus wollen wir aufbrechen und durch landesweite Aktionen die Auseinandersetzung mit Sexismus, wie er wirkt und zu was er führen kann, anregen, um ihn Schritt für Schritt überwinden zu können. Der öffentliche Raum soll frei sein von sexistischer Werbung. Wir fördern Öffentlichkeitskampagnen gegen Sexismus.

Wir bekämpfen Gewalt gegen Frauen und Mädchen in jeglicher Form. Wir setzen uns auch künftig dafür ein, dass Frauen, die in Not geraten sind, Hilfe finden. Jede dritte Frau in Bayern wird in ihrem Leben mindestens einmal Opfer sexualisierter Gewalt.
Wir fordern hier den Rechtsanspruch auf bedarfsgerechte Hilfe. Es braucht mehr Frauenhäuser: Wir fordern pro Landkreis mindestens ein Frauenhaus und ausreichend Plätze für Frauen mit Kindern. Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen brauchen dafür mehr Personal und eine verlässliche Finanzierung. Die bundesweiten Schritte in diese Richtung begrüßen wir, jetzt muss das Land die Kommunen entsprechend unterstützen.

Jede Polizeiinspektion soll mindestens eine Sachbearbeiter*in für häusliche Gewalt haben, es braucht eine

Aufstockung der Beauftragten der Polizei für Kriminalitätsopfer in den Polizeipräsidien (vormals Beauftragte für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder), damit mehr Ressourcen für die Opferberatung von Polizeiseite zur Verfügung steht.

Im Schulunterricht werden wir junge Menschen früh über Gender und häusliche/sexualisierte Gewalt aufklären und eine Kampagne „Nein heißt Nein“ etablieren.

Darüber hinaus wollen wir ein flächendeckendes Netz von ambulanten Beratungsstellen, Frauennotrufen und Fachzentren für Frauen nach sexualisierter Gewalterfahrung. Ebenso braucht es landesweit ein Netz von anonymen und kostenfreien Notschlafplätze für Mädchen und junge Frauen. Die Polizei soll landesweit geschult werden um Anzeigen von Gewalttaten sensibel und rücksichtsvoll aufzunehmen und zu bearbeiten. Für Jurist:innen fordern wir eine verpflichtende Weiterbildungen zu Opferschutz, Traumatisierung, Istanbulkonvention und Veränderungen im Sexualstrafrecht.

Wir setzen uns dafür ein, dass jede Frau frei über einen etwaigen Schwangerschaftsabbruch entscheiden kann. Dass §219a endlich gestrichen wird, also Informationen, die Ärzt:innen zum Schwangerschaftsabbruch bereit stellen nicht mehr strafbar sind, ist überfällig. Ebenso muss auch Schwangerschaftsabbruch straffrei werden. Seit 150 Jahren wird diese Erfahrung im Leben vieler Menschen, werden vor allem Frauen, kriminalisiert. Das halten wir für falsch – solange Frauen nicht selbst über ihren Körper entscheiden, ist echte Gleichstellung nicht erreicht. Die Kliniken im Einflussbereich des Freistaats und der Kommunen sollen Ärztinnen und Ärzte in der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen schulen und Schwangerschaftsabbrüche anbieten. Langfristig setzen wir uns dafür ein, dass diese Eingriffe auch kostenfrei sind.

Die geschlechtergerechte Gestaltung von öffentlichen Haushalten (Gender Budgeting) und öffentlichem Raum (Gender Planning) dient der Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen, deshalb werden wir dies in allen Planungen Schritt für Schritt umsetzen. Als Einstieg für eine systematische Umsetzung werden wir umgehend Pilotprojekte in verschiedenen Ministerien realisieren. Im Anschluss werden wir schrittweise in allen Bereichen der Landesverwaltung eine geschlechtergerechte Haushaltsplanung und -steuerung verwirklichen. Wir machen die Gleichstellung zur Chef:innensache und ziehen die Leitstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern in die Staatskanzlei, wo sie das Handeln der Staatsregierung begleitet und berät. Wir werden uns dafür einsetzen, das europäische Ziel – Gender Budgeting auf allen Ebenen – umzusetzen. Gleichzeitig werden wir darauf hinwirken, dass auch bei Neuplanungen von Siedlungen oder Verkehren die Bedürfnisse von weiblicher Mobilität (kürzere, dafür mehr Wege) mitgeplant werden: Durch kürzere Alltagswege zur Nahversorgung und Schulen, Ärzte und Pflegeeinrichtung, die gut zu Fuß, mit dem Rad oder mit Öffentlichem Verkehr zurückgelegt werden können.

Wir setzen uns für eine frauengerechte Gesundheitspolitik ein, denn bei Frauen weisen Krankheiten häufig andere Symptome auf als bei Männern. Dies bedeutet, dass sie in der Prävention und in der Therapie unterschiedliche Angebote brauchen. Frauenkrankheiten, bzw. die geschlechtsspezifischen Symptome verschiedener Erkrankungen, sind weiterhin schlechter erforscht sind als die von Männern.

Wir wollen echt unterstützende Geburtshilfe, in der die Frau im Zentrum steht. Dazu statten wir die Geburtsmedizin mit ausreichend Personal aus und setzen uns für die Verbesserungen von Arbeitsbedingungen von Hebammen und geburtsbegleitendem medizinischen Personal ein. U.a. wollen wir eine Anpassung der Bayerische Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger. Rund 30% aller Geburten finden per Kaiserschnitt statt. Das ist für viele Frauen ihre gewünschte Art zu gebären. Für die, die Geburt anders gestalten wollen, können beispielsweise bereits heute vorhandene Ressourcen freigesetzt werden, wenn Hebammen nicht im OP dabei sein müssen, sondern sich auf die vaginalen Entbindungen konzentrieren können. Viele Frauen gehen u.a. aufgrund der Personalknappheit und der schlechten Versorgungslage auf den Geburtsstationen traumatisiert aus dem aktuellen Geburtshilfesystem heraus. Das muss ein Ende haben.

Die paritätische Wählbarkeit von Frauen ist die Voraussetzung für die gerechte Vertretung und
Durchsetzung von politischen Belangen, deswegen brauchen wir gleichberechtigte Parlamente für gleichberechtigte Gesetzgebung und gleichberechtigte Gesellschaft. Dafür werden wir Parität im Wahlrecht verankern. Alle sozialdemokratischen Listen werden wie üblich alternierend mit Frauen und Männern besetzt bis nur noch Kandidat:innen eines Geschlechts vorhanden sind.

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