V2 Die Verkehrswende in Niederbayern verwirklichen

Status:
Nicht abgestimmt

Unter dem Titel Sozial Verkehrswende: Klimafreundliche Mobilität – bezahlbar und für Alle hat die Bayern-SPD am 12.09.2020 eine Grundsatzposition beschlossen. Der SPD Bezirksverband Niederbayern unterstützt diese Grundsatzposition und macht das Thema ÖPNV zu einem Schwerpunkt für die künftige politische Arbeit. Damit die Verkehrswende in Niederbayern erfolgreich sein kann, müssen folgende ergänzende Forderungen verwirklicht werden:

  1. Mindestdichte des Haltestellennetzes

Die Mobilitätsgarantie für ganz Bayern muss durch eine Aussage zum Netz der Haltestellen ergänzt werden. Die nächstgelegene Haltestelle soll im Bereich von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen mit einer Wegstrecke von nicht mehr als 1000 m erreicht werden.

In Städten und Verdichtungsräumen muss die Haltestellendichte deutlich enger

sein. Weitere Haltestellen sind, insbesondere für Freizeitnutzungen, nach Bedarf

und unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf Natur und Umwelt einzurichten.

  1. Umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Planung der Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs

Die Bürger müssen aktiv in die Planung der Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs einbezogen werden. Insbesondere sind folgende Gruppen in die Entscheidungsfindungen einzubeziehen:

  • BenutzerInnen des ÖPNV; für Kinder und Jugendliche, Ältere und in der Mobilität eingeschränkte BenutzerInnen sind jeweils geeignete Beteiligungsformen anzubieten
  • Verbände der Zivilgesellschaft wie Umweltverbände, Verband der Verkehrsunternehmen (VDV), Gewerkschaften, Handwerkskammern und IHK, Sozialverbände usw.
  • Beschäftigte bei den öffentlich-rechtlich organisierten Verkehrsverbünden oder beauftragten Firmen
  1. Verkehrsverbund Niederbayern und Oberpfalz

Die Organisation des ÖPNV soll in flächendeckenden regionalen Verkehrsverbünden erfolgen. Für Niederbayern wäre ein Verkehrsverbund Ostbayern gemeinsam mit der Oberpfalz zielführend bzw. ein Verkehrsverbund, der ganz Bayern mit einbezieht. Träger der Verkehrsverbünde soll der Freistaat Bayern sein. Die Organisation, Gestaltung und Planung des ÖPNV sind einvernehmlich mit den Kommunen und Landkreisen zu gestalten.

  1. Finanzierungs-, Planungs- und Organisationsverantwortung des Freistaates Bayern

Der Freistaat Bayern ist für die Finanzierung und die Gesamtorganisation des

ÖPNV zuständig.

In Grenzgebieten zu anderen Bundesländern stellt der Freistaat Bayern in Abstimmung mit dem anderen Bundesland sicher, dass diese Rahmenbedingungen auch im Grenzbereich entsprechend sichergestellt werden.

Sinngemäß ist dies auch in den Grenzbereichen zu anderen Staaten umzusetzen.

  1. Die Finanzierung dauerhaft sichern

Die Finanzierung des Investitionsbedarfs für den ÖPNV kann durch Umwidmung z. B. von Mitteln des Straßenbaus erfolgen.

Die Finanzierung des Betriebes des ÖPNV soll durch Steuern und freiwerdende Mittel

durch den Abbau von klimaschädlichen Subventionen erfolgen, wie etwa:

  • Dienstwagenprivileg
  • Pendlerpauschale
  • Subventionen von Treibstoffen

Die Finanzierung eines bedarfsdeckenden ÖPNV darf nicht von der konjunkturbedingten Finanzsituation des Freistaates Bayern abhängig sein. Eine Möglichkeit einer konjunkturunabhängigen Finanzierung ist eine allgemeine Nahverkehrsabgabe oder Nahverkehrssteuer. Eigentümer von bebauten Grundstücken (Wohngebäude, Gewerbeimmobilen, Geschäfte usw.) könnten zusätzlich als Nutznießer des ÖPNV in die Finanzierung mit einbezogen werden.

  1. Beschäftigte beim ÖPNV

Der ÖPNV ist von qualifiziertem und motiviertem Personal abhängig. Es ist deshalb

von entscheidender Bedeutung das gute Arbeitsbedingungen geschaffen werden.

Die Arbeitsbedingungen sind entsprechend dem DGB Index „Gute Arbeit“ zu bewerten.

Grundsätzlich soll der ÖPNV in der Verantwortung des Freistaates Bayern bzw. der öffentlich-rechtlichen Verkehrsverbünde durchgeführt oder organisiert werden. Eine Vergabe von ÖPNV-Leistungen ist dann möglich, wenn die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten mindestens dem Standard in den Verkehrsverbünden entsprechen und die betriebliche Mitbestimmung gesichert ist.

  1. Rechtliche Rahmenbedingungen anpassen

Der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs muss durch flankierende rechtliche Rahmenbedingungen unterstützt werden. Beispiele hierfür sind:

  • Verkehrliche Anbindung durch den ÖPNV als Erschließungsvoraussetzung in die baurechtliche Prüfung mit aufnehmen
  • Verkehrliche Anbindung durch den ÖPNV als Voraussetzung für die Ausweisung von Baugebieten
  • Abschaffung der Stellplatzverordnung
  • Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für die Erhebung von Maut für durch den Individualverkehr belastete Bereiche
  1. Breites Bündnis für den ÖPNV

Einen leistungsfähigen und flächendeckenden ÖPNV können wir nur dann erreichen, wenn wir unsere Forderung in einem breiten gesellschaftlichen Bündnis präsentieren. Der SPD-Bezirk Niederbayern wird deshalb Gespräche mit allen relevanten gesellschaftlichen demokratischen Gruppen zur Gründung eines entsprechenden Bündnisses aufnehmen.

Begründung:

Der ÖPNV soll mithelfen, für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu sorgen. Er hat als Aufgabe der Daseinsvorsorge die örtliche Mobilität sicherzustellen, die erforderlich ist, um die Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen am öffentlichen Leben zu ermöglichen.

Insbesondere ist die Mobilität im Nahbereich für folgende Aufgaben sicherzustellen:

  • Private Versorgung mit Waren und Gütern
  • Erwerbsmöglichkeiten
  • Gesundheitliche Versorgung
  • Erreichbarkeit von Verwaltungseinrichtungen
  • Kulturelle und gesellschaftliche Ereignisse
  • Freizeit und Erholung
  • Bildung

Ohne einen funktionierenden und bedarfsgerechten ÖPNV sind alle Bevölkerungsgruppen ohne Zugriff auf ein Auto von wichtigen gesellschaftlichen Möglichkeiten ausgeschlossen. Der motorisierte Individualverkehr fördert damit nicht die Mobilität, sondern gefährdet im Gegenteil den Zugang zu wichtigen gesellschaftlichen Leistungen für große Bevölkerungsgruppen. Dieser Effekt verstärkt sich durch die hohen Energiekosten. Die aus Klimaschutzgründen erforderlichen Kostensteigerungen für Energie sind nur dann sozial und gerecht, wenn entsprechende Angebote des ÖPNV für eine ausreichende Mobilität sorgen.

Nach dem Bundesklimaschutzgesetz muss der Verkehrssektor die Jahresemissionsmenge in Millionen Tonnen CO2-Äquivalent von 139 Millionen Tonnen 2022 auf 85 Millionen Tonnen 2030 senken. 2021 wurde trotz Corona die zulässige Jahresemissionsmenge mit 148 Millionen Tonnen um 3 Millionen Tonnen überschritten. Ohne ein entschlossenes Umsteuern werden die Klimaschutzziele beim Verkehr nicht zu erreichen sein. Auch deshalb ist eine Stärkung des ÖPNV alternativlos.

Mindestdichte des Haltestellennetzes

Ein zentraler Punkt für einen funktionierenden ÖPNV ist ein dichtes Netz an Zu- und Ausstiegsstellen. Wenn zur Benutzung des ÖPNV ein privates Kraftfahrzeug benutzt werden muss (z.B. zur Fahrt zum Bahnhof), werden viele Umstiege auf den ÖPNV nicht erfolgen. Weiter werden gesellschaftliche Gruppen ohne Auto von einer eigenständigen Mobilität ausgeschlossen.

Umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Planung der Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs

Die Einbeziehung der potenziellen Nutzer sowie der Interessensgruppen in Planungen und Umsetzung ist ein Erfolgsrezept für einen zukunftsfähigen ÖPNV. Nur auf diesem Weg können die notwendigen Informationen zum Bedarf und zur Qualitätsverbesserung gewonnen werden.

Verkehrsverbund Niederbayern und Oberpfalz

In der beratenden Äußerung zum Weiterentwicklung der staatlichen Finanzierung vom November 2017 hat der Oberste Bayer. Rechnungshof auch Aussagen zu der Bedeutung und Anzahl der Verkehrsverbünde in Bayern gemacht. Verkehrsverbünde haben nach Ansicht des Obersten Bayer. Rechnungshofes eine hohe Bedeutung insbesondere bei der Verbesserung der Schnittstellen Stadt – Umland. Es wird vorgeschlagen, dass das Ziel einer kompletten Abdeckung des Staatsgebietes mit Verkehrsverbünden zeitnah umgesetzt werden soll. Für Bayern solle eine Zahl von 5 Verkehrsverbünden angestrebt werden. Damit ist ein Verkehrsverbund Ostbayern für die Regierungsbezirke Oberpfalz und Niederbayern zielführend.

Finanzierungs-, Planungs- und Organisationsverantwortung des Freistaates Bayern

Eines der Hauptprobleme bei der Weiterentwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs ist die Zersplitterung der Verantwortlichkeiten auf verschieden Träger wie Landkreise oder den Freistaat Bayern. Die Finanzierungs-, Planungs- und Organisationsverantwortung muss sich in einer Hand befinden. Um für ganz Bayern einen vernünftigen ÖPNV zu erreichen, muss der Freistaat Bayern diese Aufgaben übernehmen. Durch eine weitgehende Einbindung der Bevölkerung sowie von gesellschaftlichen Gruppen und eine zwingende Abstimmung mit den betroffenen Kommunen werden die örtlichen Interessen gewahrt.

Die Finanzierung dauerhaft sichern

Die derzeitige Finanzierung des ÖPNV ist unübersichtlich und nicht nachhaltig. Es müssen neue Modelle wie etwa eine Nahverkehrsabgabe usw. diskutiert werden. Weiter ist der Abbau von umweltschädlichen und sozial ungerechten Subventionen möglich.

Beschäftigte beim ÖPNV

Gute Arbeitsbedingungen und Löhne sind für die Personalgewinnung und -haltung Grundvoraussetzung. Nur durch qualifizierte und engagiertes Personal kann der ÖPNV für die Zukunft ausgebaut und gesichert werden.

Rechtliche Rahmenbedingungen anpassen

Der ÖPNV muss in allen Entscheidungen vorrangig betrachtet werden. Die Stellplatzverordnung soll als generelle Verpflichtung abgeschafft werden. Gesetzliche Regelungen sollen den Kommunen weitere Möglichkeiten zur Verkehrsregelung und zur Mauterhebung schaffen.

Breites Bündnis für den ÖPNV

Bereits die derzeitigen Diskussionen zur Nachfolgelösung des 9-Euro-Tickets zeigen auf, dass Veränderungen in der Verkehrspolitik nur über breite Bündnisse möglich sind. Die SPD muss deshalb vorrangig Verbündete finden und gemeinsame Handlungsstrategien umsetzen.

 

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