5 Datensparsamkeit und gute Finanzierung aufgrund der richtigen Kennzahlen Förderung von Startups durch Beseitigung unnötiger Finanzierungshemmnisse

Die Bayern SPD wird aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass ihre Mandatsträger:innen, die Aufsichtsrats-Ämter in Sparkassen oder Volksbanken aufgrund ihrer politischen Funktionen begleiten, bei der Vergabe von privaten Krediten an Selbstständige die Datensparsamkeit gewahrt bleibt.

Sie sollen außerdem darauf hinwirken, dass bei der Finanzierung der Unternehmen von Gründer:innen und KMU die abgefragten Kennzahlen eine nachhaltiges, resilientes Unternehmenswachstum zum Inhalt haben. Mandatsträger:innen über die Partei sollen in ihren Ämtern darauf hinwirken, dass die soziale und umweltverträgliche Modernisierung der Wirtschaft auch im Hinblick auf regionale faire Finanzierung gelingen kann.

SPD Funktions-Aufsichtsratsmitglieder von Sparkassen und Volksbanken in Bayern sollen bei ihrer Aufsichtstätigkeit auf Folgendes achten: Die Sparkassen und Volksbanken müssen einen konkreten Plan erarbeiten, wie die Maßnahmen umgesetzt werden können, die zur Einhaltung des EU AI Act der Vermeidung von Diskriminierung bei der Unternehmenskreditvergabe dienen: Dazu muss in den Institutionen ein tiefes Verständnis des regulatorischen Rahmens entwickelt werden. Robuste Kontrollmechanismen sollten implementiert werden und Transparenz in KI-gestützten Entscheidungsprozessen gefördert werden. Es ist hier erforderlich, menschliche Überprüfung bei kritischen Entscheidungen sicherzustellen. Diversität in Entscheidungsgremien ist zu fördern und kontinuierliche Verbesserungsprozesse zu etablieren. Durch das Nachhalten der konsequenten Umsetzung dieser Maßnahmen müssen Aufsichtsratsmitglieder gewährleisten, dass ihre Bank im Einklang mit dem EU AI Act handelt und jegliche Form der Diskriminierung bei der Kreditvergabe effektiv verhindert wird.

Die SPD Bayern wird aufgefordert, die entsprechenden Mandatsträger:innen zu vernetzen, damit diese wichtige Aufgabe gelingen kann.

Begründung:

Selbstständige und neu gegründete KMU stehen bei der Finanzierung von Immobilien oder Darlehen oft vor erheblichen Herausforderungen. In diesem Fall wird von Banken auch keine Unterscheidung getroffen, ob es sich um einen privaten oder Unternehmenskredit handelt. Hier fordern Kreditinstitute meistens umfangreiche persönliche und geschäftliche Daten, um die Kreditwürdigkeit zu beurteilen.[i] Dies kann Informationen zu Einkommen, Vermögen, detaillierteste Geschäftszahlen und sogar private Details umfassen. Zum Teil werden Daten gefordert, die Geschäftsgeheimnisse beinhalten wie Aufstellung aller Lieferanten mit Umsätzen sowie der einzelnen Kunden. Die meisten Zahlen beziehen sich auf die Vergangenheit und bieten in dieser schnelllebigen Zeit eine nur schwache Aussage dazu, ob der Kredit die nächsten Jahre bedient werden kann. Besonders unsinnig erscheint dies bei privaten Kreditanfragen.

Diese extensive Datenerhebung steht klar im Widerspruch zum Grundsatz der Datensparsamkeit, der in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verankert ist. Das Prinzip der Datenminimierung besagt, dass nur die für den Zweck unbedingt erforderlichen Daten erhoben und verarbeitet werden dürfen.

Die Praxis vieler Finanzinstitute, mehr Informationen als nötig zu verlangen, kollidiert somit mit diesem datenschutzrechtlichen Gebot. Dies stellt Antragsteller vor das Dilemma, entweder sensible Daten preiszugeben oder möglicherweise keine Finanzierung zu erhalten, was besonders für Selbstständige und junge Unternehmen problematisch sein kann. Zudem erzeugt diese umfangreiche und oft unstrukturierte Abfrage erhebliche Kosten bei den Gründer:innen, falls die Finanzbuchhaltung durch eine Steuerkanzlei bereitgestellt wird. Von den sog. „Planabbrechern“ gibt fast die Hälfte Finanzierungsschwierigkeiten für die Aufgabe des Vorhabens an.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass bei der Finanzierung oft nicht auf die spezielle Situation von Startups eingegangen wird. Es werden Kennzahlen für die Finanzierungsentscheidung zugrunde gelegt, die ein gesundes Wachstum der Gründung behindern. Die Problematik der unpassenden Kennzahlen bei der Finanzierung von Startups durch Banken ist ein bekanntes Phänomen in der Gründerszene. Traditionelle Finanzinstitute orientieren sich oft an konventionellen Metriken wie jährlich steigenden Gewinnen und wachsendem Eigenkapital, die für etablierte Unternehmen konzipiert sind. Diese Herangehensweise verkennt jedoch die spezifische Situation von Startups, insbesondere in den ersten Jahren ihrer Existenz. Startups investieren häufig erheblich in Wachstum und Markterschließung, was kurzfristig zu höheren Kosten und geringeren oder negativen Gewinnen führt.

Diese Investitionen, oft als Betriebsausgaben verbucht und im selben Jahr abgeschrieben, können langfristig einen erheblichen Mehrwert für das Unternehmen darstellen, der sich in klassischen Kennzahlen nicht unmittelbar widerspiegelt.

Besonders bei Startups im nachhaltigen oder sozialen Sektor ist eine reine Gewinnorientierung als Bewertungsmaßstab unzureichend und kann sogar kontraproduktiv sein. Stattdessen sollten alternative Kennzahlen herangezogen werden, die ein umfassenderes Bild der Unternehmensleistung und des Potenzials zeichnen. Laut einer Studie des European Startup Monitor sind für innovative Unternehmen Metriken wie Kundenzuwachsrate, Marktanteil, Nutzerbindung (Retention Rate) und Kapitaleffizienz aussagekräftiger.

In einer disruptiven Welt sagen Zahlen, die sich auf die Zukunft beziehen deutlich mehr über den zukünftigen Erfolg aus als auf der Vergangenheit beruhende Kennzahlen. Um dies in einem Bild zu verdeutlichen: Es ist, als führe man mit einer Blinden Frontscheibe und nur mit einem Rückspiegel versehen mit hoher Geschwindigkeit auf einer Autobahn. Die Prognose ob und wann man am Ziel ankommt, würde ausschließlich aus dem bereits zurück gelegten Weg hergeleitet, ohne vorausliegende Staus oder Streckensperrungen zu berücksichtigen.

Für Impact-Startups empfiehlt das Global Impact Investing Network (GIIN) z. B. zusätzlich die Berücksichtigung von Impact-Kennzahlen wie CO2-Einsparungen oder geschaffene Arbeitsplätze. Diese alternativen Metriken ermöglichen eine differenziertere Beurteilung der Geschäftsentwicklung und des langfristigen Potenzials von Startups, jenseits kurzfristiger Gewinnzahlen.

Aus Sicht der SPD sehen wir gerade auch bei der Finanzierung von KMUs in Bayern am Gemeinwohl orientierte Institute als wichtige Geschäftspartner der Gründer*innen. Sparkassen und Volksbanken haben einen gesetzlich verankerten öffentlichen Auftrag, der sie verpflichtet, die lokale Wirtschaft und Bevölkerung in ihrem Geschäftsgebiet zu fördern. Ihr Ziel ist es, eine flächendeckende Versorgung mit Finanzdienstleistungen sicherzustellen und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sowie Privatpersonen mit Krediten zu versorgen. Sie sollen den Sparsinn und die Vermögensbildung in der Bevölkerung fördern und zur Stärkung des Wettbewerbs im Kreditgewerbe beitragen. Eine lebendige nachhaltig orientierte, faire Startup Kultur vor Ort ist hierbei ein wichtiger Ansatzpunkt, um einzelne Regionen langfristig attraktiv zu halten.

Anders als private Banken und Risiko-Kapitalgeber sollten sie nicht primär auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sein, sondern auf die Förderung des Gemeinwohls in ihrer Region. Oft manifestiert sich dies in der Unterstützung lokaler sozialer und kultureller Projekte durch Spenden und Sponsoring. Aber durch ihre lokale Verwurzelung und Kenntnis der regionalen Wirtschaftsstruktur könnten sie eine wichtige Rolle bei der Finanzierung des Mittelstands und der Sicherung einer ausgewogenen räumlichen Wirtschaftsstruktur spielen. Es ist daher besonders wichtig, dass Volksbanken und Sparkassen bei der Finanzierung der lokalen Wirtschaft stärker auf die o. g. Problematik eingehen und auf entsprechende Impact-Kennzahlen und auf die Zukunft orientierte Kennzahlen bei der Finanzierungsentscheidung zu nutzen. Auch sollten sie den Zugang zu Finanzierung für Startups nicht unnötig erschweren. Damit können sie dem Auftrag, das Gemeinwohl in der Region langfristig zu fördern, deutlich besser erfüllen.

Eine wichtige Funktion haben hier Aufsichtsräte. Sparkassen sind meist in kommunaler Trägerschaft. Dadurch haben lokale Politiker:innen, die auch der SPD angehören, einen direkten Einfluss auf die Besetzung von Aufsichtsratspositionen. Mittlerweile kommt es auch immer häufiger vor, dass auch die AfD in solche Ämter gelangt.[ii] Die SPD sollte hier vorher das Thema professionell aufgreifen, bevor es die Feinde der Demokratie tun. Es ist also umso dringlicher, vor Ort den positiven Einfluss der bestehenden Mandatsträger zu nutzen und im Sinne nachhaltiger sozialdemokratischer Werte auf die lokale Wirtschaftsstruktur einzuwirken.

[i] https://www.datenschutz.org/datenschutz-kreditvergabe/

[ii]https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/afd-koennte-ueber-politische-aemter-in-sparkassen-gremien-gelangen,U6pu68q

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