B15 Bildungspolitisches Grundsatzprogramm

01 Frühkindliche Bildung

  1. Frühkindliche Bildung wird kostenfrei sein.
  2. Bedarfsgerechte Öffnungszeiten sind Bestandteil in der flexiblen Arbeitswelt.
  3. Mit einer Fachkräfteoffensive, einer wertschätzenden Vergütung, die den Qualitätsanforderungen entspricht, wird die Qualität der pädagogischen Arbeit durch Fachpersonal sichergestellt.

 

Einführung. Bereits die ersten Lebensjahre entscheiden darüber, ob ein Kind später seine individuellen Potenziale entfalten kann oder nicht. Kleinkinder profitieren nachweislich umso stärker von Bildung, je mehr die Eltern als wichtigste Erziehungspersonen daran teilhaben und die Kinder fördern. Wir wollen die Erziehungs- und Bildungsplanung in Bayern ohne Brüche gestalten. Die frühkindlichen Einrichtungen gehören ebenso zu einer nachhaltigen Bildungsplanung wie Schulen und Einrichtungen der Erwachsenen- und Weiterbildung. Menschen lernen in allen Altersstufen und an allen Lebensorten, wobei dem frühkindlichen Bereich und der Unterstufe eine besondere Bedeutung zukommt. Zum ersten März 2016 lag die Betreuungsquote für Kinder unter drei Jahren in Bayern bei 27,2%. Bundesländer wie Brandenburg (57,2%) oder Sachsen-Anhalt (57%) und zahlreiche Bedarfserhebungen in Bayern zeigen, dass der Bedarf an Betreuungseinrichtungen weit über den in Bayern zur Verfügung stehenden Kapazitäten liegt.

Die SPD steht, wie keine andere Partei, für ein soziales und gerechtes Europa. Dabei wollen wir unser gemeinsames europäisches Haus stärken und durch (bildungspolitische) Impulse aktiv weiterentwickeln und gestalten. Gemeinsam mit unseren sozialdemokratischen Schwesterparteien im Europäischen Parlament wollen wir deshalb die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen der frühkindlichen Bildung europaweit, mindestens durch Ratifizierung der ILO-Leitlinien „zur Förderung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen für frühkindliches Bildungspersonal“, verbessern und wissenschaftlich fundierte Qualitätsbausteine sichern. Damit soll nicht nur das Angebot an frühkindlichen Bildungseinrichtungen ausgebaut und sichergestellt werden, so dass alle Kinder Zugang dazu haben, sondern auch die Professionen gestärkt und die Arbeitnehmer:innen geschützt werden.

01.01 Kompetenzzentren Bildung und Erziehung.

Wir werden ein staatliches, flächendeckendes Programm zum Um- und Ausbau aller vorhandenen Einrichtungen zu „Kompetenzzentren Bildung und Erziehung“ auflegen. Dazu gehören zum Beispiel Beratungsstellen während der Schwangerschaft, Mütterzentren, Kinderkrippen, Kindertageseinrichtungen, Mehrgenerationenhäuser und Grundschulen, die sich in einem gemeinsamen Konzept der individuellen Förderung organisieren. Zu den Aufgaben gehört die Elternschulung und Beratung im Bereich Erziehung, Gesundheit, Ernährung, bis hin zu beschäftigungsfördernden Fortbildungsmaßnahmen durchzuführen. Dazu gehören auch die Gesundheitsaufklärung und -vorsorge, beginnend in der Schwangerschaft, sowie Krisenintervention bei individuellen Problemen. Die Zuständigkeit für die Kompetenzzentren werden wir im Bildungsministerium etablieren. Dabei ist die Qualität von besonderer Bedeutung. Die dazu notwendige Qualifizierung der Erzieher:innen ist umgehend einzuleiten.

Begründung: Sicher sind die überaus meisten Eltern an einem glücklichen und erfolgreichen Lebensweg ihrer Kinder interessiert. Aber bei weitem sind nicht wenige mit der praktischen Gestaltung gerade der wichtigen frühen Jahre zumindest teilweise auch überfordert. Bildungseinrichtungen, die ihre Arbeit allein auf die ihnen anvertrauten Kinder konzentrieren, werden ihn nicht gut erfüllen können. Familien müssen kompetent und wertschätzend eingebunden werden. Echte Bildungspartnerschaft zwischen den Einrichtungen (Krippe/Tagespflege, Kita, Grundschule und Hort) und der Familie stellt die Einrichtungen vor neue Anforderungen, auf die sie derzeit quantitativ und qualitativ nicht ausreichend vorbereitet sind.

 

01.02 Rechtsanspruch.

Wir werden ein flächendeckendes, mit Rechtsanspruch abgesichertes Angebot von Kinderbetreuungsplätzen auch als Bildungseinrichtungen schon für Kleinkinder verwirklichen. Dies bedeutet für uns keine Verschulung des Kindergartens. Wir wollen hier pädagogische Konzepte und das BayKiBiG ständig weiterentwickeln. Schrittweise muss, beginnend mit dem letzten Jahr, der Kindergartenbesuch verpflichtend sein.

Begründung: Das frühkindliche Bildungssystem ist im Umbruch: Im Zuge der Umsetzung des Rechtsanspruchs jedes Kindes auf einen Krippenplatz nach §24 SGB 8 und des rasanten quantitativen Ausbaus der Kindertagesbetreuung im U3 Bereich rückt die Qualitätsentwicklung von guter familienergänzender Erziehung, Bildung und Betreuung in Kita und Krippe jetzt in den Fokus. Kindertagesstätten als anerkannte außerfamiliäre Orte der Bildung, Erziehung und Betreuung brauchen verbindliche Qualitätsstandards und Rahmenbedingungen für alle Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren. Diese müssen inklusionsorientiert in die Grundschule hinein weitergeführt werden. Dies sieht die SPD als eine der zentralen gesamtgesellschaftlichen Aufgaben der nächsten Jahre.

 

01.03 Kostenfreiheit.

Wir werden die Kostenfreiheit aller Angebote, also Kinderkrippen, Kindergärten, etc. durchsetzen und die Finanzierung durch den Freistaat sichern.

 

01.04 Finanzierung.

Damit die Kostenfreiheit erreicht werden kann, müssen die Kommunen, Gemeinden und Landkreise bei ihrem Bemühen verstärkt finanziell von Bund und Land unterstützt werden.

 

01.05 Bedarfsgerechte Öffnungszeiten.

Kindertagesstätten müssen bedarfsgerechte Öffnungszeiten anbieten.

Dafür wird die geförderte Zeit gesetzlich festgeschrieben und von derzeit neun schrittweise auf mindestens 12 Stunden täglich erhöht. Projekte mit bis zu 24 Stunden Betreuung werden wir bedarfsgerecht fördern.

Begründung: Schichtarbeit, Feuerwehr, Polizei, Pflege- und Gesundheitsberufe müssen bedarfsgerecht abgedeckt werden.

 

01.06 Kostenfreies Mittagessen.

In Ganztageseinrichtungen ist das kostenfreie Mittagessen selbstverständlich.

 

01.07 Kostenlose Sprachförderung.

Wir werden gezielte Sprachförderung als Teil von Bildung und gesellschaftlicher Integration für alle Kinder und bei Bedarf auch für Eltern einführen.

Diese Sprachförderung muss kostenlos und bedarfsorientiert für alle Kinder, bei denen die Erzieher:innen Defizite feststellen, sein. Hierfür werden multiprofessionelle Teams (z.B. mit Logopädie) gebildet.

 

 

 

01.08 Tradierte Rollenmuster aufbrechen.

In der frühkindlichen, vorschulischen und schulischen Bildung und Betreuung müssen in den pädagogischen Materialien traditionelle Rollenmuster aufgebrochen werden, damit vielfältige Lebensstile und Kulturen zum Ausdruck gebracht werden können. Die persönliche Entfaltung jenseits von Geschlechterrollen soll im Mittelpunkt stehen.

Begründung 3-8: Kitas sind ein besonders guter Weg, um Kinder aus bildungsbenachteiligten Milieus und mit Migrations-/Transferhintergrund über Spiel- und Bildungsangebote zu fördern und mitzunehmen, Kindeswohl zu gewährleisten, familien-orientierte Armutsprävention und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nach vorne zu bringen. Gemeinsam Lernen und Spielen in der Kita ist Alltag: die SPD unterstützt vorrangig den Ausbau und die Entwicklung der Kitas zu vorbildlichen inklusiven Bildungseinrichtungen. Anzustreben ist eine aktive Bildungspartnerschaft mit Eltern sowie weitere an orientierten Unterstützungs- und Hilfeangeboten und die Kooperation mit multiprofessionellen Teams und Netzwerken am Lernort Kita und in der Region.

 

01.09 Forschung an Hochschulen.

Wir werden an den Hochschulen Professuren für frühkindliche Bildung ausbauen und fördern, mit dem Ziel, weitere Handlungsgrundlagen zu erforschen.

 

01.10 Ausbildung im dualen System.

Wir werden die verschulten Berufe möglichst bald in das duale System mit Ausbildungsvergütung und Schulgeldfreiheit überführen.

Dabei muss der Wechsel zwischen Ausbildungs- und Praktikumsstätte vom wöchentlichen Rhythmus auf größere Zeiträume umgestellt werden, die pädagogisch begründet sind. Die Ausbildungsdauer sollte bundeseinheitlich geregelt werden.

 

01.11 Fachkräfteoffensive mit Unterstützung des Bundes.

Die gestiegenen Anforderungen müssen ihren Niederschlag auch in einer guten, inklusions- und praxisgerechten Ausbildung des Fachpersonals finden. Wir werden dies von der Bundesseite durch eine Fachkräfteoffensive für Erzieher:innen unterstützen.

Ziele müssen dabei u.a. sein:

  • Entlastung der Kita-Leitungen bei den Verwaltungsaufgaben
  • Verbindliche Fortbildungsprogramme für alle in Einrichtungen vorschulischer Bildung Beschäftigten,
  • B. durch Verstetigung und Refinanzierung des Programms Pädagogische Qualitätsbegleitung Bayern (PQB).
  • Freistellung der Kita-Leitungen für die pädagogische Leitungsfunktion.

Begründung: Erzieher:innen sind die „Bildungsexperten der ersten Jahre“. Im Rahmen der Aufwertung der Kita als Bildungsinstitution gilt es, den Erzieher:innen-Beruf als Basis des Bildungssystems neu auszuhandeln und umzugestalten. Ziel ist es, mehr Zufriedenheit der Fachkräfte in ihrem Beruf zu erreichen und mehr Zeit für die Bildung der Kinder zu haben, aber auch Selbstbildungsprozesse zu erleichtern und über vereinheitlichte Standards und Aufgaben Transparenz zu schaffen. Die Bewertung und Bezahlung der Arbeitszeit müssen der anspruchsvollen Tätigkeit angepasst werden. Höhere Abschlüsse, regelmäßige Weiterqualifizierungen, Anforderungen und Tätigkeitsprofile brauchen eine höhere Vergütung.

 

01.12 BAföG-Förderung.

Die sozialpädagogische Ausbildung werden wir umgehend in die Förderung durch das BAföG aufnehmen (z.B. SPS1 und SPS2).

 

01.13 Bezahlung.

Wir werden die erzieherischen Berufe aufwerten und eine bessere Bezahlung durchsetzen.

Dadurch wird die erzieherische Tätigkeit nicht nur materiell, sondern auch gesellschaftlich weiter aufgewertet.

 

01.14 Berechnungsschlüssel.

Notwendig ist eine Fachkraft-Kind-Relation bei gleichzeitig anwesenden Kindern mit altersspezifischen Sollgrößen:

  • 0 bis 1 Jahr = 1:2
  • 1 bis 3 Jahre = 1:3
  • 3 bis 5 Jahre = 1:8
  • ab 6 Jahre = 1:10

Die Gruppenstärke sollte insbesondere bei altersgemischten Gruppen eine Soll-Größe von 15 Kindern nicht überschreiten, davon nicht mehr als fünf Kinder unter drei Jahren.

Wir unterstützen die Forderungen der Bundesverbände von GEW, Verdi und Arbeiterwohlfahrt und werden eine gesetzliche Festschreibung in einem Bundes- Kita-Gesetz und Bundesqualitätsgesetz voranbringen.

Begründung: Die sich verändernden Anforderungen an den Erzieher:innen-Beruf sind in der Aus- und Weiterbildung zu berücksichtigen und als bundeseinheitliche Regelungen in einem Bundesqualitätsgesetz zu verankern. Die SPD fordert im Schulterschluss mit den Gewerkschaften Ver.di und GEW ein bundesweit über das Bundesgesetz einheitlich geregeltes und aufeinander abgestimmtes hochwertiges Ausbildungs- und Weiterbildungssystem für alle Erzieher:innen und Kita-Leitungen. Dies muss einheitliche Regelungen bezüglich bundesweiter Anerkennung und Gleichwertigkeit der Ausbildung über Berufsschulen/duale Ausbildung, Fachakademien, Fachschulen und Studiengänge, der entsprechenden Abschlüsse, Vergütung und Tarife, aber auch eine Vereinheitlichung der Berufsbezeichnung und die Regelung des Kompetenz- und Tätigkeitsprofils der pädagogischen Fachkräfte beinhalten. Die SPD setzt sich für Weiterbildungsangebote auch an Hochschulen oder vergleichbaren Einrichtungen ein. Als zusätzliches Ausbildungsangebot sollen praxisintegrierte bzw. duale Ausbildungsgänge für die Berufe der staatlich anerkannten Erzieher:innen und Sozialassistent:innen gestärkt werden. Diese müssen zum einen die fachlichen Rahmenbedingungen der Ausbildungsstandards der KMK erfüllen und sollen andererseits eine Ausbildungsvergütung auf hohem Niveau des TVÖD beinhalten.

 

01.15 Bundesweites Qualitätsgesetz.

Wir werden ein bundesweites Qualitätsgesetz für frühkindliche Bildung auf den Weg bringen, nachdem sich der Bund an den Gesamtkosten angemessen finanziell beteiligt, mit weiter zu entwickelnden Qualitätszielen (insbesondere Sozialraumorientierung, alltagsintegrierte sprachliche Bildung, Fachkraft-Kind-Relation, Fachberatung und Qualifikation der Fachkräfte), mit wissenschaftlich fundierten Minimalstandards sowie einem Instrumentenkasten, aus dem die Länder ihren vordringlichen Bedarf auswählen können. Das wollen wir mit der Wohlfahrtspflege, mit Elternbeiräten und Wissenschaft sowie mit den Bürger:innen diskutieren.

 

 

 

 

01.16 Sicherung des Bildungsplans.

Eine kontinuierliche Abstimmung der pädagogischen Handlungsoptionen zwischen den Einrichtungen der frühkindlichen Bildung, der Jugendpflege und der Schule stellt sicher, dass der Bildungsplan umgesetzt wird.

 

01.17 Übergreifende ministerielle Arbeitsgruppe.

Die beiden zuständigen Ministerien, das Staatsministerium für Unterricht und Kultus sowie das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, richten eine übergreifende Arbeitsgruppe ein, die sich um ministeriumübergreifende Probleme kümmert, wie sie täglich in der frühkindlichen Bildung auftreten. Unser Ziel ist es, die frühkindliche Bildung mittelfristig im Bildungsministerium anzusiedeln.

Begründung: In der Diskussion um die Einführung eines Bundesqualitätsgesetzes und partiell auch in einem gemeinsamen Kommuniqué der Länder und zuständigen Bundesministerien geht es aktuell um die Festlegung struktureller, von den Trägern umzusetzenden Standards, die pädagogische Qualität erst ermöglichen. Hierzu gehören die Freistellungen von Kita-Leitungen, die Neuberechnung der Fachkräfte-Kind-Relation, die Frage der Altersmischung, die mittelbare pädagogische Arbeitszeit, die Anpassung der auffälligen regionalen und kommunalen Unterschiede in der Bereitstellung und der (zeitlichen) Ausgestaltung der Angebote, das Thema Fachberatung, Finanzierung und Recht sowie die Ausbildung von Fachkräften.

 

01.18 Vielfalt der Träger.

Wir begrüßen die Vielfalt von Trägern frühkindlicher Bildungseinrichtungen, wo sie mit den Zielen vereinbar sind.

 

01.19 Kindertagespflege.

Wir werden die Kindertagespflege konsequent in das Gesamtkonzept einer qualitativ hochwertigen frühkindlichen Bildung und Betreuung einbinden, um Eltern bei Bedarf eine Alternative zu Krippe oder Kita zu bieten und den Rechtsanspruch für unter dreijährige Kinder auch im ländlichen Raum zu realisieren. Wir werden deshalb gemeinsam mit dem Bund bessere Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige Kindertagespflege schaffen. Dazu gehört eine stärkere Vernetzung von Kindertagespflege und Kindertageseinrichtungen sowie die bessere und überregional vergleichbar geregelte Qualifizierung, Fortbildungen und Bezahlung von Tagespflegepersonen.

01.20 Refinanzierung von Zusatzkräften.

Der Einsatz geforderter und gewünschter Zusatzkräfte, sowie von Auszubildenden, wird durch Refinanzierung durch das Land unterstützt.

Begründung: Die inklusive Ausrichtung und Multiprofessionalität in Kita-Teams mit übergreifendem Fachwissen muss Standard in allen Einrichtungen werden. Gemischte Teams aus Fachkräften (Erzieher:innen), Tagespflege, Fach- und Führungskräften und Kolleg:innen aus vielfältigen Berufen einschließlich staatlich anerkannter heilpädagogischer und sozialpädagogischer Fachkräfte und der Tagespflege sind im Personalschlüssel zu berücksichtigen. Bildungspaten (ehrenamtliche Helfer:innen wie z.B. Vorlese- oder Sprachpat:innen), angeleitete Praktikant:innen und Eltern werden als Bildungspartner:innen zu Kooperationspartner:innen des Kita-Teams. Mit Blick auf die Bewältigung des Fachkräftemangels sind Seiteneinsteiger:innen mit didaktischer Vor- und Ausbildung und hoher fachlicher Kompetenz aus anderen Professionen zu berücksichtigen.

 

 

02 Lehrerbildung

 

  1. Um Lehrer:in zu werden werden besondere Fähigkeiten gebraucht, die nicht durch Noten auszudrücken sind. Ein Auswahlverfahren wird angestrebt.
  2. Um das längere gemeinsame Lernen engagiert zu unterstützen ist eine Lehrerbildung erforderlich, die die Potentialentfaltung bei Lernenden lehrt und trainiert.
  3. Studierende müssen integriert sowohl durch theoriegeleitete Ausbildung durch Spezialisten an Universitäten als auch durch praxisgeleitete Ausbildung durch aktive Lehrende auf ihren Beruf vorbereitet werden.

 

Einführung. International kristallisiert sich heraus, dass die Orientierung von Unterricht an Phänomenen und individuellen Lernvoraussetzungen erfolgreicher ist als das gefächerte Belehren in festen Jahrgangsstufen. Will man das Schulsystem in diesem Sinn zu Gemeinschaftsschulen mit entsprechender Pädagogik transformieren, wie es in mehreren europäischen Ländern in den 1970er und 1980er Jahren erfolgt ist, ist die Lehrerbildung eine Schlüsselstelle.

Auch hat sich in anderen Bereichen der universitären Bildung die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine gute Abiturnoten allein (NC!) nicht automatisch z.B. zu guten Ärzt:innen führt. Auch die gänzlich freie Wahl (wie beim Lehramt) führt nicht automatisch zu guten Qualifikanten, aber bei vielen Studiengängen zu hohen Abbrecher:innen- und Wechsler:innen-Quoten.

Man braucht heute kein reines Sammeln von Wissen, sondern kreative Köpfe. Unsere Aufgabe darf nicht mehr lauten: Wie bereiten wir ein Kind auf die Schulform vor? Sie muss lauten: Wie muss Schule funktionieren, damit sie die Kreativität ihrer Lernenden erhält und fördert? Wie muss eine Lehrer:innenbildung aussehen, die Lehrende hervorbringt, die das leisten können?

 

02.01 Auswahlverfahren.

Wir werden in eine multilaterale Diskussion eintreten, wie ein Auswahlverfahren für das Lehramtsstudium aussehen kann. An ausländischen (z.B. finnischen), vielen deutschen und manchen bayerischen Universitäten (z.B. Passau, Bamberg) gibt es umfangreiche und jahrzehntelange Erfahrungen. Was für Sport und Englisch jetzt schon gilt kann für das Lehramt nicht verkehrt sein, da für den Beruf ganz besondere Fähigkeiten benötigt werden, die weder durch Schulfächer noch durch Ziffernnoten des Abiturs ausdrückbar sind.

Begründung: Ein Auswahlverfahren beruht nicht auf Ziffernnoten, die durch Anhäufung von Fachwissen erworben wurden, sondern bringt auch Qualifikationen wie Teamfähigkeit, emotionale Intelligenz, soziale sowie kommunikative Kompetenz in die Bewertung eines Bewerbers ein. So wie ein Einser-Schüler nicht automatisch ein guter Arzt wird ist auch nicht davon auszugehen, dass jeder, der das Abitur hat, das Zeug zur Lehrer:in hat.

 

02.02 Maßnahmen gegen Lehrer:innenmangel.

Durch ein geeignetes Auswahlverfahren und eine geschickte Studienplatzsteuerung (z.B. demographischer Bedarf + 10%) kann Lehrer:innenmangel, wie er zurzeit überall herrscht, sicherer vermieden werden. Dies fordern z.B. GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft), BLLV (Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband) und LEV (Landeselternvereinigung) schon seit vielen Jahren. Zudem könnte man den Effekt nutzen, dass dadurch schon mittelfristig das Ansehen des Lehrberufes so gesteigert wird, dass es einerseits den Leistungen und der Bedeutung für die Gesellschaft entspricht und andererseits die Attraktivität für leistungsfähige Bewerber:innen steigert.

Begründung: In Ländern, in denen es ein Auswahlverfahren gibt, bewerben sich nur die Besten für eine Studienplatz. Schon die Existenz eines Auswahlverfahrens ist geeignet, die Qualität der Bewerber:innen positiv zu beeinflussen. Hilfreich ist allerdings auch ein höheres Ansehen des Lehrer:innenberufs in der Öffentlichkeit.

 

02.03 Gliederung.

Für ein sozial- und menschengerechtes Schulsystem auf Basis der Gemeinschaftsschule werden Lehrende mit breiteren Kompetenzen benötigt. Für einen frühen Primarbereich (z.B. die Jahrgangsstufen 1-3) sind besondere Kompetenzen z.B. in Erstlesen, Schrifterwerb und Umgang mit Zahlen erforderlich. Für einen Sekundarbereich (z.B. die Jahrgangsstufen 4-13) sind zwei Schwerpunktfächer sinnvoll, wobei eines durch sonderpädagogische Kompetenzen ersetzt werden kann. Im Sekundarbereich sind multiprofessionelle Teams selbstverständlich. Weitere Spezialisierungen ergeben sich mit dem Ziel einer beruflichen oder einer sonderpädagogischen Fachrichtung.

Begründung: Die weitere Untergliederung in Sekundarstufe I und II hat gravierende Nachteile. Einerseits ist es das Besoldungssystem, das zu sozialer und ökonomischer Privilegierung von Sek-II-Lehrkräften führt, andererseits das Gymnasium, das durch seinen Selektionsanspruch die Unterprivilegiertheit der anderen Schulformen erzeugt. Gleichzeitig wird es beanspruchen, nur Sekundarstufe-II-Lehrkräfte für sich haben zu wollen. In der Folge wird auch das Ansehen des Lehrberufes an den anderen Schularten gemindert.

 

02.04 Spezielle Studiengänge.

Lehrer:innenbildung findet an Universitäten in speziellen Studiengängen statt. Durch die Einführung von Eignungstests ist die Polyvalenz überflüssig. So kann eine klare Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Lernenden in der angestrebten Stufe stattfinden. Das Lehrer:innenbildungszentrum koordiniert alle Aktivitäten.

Begründung: Polyvalente Studiengänge haben sich nicht bewährt. Zwar gibt es immer wieder Studierende, die aus Lehramtsstudiengängen heraus in reine Fachstudiengänge wechseln; dieser Ausweg wird aber mit einer unspezifischen Lehrerbildung bezahlt, die im Selbstverständnis „Chemiker:innen“, „Biolog:innen“, „Germanist:innen” hervorbringt und nicht Lehrkräfte.

 

02.05 Elemente moderner Pädagogik.

Lehrer:innenbildung orientiert sich an den Elementen einer modernen Pädagogik. Z.B:

  • Unterstützung von individuellen Lernvoraussetzungen und Selbstorganisation, erst für die höheren Stufen zunehmend auch an entsprechenden Fachdidaktiken.
  • Zunehmend geringerer Orientierung des Unterrichts an Fachstrukturen, hin zu einem Phänomen basierten, kompetenzorientierten

Begründung: Die Dominanz der Fächer hat nicht zur Zufriedenheit der folgenden Bildungsstätten mit dem fachlichen Fundament geführt. Sie hat dazu geführt, dass viele Lehrende andere als Fachkompetenzen wenig schätzen.

 

02.06 Tutoren und Mentoren.

Zu diesem Zweck wird an Universitäten ein System der Betreuung und Reflexion mit Tutor:innen (erfahrene Studierende) und Mentor:innen (Lehrende und Dozenten) etabliert.

Begründung: Aktuelle Dozierende nehmen sich neben der Forschung nicht die Zeit, Lern- und Entwicklungsfortschritte zu diagnostizieren und zu begleiten. Aufgrund ihrer Biografie fehlt auch vielen die Fähigkeit dazu.

02.07 Lehrer:innenbildung vergleichbar mit dem Dualen Studium.

Lehrer:innenbildung muss harmonisch in die gemeinsame Hand von theoriegeleiteter universitärer sowie praxisgeleiteter schulischer Ausbildung unter ständiger Kooperation der beiden Institutionen gelegt werden. Vorstellbar ist eine Verzahnung zu einer insgesamt 6-7-jährigen konsekutiven Bachelor-Master-Ausbildung mit integriertem schulpraktischen Anteil.

Begründung: Das heutige System aus getrennter Phase I (universitäre Lehrerbildung) und Phase II („Referendariat“ an der Schule) hat wegen mangelnder Kooperation in der Breite im Wesentlichen versagt. Das liegt zum großen Teil an der Zuständigkeit zweier verschiedener Ministerien: Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst für Universitäten sowie Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus für die Schulen. Zu einem anderen Teil liegt es an den sehr unterschiedlichen Laufbahnen der beteiligten Personen nach dem Studium, wobei gerade das universitäre Personal in der Regel seit dem eigenen schulischen Abschluss mit Schule nichts mehr zu tun hat.

 

02.08 Schulpraktika.

Im Verlauf der Lehrer:innenbildung sind während des Studiums mindestens vier Schulpraktika im Umfang von je sechs Leistungspunkten (eines jährlich) abzuleisten:

  • Ein Orientierungspraktikum vor dem Auswahlverfahren im Umfang von ca. vier Ziel ist es, außerhalb der eigenen Abiturschule mindestens zwei weitere Schulen unterschiedlicher Art und aus unterschiedlichen Orten in ihrer Verschiedenheit kennen zu lernen und den Blick erstmals aus der Lernenden- in die Lehrenden-Sicht zu lenken. Dabei muss eine Schule der angestrebten Schulart (Primarschule, Sekundarschule, Förderschule oder berufliche Schule) gewählt werden.
  • Ein Assistenz-Praktikum im 2. Studienjahr im Umfang von ca. vier Wochen oder studienbegleitend an einer selbst gewählten Schule; Ziel ist das überblickmäßige Kennenlernen des unterrichtlichen Alltags in mehreren Fächern, mit Vorbereitungs-, Korrektur-, Unterrichts- und Aufsichtsaufgaben.
  • Zwei Unterrichtspraktika in unterschiedlichen Fächern studienbegleitend über je ein Semester in den Studienjahren 4. und 5. Ziel ist das vertiefte Kennenlernen schulpraktischer fachspezifischer Aufgaben sowie das Abhalten von mindestens zwei abgestuften Unterrichtsversuchen. Gleichzeitig sollen sie für das Schulleben sensibilisieren und einen Eindruck von der Kollegien-Kultur

02.09 Schulpraxis.

Dem Master-Abschluss schließt sich eine 1-2jährige schulpraktische Tätigkeit an mindestens zwei verschiedenen Schulen an. Eines dieser Jahre kann auch in die Masterphase vorgezogen werden. Dabei werden die Studierenden von Seminarlehrer:innen und selbstgewählten universitären Mentor:innen (Fachdidaktiker:innen, allgemeine Didaktiker:innen, Pädagog:innen, Lernpsycholog:innen, Fachwissenschaftler:innen) betreut. Sie erteilen eigenverantwortlichen Unterricht und werden bei ihren schulpraktischen Studien durch aktive Lehrende, Seminarlehrer:innen und den universitären Mentor:innen unterstützt. Diese Phase schließt mit praktischen Prüfungen ab.

Begründung: Der aktuelle Orts- und Betreuer:innenwechsel zwischen Phase I und II führt auch zu einem massiven inhaltlichen Bruch bis zu Widersprüchen in der Ausbildung. Mit einer Reihe geeigneter Maßnahmen muss bedeutend mehr Kontinuität erreicht werden.

 

02.10 Keine Staatsexamina.

Das Auswahlverfahren und die Akkreditierung im Bachelor-Master-System machen die beiden Staatsexamina, wie es bereits in den meisten Bundesländern praktiziert wird, überflüssig. Studienbegleitende schulpraktische und fachliche Prüfungen (Qualitätssicherung) dokumentieren Fortschritte im Kompetenzerwerb. Für Nachsteuerungen eignet sich eher das Tutor:innen- und Mentor:innen-System sowie eine Reihe von übergeordneten, vernetzenden Fachveranstaltungen.

Begründung: Falls für die Beamtenlaufbahn (die für Lehrende nicht zwingend erforderlich ist) eine gewisse Kontrolle des Staates erforderlich ist, kann diese über das Auswahlverfahren ausgeübt werden. Ansonsten erfüllt das Staatsexamen keinen pädagogischen Zweck. Es ist weder sinnvoll noch erfolgreich, zu hoffen, dass sich Übersichtswissen und -fähigkeiten durch das Lernen auf das Abschlussexamen von allein einstellen. Die Funktion müssen Oberseminare am Ende des Studiums unter der persönlichen Leitung von Professor:innen erfüllen.

 

02.11 Interministerielle Arbeitsgruppe.

Damit sich die aktuellen Abstimmungsschwierigkeiten nicht wiederholen, ist eine interministerielle Arbeitsgruppe Lehrer:innenbildung aus Vertreter:innen der beiden beteiligten Ministerien einzurichten.

 

02.12 Unterrichtserfahrung als Voraussetzung für Didaktik-Professuren.

Die an der Universität verorteten Lehrpersonen, die in der Lehrer:innenbildung eingesetzt sind (z.B. Fachdidaktik, Schulpädagogik) müssen zwingend ein Lehramtsstudium absolviert und mindestens 3 Jahre Unterrichtserfahrung an einer Schulart besitzen. Diese kann auch nach der Berufung in Teilzeit nachgeholt werden. Auch für den fachwissenschaftlichen Bereich muss ein bestimmter Anteil Dozierender mit Lehramt-Historie (z.B. Lehramtsstudium mit anschließender Fach-Promotion) gewonnen werden.

Begründung: Die mangelnde Wertschätzung des Lehrberufs beginnt schon in der Ausbildung. Trotz erwiesenem Gegenteil schätzen viele Fachwissenschaftler:innen Lehramtsstudierende als weniger leistungsfähig ein als reine Fachstudierende. Wer nur die Fachkompetenz im eigenen Fach wertschätzt, unterschätzt die Leistung von Studierenden mit zwei Fächern und zusätzlichen Kompetenzen in den Erziehungswissenschaften und den Fachdidaktiken. Eine eigene Lehramtshistorie kann diesen Effekten entgegenwirken.

 

02.13 Demonstrationsunterricht durch Fachdidaktiker:innen.

Fachdidaktiker:innen führen ausgewählte Einheiten in der letzten Phase der Lehrer:innenbildung an den Praktikumsschulen zu Demonstrationszwecken unter Beteiligung von Studierenden vor.

Begründung: Lehrende jeglicher Art müssen nicht alles besser können als ihre Lernenden. Gemeinsam an der Optimierung von Unterricht arbeiten entspricht aber der modernen Auffassung von Bildungseinrichtungen als lernenden Institutionen. Auch wirkt das gute Beispiel und seine Kritik stark motivierend auf Lernende.

 

02.14 Seminarlehrer:innen.

Die an Seminarschulen verorteten und in der Lehrer:innenbildung eingesetzten Lehrpersonen („Seminarlehrer:in“) müssen zwingend mindestens fünf Jahre Berufserfahrung und drei Jahre eng mit der Universität z.B. im Rahmen von Abordnungen oder Lehraufträgen zusammengearbeitet oder eine einschlägige Promotion in Fachdidaktik oder Pädagogik absolviert haben. Diese Erfahrungen müssen vor der Bestellung vorliegen.

 

 

 

02.15 Dienstortwechsel.

Zum Zweck der Verbesserung der Kooperation Universität und Schule müssen gesetzliche Vorgaben den Wechsel zwischen den Dienstorten Universität und Schule vereinfachen.

Begründung: Zurzeit scheitern viele Kooperationen der Schule-Universität an der oben erwähnten Zuständigkeit zweier verschiedener Ministerien, wobei beide argumentieren, sie wollten nicht die Personalprobleme des anderen lösen. Wichtig ist aber die sachliche Kooperation im Dienst der Weiterbildung und der hochqualifizierten Zusammenarbeit in der Lehrerbildung.

 

02.16 Multiprofessionelle Teams.

Studierende arbeiten von Beginn an in multiprofessionellen Teams (z.B. 5-6 Studierende, eine Seminar-Lehrkraft, zeitweise begleitet von der Pädagogik, der Psychologie sowie Erzieher:innen, Sonderpädagog:innen und Sozialarbeiter:innen).

 

02.17 Studienbegleitender Wechsel von Theorie- und Praxisphasen.

Wir werden mit allen beteiligten Personengruppen (einschließlich Studierenden!) z.B. in Form eines Runden Tisches eine geschickte Kombination von Theorie- und Praxisphasen mit gemeinsamer Reflexion über den gesamten Studienverlauf ausarbeiten.

 

 

03 Schule allgemein

 

  1. Schule als Lebensraum basiert auf einem pädagogischen Raumkonzept mit Mensa, Ruheräumen, Kleingruppenräumen und ähnliches. Die momentan nur funktionalen Schulgebäude werden wir im Rahmen der Generalsanierungen so umbauen lassen, damit Schule ihre Funktion als Lebensraum erfüllen kann und entsprechend attraktiv wird.
  2. Die Schule dient in erster Linie der Potentialentfaltung und Persönlichkeitsbildung mit einem breiten Kompetenzspektrum.
  3. Für den Unterricht werden wir multiprofessionelle Teams zusammenstellen.

 

03.1 Für alle Schularten.

Das bayrische Schulsystem besteht aus mannigfaltigen Schularten, Schulzweigen und Schulformen. Grundsätzlich wollen wir für alle Schulen:

  • Das Aufbrechen von geschlechterspezifischen Rollen, in denen z. B. der Vater zur Arbeit geht und die Mutter daheim die Kinder betreut. Die Gesellschaft ist mittlerweile vielfältiger als das gerade genannte Familienbild der Bonner Republik. Es müssen alle Gender-Stereotypen aufgebrochen werden, um Vorurteilen vorzubeugen.
  • Über alle Jahrgangsstufen hinweg sollen die Schüler:innen der entsprechenden Altersstufe Medienkompetenz vermittelt werden. In den heutigen Zeiten muss auch eine Qualitätsbewertung von Quellen erlernt werden, damit „Fake News“ und ernste Berichterstattung unterschieden werden können. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Internet muss erfolgen, so dass nicht alles aus dem Internet als wahr angenommen wird. (Bsp.: Die Römer haben im 17 Jahrhundert den Karpfen in der Bundesrepublik Deutschland eingeführt) Aber auch die Anwendung von Programmen oder Apps sowie der Umgang mit den sozialen Medien müssen eingeübt werden. Algorithmen und künstliche Intelligenz müssen kritisch hinterfragt werden. (Kapitel 10 digitale Bildung)
  • Durch entsprechende Angebote muss Cybermobbing und Bodyshaming thematisiert werden.
  • Das Thema Ernährung steht in vielen Rahmenlehrplänen, ist aber zu ungenau in vielen Fachlehrplänen verankert. In den Lehrplänen des Faches Biologie steht zwar, was eine gesunde Ernährung ist, aber das ist nicht weitreichend genug. Gute Ernährung umfasst nicht nur das Thema Gesundheit, sondern auch Regionalität, Saisonalität und Nachhaltigkeit.
  • Gute Ernährung muss in der Pausen- und Mittagsverpflegung vorgelebt werden. Die Mittagsverpflegung soll saisonbezogen und regional sein. Auch bei Kindern und Jugendlichen können beliebte Speisen gesund zubereitet werden. Gesund heißt auch, dass es in ausreichender Zeit und mit der entsprechenden Essenskultur zu sich genommen werden soll.
  • Soziale Alltagskompetenzen sollen überall qualitätsvoll geschult werden.
  • Interkulturelle Kompetenzen sind die Voraussetzung für eine gute Integration und schaffen Verständnis für andere Kulturen. Deswegen soll sich im Ethik-/Religionsunterricht ausführlich mit anderen Religionen beschäftigt werden. In anderen Fächern (Deutsch, Geografie, Kunst, Musik, Fremdsprachen) soll auch die Vielfalt der Kulturen thematisiert werden.
  • Wir wollen eine kindgerechte Sexualaufklärung unabhängig von Rollenbildern und sexueller Orientierung.
  • In jedem Klassenzimmer wollen wir neben einer Lehrkraft eine weitere pädagogische Assistenz. Schulen sollen mit Lehrerteams, Psycholog:innen und Sozialarbeiter:innen, also mit insgesamt multiprofessionellen Teams, ausgestattet sein.
  • Schulleiter:innen sind viel zu sehr in Verwaltungsaufgaben beschäftigt. Manche Lehrer:innen sind zu sehr mit der Betreuung der örtlichen Medien, sowohl der Hard- als auch der Software oder in die Sammlungen (z.B. Chemie) eingebunden. Einerseits sind Lehrkräfte nicht in der Verwaltung ausgebildet, andererseits fehlen sie dann im Unterricht. Wir werden dafür sorgen, dass die Schulleitung von den reinen Verwaltungsaufgaben bzw. Lehrkräfte von der Medienbetreuung und Sammlungsbetreuungen entlastet Neben der pädagogischen Leitung soll es auch eine verwaltungstechnische Leitung, einen ausgebildeten Systembetreuer:innen und chemische Assistent:innen für die Labore geben. Auch Sicherheitsbeauftragte sollen extern für die Sicherheit in Laboren sorgen. Bei kleineren Schulstandorten können auch Schulen zusammengefasst werden.
  • eine gute sozialpädagogische und psychologische Betreuung. Deswegen werden wir die Jugendsozialarbeit an Schulen und die schulpsychologischen Stellen ausbauen. Jede Schule soll Zugang zu mindestens eine:r Schulsozialarbeiter:in und Schulpsycholog:in haben.

 

Lernen und damit Bildung hängt im Wesentlichen von vier Faktoren ab: den Lernenden, Mitlernenden, der Lehrkraft und dem Lernraum

 

03.2 Der Lernraum.

Schulgebäude sind je nach Finanzkraft und dem politischen Willen der Verantwortlichen der Kommune in einem sehr guten bis sehr schlechten Zustand. Viele finanzschwache Kommunen haben Probleme mit ihrem Schulgebäude. Hier werden wir die Kommunen nicht allein lassen.

Deswegen werden wir die Förderrichtlinien überarbeiten, damit:

  • pädagogische Raumkonzepte und
  • große Räume unabhängig von einer festen Quadratmeterzahl pro Schüler:in gebaut werden, um eine variable Nutzung der pädagogischen Bandbreite zu ermöglichen
  • die Schulen für die Ganztagsschule fit gemacht werden (siehe Kapitel 5).

Gebäude müssen als Bildungseinrichtungen für uns folgende Punkte leisten können:

  • Gute Lüftungsanlagen sorgen für eine gute Versorgung mit Frischluft, damit konzentriertes Arbeiten überhaupt möglich ist. Gute Anlagen auch als Schutz vor Infektionen sind dringend erforderlich, wie die Coronapandemie deutlich vor Augen geführt hat. Die Zufuhr in Bodennähe, der Abzug an der Decke und ein Wärmetauscher müssen selbstverständlicher Standard werden.
  • Schulen müssen genügend Gemeinschaftsräume, eine Mensa mit regionaler, frischer Küche und Turnhallen haben. Bei den schon vorhandenen Schwimmbädern an Schulen dürfen die Kommunen nicht allein gelassen werden. Das Land muss ihnen bei Unterhalt und gegebenenfalls Sanierung helfen.
  • Schule muss als Lebensraum verstanden werden. Lernhäuser und moderne Lernlandschaften werden wir fördern.
  • Einige selbstverständliche Voraussetzungen wie Schalldämmung, Fenster zum Öffnen und Barrierefreiheit müssen in entsprechenden Fällen zügig angegangen und entsprechende Förderprogramm aufgelegt werden.
  • Inklusion im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention ist unser Selbstverständnis. (siehe Kapitel 7) Deswegen werden wir mit den Sachaufwandsträger auch die Gebäude auf Inklusionstauglichkeit (auch mit Ruheräumen, Rückzugsräumen) prüfen und Mängel beseitigen.
  • Jahrelang wurde von der Substanz gelebt. Zukünftig werden regelmäßige Renovierungen/ Sanierungen frühzeitig angegangen und durch entsprechende Förderprogramme gestützt. Hierbei werden die Schulgebäude fit für den Klimawandel gemacht.

Im Sinne des Klimawandels wollen wir den Schultourismus vermeiden und auf kurze Schulwege setzen. Wir wollen die Schulen in der Fläche erhalten, selbst wenn es dadurch zu Kleinstschulen kommen sollte. Verwaltungstechnisch können die kleinen Standorte mit oder zu einem größeren Standort mit einer Leitung zusammengelegt werden. Jahrgangstufenübergreifendes Lernen soll ermöglicht werden. Beispiele gibt es auf den Halligen in Norddeutschland, in Skandinavien und in Südtirol genügend. Auch die Möglichkeiten der Digitalisierung müssen genutzt werden. Bei weiterführenden Schulen bietet sich als Lösung die Gemeinschaftsschule an (siehe Kapital 6).

 

Für eine gute Bildung braucht es auch eine gute Ausstattung:

  • Wir stehen zur Lernmittelfreiheit, zu der auch digitale Endgeräte für uns zählen.
  • Nicht nur die Schüler:innen, sondern auch die Lehrer:innen brauchen entsprechende Geräte. Hier soll es das Recht geben, alle fünf Jahre ein neues Gerät zu bekommen. Hierzu soll es auch Pflichtfortbildungen geben.
  • Zur guten digitalen Ausstattung gehören Glasfaserinternet, WLAN und LAN-Anschlüsse.
  • Zukünftig sollen keine religiösen Symbole in der Schule angebracht werden.

 

03.3 Pädagogische Gestaltung der Schulalltages.

Bildung muss für gleichwertige Lebensverhältnisse sorgen und allen die Möglichkeit eröffnen, das beste Bildungsangebot für sich zu bekommen. Wir werden deshalb:

  • dafür sorgen, dass Bildung nicht mehr vom Geldbeutel der Eltern abhängt, sondern dass jedes Kind in der Schule individuelle Förderung bekommt. Diese Förderung umfasst nicht nur Schwachpunkte, sondern auch individuelle Stärken der Schüler: Von den Eltern bezahlte „Nachhilfe“ wird obsolet werden, da sie soziale Ungerechtigkeiten fördert.
  • selbstorganisiertes Lernen mit wenig Frontalunterricht einführen.
  • den Rechtsanspruch auf gebundenen oder offenen Ganztag einführen. Hier sollen die Übungsphasen in der Schule stattfinden. (siehe Kapitel 05)
  • die teilweise gewünschte Halbtagsschule erhalten. Hierbei wird es aber im Gegensatz zur gebundenen Ganztagsschule Übungsphasen daheim geben (allgemein als Hausaufgabe bezeichnet).

 

03.4 Primarstufe (Jahrgangsstufen 1-4).

Auf den Start kommt es an. Grundsatz sollte sein: Kurze Füße, kurze Wege. Dadurch sollen auch Kleinstschulen erhalten bleiben.

Auch sollte wie bisher auf Lesen, Schreiben, Rechnen und grundlegende Allgemeinbildung (HSU mit Uhr, Kalender, …) Wert gelegt werden. Dafür werden wir:

  • die maximale Klassengröße auf 20 festlegen,
  • verpflichtende Schwimmkurse in der Grundschule abhalten,
  • vorhandene Schwimmhallen an den Schulen erhalten und die Kommunen bei der Sanierung durch Förderprogramm unterstützen,
  • Freibäder und Schwimmbäder flächendeckend erhalten und die Kommunen durch Förderprogramme bei der Sanierung oder Neubau unterstützen. Hier wird auch eine wichtige Grundlage für die körperliche Gesundheit der ganzen Bevölkerung gelegt, denen außerhalb des Unterrichts der Zugang gestattet werden muss. Auch beim laufenden Betrieb werden wir die Kommunen unterstützen.
  • Englisch ab Jahrgangstufe 3 durch ausgebildete Lehrer:innen durchgeführt werden.
  • Umweltbildung im Stundenplan mit verankern,
  • politische Bildung kindgerecht einführen. Stadt- bzw. Gemeinderat und Ober- bzw. Bürgermeister:innen sollen hier politisch neutral eingebunden werden, damit die Demokratie gestärkt wird.
  • Gestaltung von Pausenhöfen kindgerecht angehen. Spielgeräte, Bolzmöglichkeiten und Bäume sollen zu einer bewegten Pause Anreize setzen.
  • Persönlichkeitsentwicklung des Kindes mit multiprofessionellen Teams stärken.

 

03.5 Sekundarstufe 1 (Jahrgangsstufen 5 bis 10).

Schule ist Lern- und Lebensort. Die entsprechenden Gebäude sollen das ermöglichen. Hierbei soll auf die Allgemeinbildung Wert gelegt werden und keine Ausrichtung auf Wirtschaftsinteressen erfolgen. Wir werden folgende Neuerungen in die Sekundarstufe 1 aufnehmen. Wir werden:

  • mehr Praktika verpflichtend einführen
  • eine Praxisphase in Jahrgangsstufe 8 ermöglichen. In der Pubertät gibt es laut Untersuchungen wenig Wissenszugewinn. Deswegen wollen wir in Jahrgangsstufe 8 eine Entscheidungsmöglichkeit für eine Praxisphase oder den Schulbesuch einführen.
  • Berufliche Orientierung ab Jahrgangsstufe 8 / 9 einführen. Der BUS-Teil des P- Seminars in der gymnasialen Oberstufe des G8 wird in der Jahrgangsstufe 8 oder 9 je nach Schulart als Fach eingeführt.
  • Sozialkunde und politische Bildung früher beginnen lassen und mit mehr Stunden ausstatten.
  • die Vielfalt an Zweigen erhalten und eine maximale Freiheit bei der Fächerwahl ermöglichen.
  • die 2. Fremdsprache erst in Jahrgangsstufe 7 einführen.
  • früher auf individuelle Stärken der Schüler:innen eingehen und eine modulare Schulbildung einführen.
  • kulturelle Austauschprogramme verpflichtend einführen.
  • Sprachaustausch fördern.
  • eine Woche Schullandheim in der Jahrgangsstufe 5 und 6 durchführen.
  • in Jahrgangsstufe 9 den Besuch einer KZ-Gedenkstätte verpflichtend etablieren.
  • durch Besuche einer Kirche, Moschee und Synagoge für eine religiöse Weltoffenheit werben
  • in Jahrgangstufe 8 einen Besuch des Landtags in München einführen.
  • in Jahrgangstufe 10 bzw. der Abschlussklasse eine Berlinfahrt zum Bundestag durchführen lassen.
  • bei verpflichtenden Fahrten die Kosten im Sinne der Lehrmittelfreiheit übernehmen lassen.
  • der SMV Kontakte zu allen demokratischen Parteien ermöglichen und umgekehrt. Das gleiche gilt für parteinahe Stiftungen.
  • zur besseren Organisation des Unterrichts Korridore für Fahrten festlegen. (Fahrtenwochen)
  • Übergangs-/ Einführungsklassen flächendeckend einführen, um den Übertritt nach einem mittleren Schulabschluss in die gymnasiale Oberstufe zu ermöglichen.
  • Werken als Wahlmöglichkeit zwischen Malen (Kunst) und Werken einführen.
  • Die Gemeinschaftsschule flächendeckend als zusätzliches Angebot (siehe Kapitel 5) schaffen.
  • ein Auslandsschuljahr ermöglichen.
  • politische Bildung stärken und die Demokratisierung der Schule voranbringen.
  • queere Sexualaufklärung im Lehrplan verankern.

 

03.6 Sekundarstufe 2 (Jahrgangsstufen 11-13).

Wir werden:

  • das bewährte Kollegstufensystem mit Grund- und zwei Leistungskursen wieder einführen.
  • das Fach Deutsch in Literatur und Sprache aufteilen.
  • eine freiere Auswahl und Schwerpunktbildung bei den Fächern ermöglichen.
  • die Abiturprüfung freier gestalten. Es werden in den Leistungskursen und einem weiteren Fach schriftlich sowie in zwei weiteren Fächern mündliche Prüfungen abgehalten. Dabei werden die Richtungen Sprache, Naturwissenschaft und Gesellschaftswissenschaft abgedeckt.
  • P-Seminar mit Studien- und Berufsorientierung und W-Seminar beibehalten.
  • als zusätzliches Angebot Technikunterricht anbieten lassen.

 

03.7 Berufsoberschule (BOS) und Fachoberschule (FOS).

 

Wir werden in beiden Schulvarianten mehr Zweige ermöglichen.

 

 

04 Übertritt

 

  1. Als SPD werden wir das bisherige in Bayern gültige Übertrittsverfahren abschaffen.
  2. Wir werden anstelle des ungerechten Übertrittsverfahrens („Grundschulabitur“) eine verpflichtende Elternberatung einführen und den Elternwillen freigeben.

 

Begründung:

Die bayerischen Regelungen zum Übertritt nach Jahrgangsstufe 4 sind besonders streng, detailliert und misslungen. Dieser Fehltritt wird seit Jahrzehnten wiederholt, aber dadurch nicht besser. Zudem beweist ein „Rechtsgutachten zur Regelung des Übergangs von der Primar- zur Sekundarstufe nach Bayerischem Schulrecht“ durch den Rechtswissenschaftler Wolfram Cremer (Bochum), dass das bayerische Übertrittsverfahren vor allem gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, aber auch gegen die Bayerische Verfassung verstößt. Sein Gesamtergebnis:

„Das bayerische Übergangsregime einer strikt notenbasierten verbindlichen Übergangsentscheidung im Sinne einer Negativkorrektur des Elternwillens verletzt Art. 3 Abs. 3, S. 1-6. Alt. GG, Art. 6 Abs. 2, S. 1 GG sowie Art. 126 Abs. 1 BV sowie Art. 118 Abs. 1, S. 1 BV.“

 

Gegliederte Begründung in 6 Thesen

 

These 1: Selektion, Verfassung und Gesetz

Die Selektionsfunktion der Schule ergibt sich weder aus der bayerischen Verfassung noch aus dem Gesetz (BayEUG). Sie ist lediglich Folge einer Schulstruktur, die politisch gewollt ist.

Begründung: Die Tatsache, dass es außerhalb und innerhalb Deutschlands auch andere Schulsysteme gibt, die keine Aufteilung der Schüler:innen nach Jahrgangsstufe 4 erzwingen und trotzdem erfolgreich sind, belegt, dass es keine natürliche, pädagogische oder entwicklungspsychologische Notwendigkeit für die Aufteilung der Kinder im Alter von zehn Jahren gibt. Sie resultiert vielmehr aus dem Zusammenspiel von politischem Willen und der Verstetigung durch Tradition.

 

 

 

These 2: Selektion als konkurrierende Aufgabe

Die Selektion der Schule steht in Konkurrenz zu den Aufgaben, die ihr nach Verfassung und Gesetz übertragen sind.

Begründung: Die Bildung von Herz und Charakter, wie sie die Bayerische Verfassung in Art. 131 (1) verlangt, wird in Jahrgangsstufe 4 erschwert durch den permanenten Druck, bestimmte Themen zu behandeln und eine festgelegte Anzahl von übertrittsrelevanten Noten bilden zu müssen: Die Lehrer:innen haben weder den pädagogischen Freiraum, sich ausreichend um die individuellen Besonderheiten ihrer Schüler:innen kümmern zu können (Förderbedarfe, besondere Begabungen, akute Freuden und Leiden usw.), noch können sie solchen pädagogisch fruchtbaren Momenten (F. Copeis „Der fruchtbare Moment im Bildungsprozess“, 1930) und Themen den gebührenden Raum gewähren, die „Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl und Verantwortungsfreudigkeit, Hilfsbereitschaft, Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt“ nach Art. 131 (2) befördern könnten und müssten. Zu viele Kinder leiden unter dem Zwang zur Selektion, was viele Eltern an der Sinnhaftigkeit der Aufteilung zweifeln lässt.

 

These 3: Selektion im Widerspruch zur Inklusion

Selektion steht in logischem Widerspruch zur Inklusion und erschwert deshalb die praktische Erfüllung der UN-Behindertenrechtskonvention.

Begründung: BayEUG Art 2 (2) verlangt deutlich: Inklusiver Unterricht ist Aufgabe aller Schulen.“ Ebenso deutlich ist die Einschätzung der UN-BRK-Monitoring-Stelle: „Während Bundesländer wie Bremen den Auftrag zur Gestaltung eines inklusiven Unterrichts bereitwillig angenommen haben, haben sich andere Bundesländer, etwa Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, das Saarland oder Sachsen-Anhalt, – vielleicht nicht rhetorisch aber der Sache nach – nicht hinreichend engagiert.“

 

These 4: Die inklusive Schule des längeren gemeinsamen Lernens

Eine Schule des längeren gemeinsamen Lernens wird diesem Missstand abhelfen.

Begründung: Gymnasium und Realschule sind strukturell, funktional und inhaltlich selektiv konzipiert, indem sie nur „geeignete“ Schüler:innen aufnehmen (Realschulordnung RSO §2 und Gymnasiale Schulordnung GSO §2), können also keineswegs inklusiv im Sinne der UN-BRK und des BayEUG Art 2 (2) sein. Der Inklusionsauftrag dürfte sich konsequenter Weise nicht auf die Schularten erstrecken, die ihre Schüler:innen auswählen und müsste präzisiert werden. Die Alternative wäre, diese Schulen in ihrer Substanz und Verfasstheit zu verändern, was große gesellschaftliche Verwerfungen zur Folge hätte.

Als gangbarer Weg erscheint dagegen die Ermöglichung einer Schulart des längeren gemeinsamen Lernens, auch in Bayern. Dies würde die Öffnung des allgemeinen Schulsystems und die Aufhebung von Doppelstrukturen gewährleisten, wie sie die UN-BRK verlangt: „Der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat 2016 in seiner Allgemeinen Bemerkung zum Recht auf inklusive Bildung erläutert, was die Verpflichtung zur Schaffung eines inklusiven Systems konkret bedeutet. Dabei hat er erneut hervorgehoben, dass Staaten, die neben dem regulären Schulsystem ein Sonderschulsystem aufrechterhalten, ihre Verpflichtung nicht erfüllen.“

 

These 5: Übertrittsnoten sind willkürlich

„Geeignete“ Schüler:innen im Sinne der selektierenden Aufnahmebedingungen von Realschule und Gymnasium sind ausschließlich solche, die die Übertrittsnoten erreichen. Diese Noten sind einerseits nicht konzeptionell schlüssig abgeleitet, sondern willkürlich gesetzt und unterliegen andererseits politischen Einflüssen.

Begründung: Es gibt keine wissenschaftlich schlüssige Herleitung eines Notenschnittes von 2,33 als Näherbestimmung des „geeignet“ für das Gymnasium und 2,66 für die Realschule. Dies sind willkürliche Setzungen, die sich bestenfalls aus Erfahrungswerten ergeben und mittlerweile als unabänderliche Traditionen verstetigt haben. Eine Aufweichung dieser Setzungen fand statt, als der ehemalige KM Dr. Spaenle und die CSU-Landtagsfraktion dem Druck von Elternseite dadurch nachgaben, dass sie auch nach lediglich „ausreichenden“ Leistungen ihrer Kinder im Probeunterricht (der seinerseits auch bereits eine Relativierung der Übertrittsnoten darstellt) ihren Elternwillen zum Übertritt auf die gewünschte Schulart durchsetzen konnten und können. Ob durch diese Anpassung des Übertrittsverfahrens wirklich immer „geeignete“ Schüler:innen gefunden werden, wird bezweifelt.

 

These 6: Die Geschichte einer Leistung

Die Übertrittsnoten spiegeln zwar Leistung wider, aber es ist immer eine „Leistung mit einer Geschichte“.

Begründung: Bei der Verwendung des Leistungsbegriffes muss man unterscheiden zwischen dem, was ein Kind von sich aus leisten kann (Begabungskomponente), wie dies durch seine familiäre und soziale Situation gefördert oder behindert wird (Herkunftskomponente), was es als Leistung in einem Test oder einer Probearbeit zeigen kann (aktuelle Einflüsse) und was die Lehrkraft als Leistung erkennt und anerkennt (subjektive Komponente).

 

 

05 Guter Ganztag

 

  1. Als SPD favorisieren wir den gebundenen (rhythmisierten) Ganztag.
  2. Guter Ganztag bietet gleichermaßen ausreichend Raum für Lern-, Übungs- und Erholungsphasen. Er entlastet Lernende und das häusliche Umfeld weitestgehend von schulischen Verpflichtungen.
  3. Im rhythmisierten Ganztag ist Raum für Selbstorganisation, Inklusion, Pflicht- und Neigungsfächer, Fördermaßnahmen und eigene Projekte.

 

Vorwort. Die „Gute Ganztagsschule“ ist schon immer ein Herzensprojekt der SPD, da sie die Chancengleichheit in der Bildungspolitik ermöglicht. Herz, Kopf und Engagement dürfen über den Erfolg einer Bildungs- und Berufskarriere entscheiden, niemals aber der soziale Hintergrund oder die finanziellen Möglichkeiten.

An 65 % aller Schulen in öffentlicher und privater Trägerschaft wurde 2019 in Bayern Ganztagsunterricht in offener oder gebundener Form angeboten. Bayern liegt damit deutlich unter dem bundesdeutschen Durchschnitt (70,6%). Damit ist aber überhaupt nicht ausgesagt, wie viele Kinder und Jugendliche diese Angebote tatsächlich auch annehmen.

In Bayern besuchen 2019 lediglich 18,6% (Bundesdurchschnitt 45,9%) der Schüler:innen eine ganztägig arbeitende Schule in öffentlicher und privater Trägerschaft in offener oder gebundener Form (an privaten Schulen 33%. Im Ländervergleich nimmt Bayern damit den letzten Platz unter den Bundesländern ein. Zum Vergleich: In der Hansestadt Hamburg besuchen 93,4% aller Schüler:innen eine Ganztagsschule in offener und gebundener Form.

Betrachtet man separat den Besuch von gebundenen Ganztagsschulen, an der die zusätzlichen Angebote für alle Schüler:innen verbindlich sind, besuchen in Bayern 2019 hingegen nur 8,2% (Bundesdurchschnitt 21,1%) aller Schüler:innen eine gebundene Ganztagsschule.

Ganztagsschulangebote gibt es somit viele in Bayern – jedenfalls wird das vielerorts behauptet. Vieles entspricht sogar der KMK Definition. Die Angebote werden allerdings nur von einem Fünftel der Schüler:innen genutzt.

Es gibt z.B. Gymnasien, an denen am „ganzen Tag“ Schule ist. Zwar gibt es einige gute Projekte, aber viel zu oft lernen unsere Kinder dort noch nach nicht mehr zeitgemäßen Methoden und in althergebrachten Strukturen. Auch die Pädagogik hat sich an vielen Schulen nicht oder nur wenig verändert. Die Pädagogik in einer modernen Ganztagsschule muss sich an den heutigen erziehungswissenschaftlichen und schulpädagogischen Erkenntnissen orientieren. Eine „Gute Ganztagsschule“ bedeutet auch viel mehr als einzelne Unterrichtsstunden oder Betreuungs- bzw. Freizeitergänzung am Nachmittag.

Die Folge zurückliegender Bildungsreformen ist ein kurzfristiges Lernen großer Mengen von Faktenwissen vor Prüfungen, die nachweislich größtenteils innerhalb weniger Stunden und Tagen wieder vergessen werden. Eine moderne Schule muss sich dagegen für nachhaltiges anwendbares Lernen engagieren und sich auch um weitere Kompetenzen und die Entwicklung des gesamten Menschen und dessen Bedürfnisse kümmern.

Unsere Kinder sollten das, was sie lernen, mit Neugier und Begeisterung aufnehmen, nicht aber den Stoff aus Pflichterfüllung wiederholen. Dazu ist es unerlässlich, dass neue erprobte Lehr- und Lernmethoden aus den Erziehungswissenschaften übernommen werden und wohnortnahes und gemeinsames Lernen in Gemeinschaftsschulen als ergänzendes Angebot und wichtige Zukunftsperspektive ermöglicht wird.

Wir brauchen neue, durchlässige Lehr- bzw. Bildungspläne, offene Klassenzimmer, lebenswerte Lernräume, eine reformierte Ausbildung von Lehrer:innen, aktive Eltern, die den Lernprozess begleiten sowie Verantwortliche in Politik und Verwaltung, die zum Gelingen beitragen.

Für eine kindgerechte und erfolgreiche moderne Pädagogik müssen wir neu denken:

  • Weg von der Frage: „Wie muss ein Kind sein, um der Schule gerecht zu werden?“ hin zu der Frage: „Wie muss die Schule sein, damit sie dem Kind gerecht wird?“
  • Weg von der Frage: „Welchen Anspruch müssen Schüler:innen in welchem Alter gerecht werden?“ und hin zu: „Was braucht dieser eine junge Mensch, um sich in seiner ganzen Persönlichkeit gesund weiterzuentwickeln und einen größtmöglichen Lernerfolg sowie bestmöglichen Schulabschluss zu erreichen?“

Besonders hervorzuheben ist, dass in einer „Guten Ganztagsschule“ genügend Übungsphasen stattfinden, so dass meist keine Hausaufgaben nötig sind. Übungs-, Lern- und Förderstunden haben ihren Platz im Rahmen ihrer Zeitstruktur. Kommen die Kinder und Jugendlichen aus der Schule, können sie ihre Freizeit genießen, sich in Vereinen engagieren sowie am öffentlichen und privaten Leben teilhaben.

Die „Gute Ganztagsschule“ bietet Kindern und Jugendlichen nicht nur einen angemessenen Rahmen zum kognitiven und sozialen Lernen, sondern schafft auch Raum, um altersgemäße und entwicklungsspezifische Lebensbedürfnisse befriedigen und soziale Kompetenzen erlernen zu können.

Um erfolgreiche, am Bildungserfolg messbare „Gute Ganztagsschulen“ zu bekommen, brauchen wir ein anderes Selbstverständnis von Schule. Weg von der reinen Lehranstalt, hin zum Lern-, Lebens-, Erfahrungs- und Kulturort, an dem Werte erhalten und vermittelt sowie Integration und Inklusion gelebt werden und alle Beteiligten die Verantwortung für das Gelingen des Lern- und Entwicklungserfolges der Schüler:innen tragen. Wir müssen die Akzeptanz für „Gute Ganztagsschulen“ durch ein flächendeckendes, sichtbares und greifbares Ausbauprogramm steigern. Dieses muss einmal die nötigen Ressourcen und räumlichen Voraussetzungen sowie als zweite Säule die Qualität und die Inhalte beschreiben.

„Gute Ganztagsschulen“ müssen sich vernetzen, präsentieren und als Leuchttürme ins Land strahlen. Notwendig dafür ist ein Ende des Denkens in Zuständigkeiten:

Wie in den Kommunen, Schulen und Jugendhilfe für eine gute ganztägige Bildung an einem Strang ziehen muss, muss auf Landesebene Bildungs- und Sozialpolitik zusammengedacht werden.

 

Leitbild „Gute Ganztagsschule“

 

  1. Arbeiten und Lernen

Wir werden dafür sorgen, dass in „Guten Ganztagsschulen“ die Lehrkräfte und die Schüler:innen mehr Zeit füreinander haben. Alle Beteiligten im System Schule arbeiten selbstverständlich auch am Nachmittag zusammen. Schüler:innen und Lehrkräfte nehmen neue Rollen ein: sie verstehen sich als Lernpartner und übernehmen gemeinsam die Verantwortung für den Lernerfolg. In Arbeitsgruppen, beim gemeinsamen Mittagessen und in den Pausen lernen sich die Lernpartner:innen auf unterschiedlichen Ebenen besser kennen und schätzen.

Wir werden sicherstellen, dass die Schulleitung sich um die Zusammenarbeit aller am Schulleben Beteiligten sowie um die Entwicklung einer Schulkultur mit gemeinsamen Fortbildungen zur Unterrichts- und Schulentwicklung kümmern kann. Hierzu wird ausreichende Leitungszeit zur Verfügung gestellt. Schulleitungen arbeiten in Teams bzw. in vergrößerten Schulleitungen. Für eine veränderte Aufgabenstellung für die Schulleitungen werden wir des Weiteren dafür sorgen, dass außerschulische Personengruppen und Institutionen systemisch konstruktiv in die Arbeit der Ganztagsschule eingebunden werden. Gemeinsam formulieren alle ein Entwicklungsziel als Vision und kommunizieren dies laufend an neue Mitglieder der Schulfamilie.

Ein angenehmes Schulklima wirkt sich erwiesenermaßen positiv auf die Schulleistungen aus. Diese Grundhaltung einem heranwachsenden jungen Menschen gegenüber hat viel mit der Vermittlung und Verwirklichung demokratischer Werte zu tun. Die Lernbegleiter:innen / Lehrer:innen schaffen eine Atmosphäre, in der die Schüler:innen ihr Urbedürfnis nach individuellem Lernen frei entfalten können. Die Lehrkräfte führen also keinen Klassenverband durch einen vorgegebenen Lerninhalt, sondern begleiten jede:n einzelne:n Schüler:in auf dem eigenen Lernweg zum individuell größtmöglichen Erfolg.

Lernbegleiter:innen / Lehrer:innen sind immer im Mittelpunkt des Geschehens und nehmen hierbei – das ist das Besondere – immer einen multiperspektivischen Blick ein. Gute Lehrkräfte sehen den eigenen Unterricht auch mit den Augen ihrer Schüler:innen, wie Hattie aus seinen Metastudien über erfolgreiches Lernen schlussfolgert.

Mangelnder Lernfortschritt wird noch häufig mit den Schwächen der Schüler:innen, mit „Faulheit“, der fehlenden Eignung oder der zu geringen Unterstützung des Elternhauses erklärt. Stattdessen sollten alle Beteiligten dazu beitragen, dass jeder Einzelne seine Talente und sein Potenzial bestmöglich entfalten kann. Wir werden auch Verantwortungsbereiche für Schüler:innen geschaffen, z.B. als Mentor:innen, Assistent:innen, AG-Leiter:innen, Pat:innen oder Fachleute (z.B. aus ihrem Hobby).

Eine „Gute Ganztagsschule“ als Lebensort kann nicht vollständig über einen längeren Zeitraum geschlossen werden. Sie bietet ihre Räume und Einrichtungen offen an und hält Angebote für Ferienzeiten vor.

Bei der Gestaltung der „Guten Ganztagsschule“ dürfen und müssen alle Beteiligten mitarbeiten: Eltern, Schüler:innen sowie Mitarbeiter:innen werden in einer verlässlichen Struktur gleichberechtigt an der Entwicklung der Schule und an deren Entscheidungen durch eine angemessene Vertretung in den Gesamt-, Schul-, Klassen- bzw. Fachkonferenzen sowie in pädagogischen Konferenzen beteiligt. Die Einführung eines Schulparlamentes ist anzustreben.

 

  1. Die rhythmisierte Form

Für die Umsetzung aller im oberen Teil genannten pädagogischen Ansätze ist die Ganztagsschule in rhythmisierter Form unerlässlich. Es braucht dafür mehr Zeit am Tag und innerhalb der Schulwoche, um die wichtigen Bereiche von der individuellen Förderung und Coaching über Vermittlung und Stärkung von sozialen Kompetenzen bis hin zu demokratischer, musischer, sportlicher und künstlerischer Erziehung zu leisten.

„Gute Ganztagsschule“, wie hier beschrieben, kann nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn alle Schüler:innen einer Schule diese an mindestens 3 – 4 Tagen in der Woche in der Regel von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr besuchen. Zusätzlich sollte es vor und nach der organisierten Schulzeit sowie ggf. an den „freien Nachmittagen“ Betreuungsangebote mit freien Inhalten bzw. im Sinne eines Freizeitangebotes geben, damit eine Verlässlichkeit an allen Tagen in sinnvollen Zeiten für die Schüler:innen sowie deren Eltern gegeben ist. Jede Schule muss diesen Punkt an die Bedürfnisse aller Beteiligten vor Ort anpassen können.

Es ist klar, dass in einer „Guten Ganztagsschule“ die Zeit an diesem Ort nicht eine Ausweitung der Unterrichtszeit im Sinne einer Halbtagsschule sein kann. Sie ist ein Lernort und Lebensraum, der gutes Lernen zu den richtigen Zeiten mit Freizeit-, Übungs- und Erholungs- sowie Förderphasen verbindet.

In der rhythmisierten Ganztagsschule wird der an Halbtagsschulen dicht gedrängte Vormittag entzerrt und die Lernphasen, Übungsanteile, Freizeit- sowie kulturelle Angebote auf den ganzen Tag verteilt. Damit werden die Angebote am Vormittag mit den Angeboten am Nachmittag sinnvoll verzahnt. (die Zeit als vierte Pädagog;innen)

Die inhaltliche Ausgestaltung eines organisierten Schultages umfasst mehrere, sich abwechselnde Inhalte:

  • Unterricht / Inputphasen
  • Erarbeitungs- und Vertiefungsphasen (Einzel-, Partner:innen- und in der Gruppenarbeit)
  • unterrichtsbezogene Ergänzungen, Lernateliers
  • themenbezogene Projekte und fächerübergreifende Vorhaben
  • Förderung (Defizite wie Begabungen), Coaching
  • Freizeitgestaltung
  • Kernfächer
  • Neben- / Neigungsfächer

 

  1. Individuelle Förderung

Unsere Gesellschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten massiv verändert. Sie ist z. B. durch größere Mobilitätsanforderungen, starke Zuwanderungen von Menschen unterschiedlicher Kulturkreise, Instabilität vieler Arbeitsverhältnisse, Digitalisierung, Notwendigkeit von Integration und Inklusion (UN-Menschenrechtskonvention) geprägt. Die Heterogenität nimmt zu, die Vorstellung von homogenen Klassen war nie richtig und ist nun erwiesenermaßen überholt. In Zukunft müssen die Lehrkräfte mehr moderieren als dozieren, um das Potential jeder:s Einzelnen zu erkunden und zu fördern.

„Gute Ganztagsschulen“ bieten allen Schüler:innen Möglichkeiten von ganzheitlichem Lernen: Also mehr Zeit für Bildung und Erziehung. Neben unterrichtsergänzenden Angeboten bieten sie auch Angebote zur individuellen Persönlichkeitsentwicklung und -stärkung. Dabei stehen nicht die abrufbaren Fakten und klassischen Lehrpläne im Vordergrund, sondern das nachhaltige Lernen durch die Nutzung der verlängerten Lernzeit zum Üben und Fördern.

Ein weiterer wichtiger Baustein über den ganzen Tag sind Konzepte zur sozialen Erziehung und zur Steigerung der sozialen Kompetenz. Hierzu gehören feste Regeln, Umgang mit Konflikten sowie Rituale, die alle Menschen innerhalb und außerhalb der Ganztagsschule kennen und anwenden müssen.

Ganztagsschulen sind mehr als Lernorte, sie sind Lebensorte mit Raum und Angeboten für Bewegung, Begegnung, Lernen, Spiel und Erfahrungen. Sie wollen den Menschen ganzheitlich entwickeln und eine gesunde körperliche, geistige, emotionale und soziale Entwicklung des Kindes fördern.

 

  1. Entwicklung der Lehrkräfte und des Unterrichtes

Der individualisierte Unterricht stellt hohe Anforderungen an die Lehrkräfte. Sie müssen neue didaktische Methoden beherrschen und den:die einzelne:n Schüler:in richtig einordnen. Sie müssen z.B. folgende Fragen beantworten:

  • „Welche Kompetenzen, Fertigkeiten und Fähigkeiten sind vorhanden?“
  • „Welche Lernziele und Kompetenzen sollen als nächstes angegangen werden?“
  • „Wer soll in einem Team gemeinsam Aufgaben bearbeiten?“
  • „Wer lernt besser allein?“
  • „Wer arbeitet besser zusammen? Mit wie vielen?“
  • „Wo sind Schwerpunkte in der Förderung zu setzen?“

Die Lehrkräfte im individualisierten Unterricht sind nicht nur Moderator:innen, sondern sie steuern den Lernprozess und passen die Methoden ihren Schüler:innen an. Dabei müssen sie sich nicht permanent im Mittelpunkt bewegen, sondern verstehen es, sich situationsgerecht einzubringen wie auch sich zurückzuziehen. Somit entsteht ein Wechsel von Phasen des Inputs bis zur Freiarbeit und hin zum Coaching-Gespräch. Die Ausbildung von Lehrer:innen muss entsprechend weiterentwickelt werden. Schulbücher und Unterrichtsmaterialien, die verschiedene Aufgabenniveaus und Kompetenzraster abbilden, müssen neu nach Änderung der Bildungspläne konzipiert werden.

Selektion und Benotung dürfen nicht mehr den Schulalltag bestimmen. Die Lernarbeit konzentriert sich vielmehr auf die Entwicklung der individuellen Stärken und die Stärkung der weniger gut ausgeprägten Fähigkeiten. Auch die Leistungsmessung und -bewertung muss überdacht werden:

  • von einer Noten- zu einer Kompetenzkultur
  • Dokumentation in einem Lerntagebuch
  • Vorbereitung mit Unterstützung des:r Lernbegleiter:in der:s Lehrerin:s
  • möglichst freie Wahl der Testat-Zeitpunkte
  • modularisierter Aufbau der Inhalte und Prüfungen
  • klare Trennung von Lern- und Prüfungsphasen

Individuelles Lernen bedeutet, dass die Struktur des Schuljahres, der Unterrichtsphasen und des einzelnen Lerntages den äußeren Rahmen bilden, der eine umfassende Ausgestaltung des eigenständigen Lernens überhaupt erst möglich macht. Im Unterschied zu einem Stundenplan, wie er in Regelschulen üblich ist, verzichtet diese Wochen- und Tagesstruktur jedoch auf eine Unterteilung nach 45-Minuten-Schulstunden, sondern gibt lediglich die Unterrichtsphasen vor.

 

  1. Multiprofessionelle Teams

Teamarbeit auf Augenhöhe ist die Grundlage des gemeinsamen Arbeitens in einer rhythmisierten Ganztagsschule. Für die personelle Besetzung ist eine gute Mischung aus ausgebildeten Lehrkräften, Schulsozialarbeiter:innen, Trainer:innen, fachlichen Spezialist:innen (z.B. Schulpsycholog:innen, Logopäd:innen, Heilpädagog:innen) sinnvoll. Diese multiprofessionellen Teams kooperieren miteinander auf Augenhöhe, beraten sich gegenseitig und gestalten die Lern- und Entwicklungsprozesse gemeinsam. Kommunen und Land sind hierbei mit Unterstützung des Bundes in der Pflicht für verlässliche und vollwertige Beschäftigungsverhältnisse im Sinne „guter Arbeit“ zu sorgen und die Eigenverantwortung der Schulen vor Ort zu stärken.

Um den komplexer gewordenen Schulalltag zu bewältigen ist auch die regelmäßige und temporäre Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern notwendig. Diese kann und muss durch den gesamten Schultag nach dem Rhythmus der Schule organisiert werden. Eine generelle Trennung von Unterricht und außerunterrichtlichen Angeboten ist in einer Guten Ganztagsschule nicht möglich, die Gestaltung von Kooperation und Teamarbeit ist Teil des professionellen Selbstverständnisses aller Beteiligten. Auch in möglichst vielen Fachbereichen sollten verlässliche Kooperationen mit außerschulischen Partnern und Lernorten sowie mit Expert:innen und Einrichtungen in der Region geschlossen werden. Die Schulen müssen sich hierfür öffnen (dürfen) und ihre Ressourcen, ihre Materialien und Räumlichkeiten in diese Kooperationen einbringen.

Diese Angebote müssen attraktiv sein, auf die Schüler:innen und ihre Interessen abgestimmt sein und sich gegenseitig ergänzen. Gerade hier sollten mehr Möglichkeiten genutzt werden, verstärkt andere Lernorte aufzusuchen und jahrgangsübergreifende Angebote zu tätigen. Hierzu müssen Rahmenverträge mit außerschulischen Verbänden und Vereinigungen geschlossen werden, die eine Kooperation für einzelne Schulen erleichtern und rechtlich absichern. Vor Ort müssen Landkarten von regionalen Bildungslandschaften entwickelt und umgesetzt werden. Andere Bundesländer machen das seit Jahren vor.

Mit den multiprofessionellen Teams werden die Lerninhalte auf vielfältigen Ebenen vermittelt und gefestigt. Während Kinder aus bildungsbenachteiligten Familien in Vereinen sowie an Musik- und Kunstschulen kaum anzutreffen sind, erreichen die Kurse und Projekte an einer „Guten Ganztagsschule“ Schüler:innen aus allen sozialen Schichten. Dass gebundene Ganztagsschulen hier mehr Chancengerechtigkeit bieten, zeigt auch der aktuelle Chancenspiegel.

 

  1. Das Lernumfeld

Nicht nur ein anderes Miteinander prägt junge Menschen, sondern auch die gestalterische Qualität der schulischen Lebenswelt. So hat die Architektur der Schule einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Lernqualität. (der Raum als dritte Pädagog:in) Sie soll motivieren, inspirieren, Rückzugsmöglichkeiten anbieten und zu geistigen und körperlichen Aktivitäten anregen. Es ist nicht zuletzt die Gestaltung einer Schule, die moderne Lernmethoden überhaupt erst möglich machen. Neben der reinen Funktionalität müssen auch ästhetische Aspekte mit einfließen. Sie sollen das individuelle Lernen begünstigen und gleichzeitig den „Lernort Schule“ zu einem „Lebensort Schule“ erweitern.

 

Lebens- und Lernmittelpunkt können Lernateliers der Lernteams sein. Dies sind weder Klassenzimmer im herkömmlichen Sinn noch Spielzimmer. Moderne Ganztagsschulen besitzen flexible Raumzonen, bieten Räume zur freien Stillarbeit bis zum vernetzten Unterricht in Gruppen, für Aktivitäten und Entspannung. Die Schule braucht altersgerechte Funktionsräume, die von den Lernpartnern aller Klassen gemeinsam genutzt werden können. Dazu zählen Werkstätten, Musikräume, Naturwissenschafts-Labore, Kunsträume, Präsentationsbereiche, Büchereien, Sporträume und -hallen, Sammlungen, (Theater-) Bühnen und außerschulische Lern- und Bildungsorte.

Neben einer angemessenen Architektur hat die Bereitstellung geeigneter Materialien erheblichen Einfluss auf das Lernverhalten und gibt wichtige Lernimpulse. Der Medieneinsatz sollte weit über klassische Lernmittel wie Bücher und andere gedruckte Medien hinausgehen. Er umfasst neben den neuen Medien, wie elektronische Tafeln und (Tablet-) PCs auch Werkzeuge, Baumaterialien, Textilien, Pflanzen, Lebensmittel und vieles mehr.

 

  1. Das Mittagessen

Das Mittagessen erfüllt die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und beinhaltet viele frische, möglichst regionalen, Lebensmittel sowie Getränke. Speiseräume sind mit einer ausreichenden Anzahl von Sitzplätzen ansprechend einzurichten. Das Mittagessen ist für die Schüler:innen wie die Grundversorgung kostenlos.

Gerade an weiterführenden Schulen sollte gewährleistet sein, dass sich Jugendliche individuell versorgen können; an Grundschulen sollten zwischendurch Getränke und ein Nachmittagsimbiss angeboten werden.

Die Schulverpflegung erfüllt neben der gesunden Ernährung weitere wichtige Aspekte. So werden Tischmanieren, ein respektvoller Umgang mit Lebensmitteln ebenso erlernt, wie Grundlagen gesunder Ernährung. Hier spielen auch Kochkurse eine wichtige Rolle.

Die Zeit des Mittagessens wird vom gesamten Team auch zum persönlichen Kennenlernen der Schüler:innen genutzt. Dies steigert den sozialen Zusammenhalt der Schulgemeinschaft und lässt ein rasches Erkennen von Potentialen und Problemen der SchülerInnen zu.

 

  1. Übungs- und Förderangebote

Übungsphasen als Hausaufgaben sind eine der größten sozialen Ungerechtigkeiten, da sie häufig über das reine Wiederholen und Vorbereiten hinausgehen und auch der Erarbeitung von nicht geschafften Unterrichtsinhalten dienen. Dies erfolgt zudem inhaltlich und methodisch unkontrolliert. Werden Schüler:innen zu Hause angeleitet oder haben ein hohes Maß an Eigendisziplin, gelingt dies zum Teil. Eine große Zahl von Schüler:innen muss dies aber allein bewerkstelligen, z.B. weil sie nachmittags allein zu Hause sind. Auch wenn diese Kinder gleich begabt sind, können sie kaum den gleichen Erfolg wie angeleitete und unterstützte Kinder erreichen. Es bedarf also professioneller Hilfe für Alle. Die Guten Ganztagsschulen kann dies durch Übungs- und Förderangebote im Tagesablauf professionell und zeitlich passend anbieten.

 

  1. Der Weg dahin
  • Wir werden den Dialog mit den Schulen, Lehrkräften und Mitarbeiter:innen suchen: Eine gut aufgebaute und funktionierende rhythmisierte Ganztagsschule ist eine Entlastung für alle Beteiligten.
  • Wir werden einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer kostenfreien rhythmisierten Ganztagsschule wird bayernweit bis zum Ende der Sekundarstufe 1 einführen.
  • Wir werden die Eltern in die schulischen Lern- und Erziehungsprozesse mit einbeziehen. Ein partnerschaftlicher Umgang von Elternhaus und Schule ist dafür Voraussetzung.
  • Wir werden die Kooperation zwischen Schulen und Verbänden sowie Einrichtungen fördern.
  • Wir werden eine weitere Informations- und Imagekampagne, die Gesellschaft, Verwaltung und Politik in ansprechender und angemessener Form über die Arbeit in einer „Guten Ganztagsschule“ aufklärt, durchführen und für die Schulform werben.
  • Wir werden von regionalen Bildungslandkarten zum Aufbau von vernetzten regionalen Bildungslandschaften (Erweiterung der Schulentwicklungsplanung) im Kontext der Landesplanung entwickeln.
  • Wir werden Schulen mehr Autonomie einräumen: Es ist besonders wünschenswert, dass die „Gute Ganztagsschulen“ in hohem Maße selbstständige Schulen sind, die gemäß der Zahl ihrer Schüler:innen und ihres Konzeptes einen Etat erhalten, den sie selbstständig verwalten und über ihren Personaleinsatz selbst entscheiden können.
  • Wir werden eine Informationspraxis einführen, die Schulleitung, Lehrkräfte und Eltern hinreichend und fundiert informiert.
  • Wir werden Fortbildungen zur Konzeption einer „Guten Ganztagsschule“ in das Programm zur Aus- und Fortbildung von Schulleitungen und Lehrkräften sowie der Schulentwicklungstage aufnehmen.
  • „Gute Ganztagsschulen“ bieten „vor Ort Veranstaltungen“ im Sinne von Best Practice Beispielen an.
  • Wir werden Schulträger:innen verpflichten, ihre Schulen bei der Entwicklung von Konzepten zur „Guten Ganztagsschule“ zu unterstützen. Besonders berücksichtigt wird dabei die Umgestaltung der Raumkonzepte mit Einführung von Gruppenräumen, Rückzugs-gelegenheiten, Räumen für Aktivitäten, Besprechungsräume und Lagerräumen sowie die Gestaltung aller Räumlichkeiten als ansprechenden und anregenden Lern- und Lebensort.

 

Fazit. Ganztagsschulen als integrierte Schulsysteme sind die entscheidende Voraussetzung einer Beseitigung des Zusammenhangs zwischen Bildungsherkunft und Schulerfolg. Die SPD setzt sich für die flächendeckende Einführung von rhythmisierten Ganztagsschulen ein. Hierzu werden alle Verantwortlichen aufgefordert, auf die Abschaffung des Kooperationsverbotes im Grundgesetz hinzuwirken, damit Programme der Bundesregierung stärker als bisher auf die Förderung von Guten Ganztagsschulen hinwirken können.

 

 

06 Gemeinschaftsschule

 

  1. Gemeinschaftsschule ergänzt als zusätzliches Angebot die bayerische Schullandschaft, wie schon in den anderen 15 Bundesländern.
  2. Gemeinschaftsschule setzt auf längeres gemeinsames Lernen und die bewährten Methoden der Reformpädagogik.
  3. Ausgehend vom gymnasialen Niveau werden alle Schulabschlüsse angeboten.

 

Einführung. Unser Verständnis von einem Kind ist das eines „mit Leib, Geist und Seele einmaligen, unverwechselbaren und ganzheitlichen Geschöpfes. Es besitzt eine besondere Würde. Es hat ein Anrecht auf sein eigenes Leben, es hat seine eigene Natur, die von der der Erwachsenen unterschieden ist. Sie ist gekennzeichnet durch Spontanität, Initiative und Willen zur Entfaltung der angelegten Fähigkeiten.“

„Das Kind ist zwar Person, aber noch nicht voll entfaltet. Diese Arbeit kann nur das Kind selbst erbringen. … Jedes Kind will arbeiten. … Es ist zur Selbstverwirklichung in Freiheit berufen und fähig. … Freiheit und Ordnung bedingen sich gegenseitig und bilden ein Gegengewicht zu Zerstreuung, Streit und Chaos.“

In unseren gegenwärtigen Schulen werden die Schüler:innen auf Schulaufgaben punktgenau „hin getrimmt“, anstatt sie an Zusammenhänge heranzuführen. Was zählt ist kurzfristiges schulaufgabenzentriertes Wissen und weniger nachhaltiges Lernen und Verstehen. In Bayerns Bildungseinrichtungen gibt es zu wenig Zeit zum Lernen. Dies führt, wie am übereilt eingeführten G8 zu erkennen war, zu Turboschulen mit der Folge, dass der Unterricht nach Hause verlagert wird. Wer in der Schule nicht mitkommt, muss den umfangreichen Lehrstoff zu Hause „verstehen lernen“. Wenn er kann!

„Wenn wir die Kinder des 21. Jahrhunderts von Lehrern mit einem Ausbildungsstand des 20. Jahrhunderts in einem Schulsystem unterrichten lassen, das im 19. Jahrhundert konzipiert wurde und sich seitdem nur graduell verändert hat, dann kann das so nicht funktionieren.“

 

06.01 Bildungspolitik der Zukunft.

Wir werden in einer Bildungspolitik für die Zukunft unterschiedliche individuelle Lernangebote bereitstellen und lassen die Kinder nicht auf unterschiedliche Schularten zerfasern. Unser Verständnis von Schulorganisation erschöpft sich nicht im gemeinsamen Unterricht im Klassenverband, sondern wird ergänzt durch das Arbeiten in jahrgangsgemischten oder klassenübergreifenden heterogenen Lerngruppen. Entscheidend ist, dass sich Lehren und Lernen an der individuellen Entwicklung und Leistungsfähigkeit der Lernenden orientieren.

Bisher geht Bayern leider den Weg der Selektion am Ende der Jahrgangsstufe 4 der Grundschule und des „Lernen im Gleichschritt“, wo jeder Schüler, jede Schülerin unabhängig von der individuellen Entwicklung und Leistungsfähigkeit punktgenau ein vorgeschriebenes Lernpensum erreicht haben muss. Dies führt zu Demotivation, Über- oder Unterforderung und Ungerechtigkeiten.

 

06.02 Schulen der Zukunft.

Unsere Schulen werden sich durch ein Höchstmaß an Selbständigkeit und Selbstverantwortung auszeichnen. Schulen werden zuständig sein für die selbständige pädagogische Profilbildung, die eigenverantwortliche Gestaltung des Unterrichts, die selbständige Verwaltung eines Budgets und die Freiheit besitzen, Personalentscheidungen treffen zu können.

 

06.03 Stärken der Lernenden fördern.

Ein Prinzip des Lernens in der Gemeinschaftsschule wird sein, das untere Leistungsniveau ständig anzuheben und Stärken der Lernenden zu fördern. Die Lehrenden sind Mentor:innen für Lernende. Neben der Vermittlung von Grundwissen und Fachwissen wird die Sozialkompetenz in den Lehrzielkatalog aufgenommen. Jedes Kind steckt in individuellen Lebenssituationen. Die Bildungseinrichtungen werden sich auf diese Individualität einstellen und nicht umgekehrt. Grundlage dafür muss es aber sein, jedem:r Einzelnen den für sie/ihn nach ihren:seinen individuellen Fähigkeiten gangbaren Bildungsweg zu eröffnen.

Bildung und Leistung können nicht „herbeikommandiert“ werden. Dies gilt auch und insbesondere für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Das gesamte bayerische Bildungssystem muss nach dem Grundsatz organisiert werden, allen Kindern und Jugendlichen unabhängig vom Bildungshintergrund der Eltern, nach Neigungen, Fähigkeiten und der unterschiedlichen Entwicklung individuell zu fördern.

 

06.04 Alle Bildungseinrichtungen sind inklusive Fördereinrichtungen.

Die Gemeinschaftsschule ist eine Schule für alle Kinder. Sie nimmt alle Kinder auf und gibt allen die Möglichkeit, einen für sie angemessenen Schulabschluss zu erreichen.

Alle Bildungseinrichtungen werden gemäß Artikel 24 (1) der UN-Konvention zu inklusiven Fördereinrichtungen. Hoch spezialisierte Fördereinrichtungen müssen dabei erhalten bleiben. Individuelle Förderung braucht Zeit und Raum. Zeit ist die Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Lernenden. Zeit ist für das Lernen und Üben erforderlich. Das pädagogische Personal braucht Zeit, um einen kreativen und pädagogisch hochwertigen Unterricht zu gestalten und stets weiterzuentwickeln. In Bayern wird zu wenig individuell gefördert, zu früh und zu oft selektiert.

 

06.05 Ganztagsschule.

Die Gemeinschaftsschule ist an mindestens drei oder vier Tagen eine gebundene, an ein bis zwei Tagen eine offene Ganztagesschule mit zusätzlichen Wahlangeboten in Kooperation mit den örtlichen Vereinen und der regionalen Wirtschaft. Hausaufgaben und Nachhilfe entfallen, weil die nötigen Übungsphasen in der Schule stattfinden. Beides leistet die Gemeinschaftsschule. Mittagessen über die schuleigene Mensa und Betreuungsangebote auch außerhalb der Schulzeiten sind selbstverständlich.

 

06.06 Lernzeit an der Gemeinschaftsschule.

Lernende arbeiten in der Regel an einem Wochenplan. Wochenplan-Arbeit ist in vielen Schulen im In- und Ausland erprobt und seit Jahrzehnten bewährt. Der Schulalltag ist in verschiedene eingeteilt, die sich schon in der Reformpädagogik bewährt haben:

Der Schulalltag ist in verschiedene Lernzeiten eingeteilt:

  • Klassenkreis
  • Selbstorganisiertes Lernen (SOL) bzw. Selbstgesteuertes Lernen (SegeL)
  • vernetzter Unterricht (VU)
  • Fachunterricht
  • Mittagsfreizeit
  • Handwerkserziehung (mit der folgenden Zeile getauscht)
  • Offene Angebote (Neigungsgruppen/Arbeitsgemeinschaften)

Die Schüler:innen werden von einem Lehrer:innen-Team, bestehend aus zwei Klassenlehrer:innen und Lehrer:innen mit verschiedenen fachlichen Schwerpunkten betreut. Unterstützung bekommen sie von einem multiprofessionellem Kompetenz- und Expertenteam, das die weiteren Anforderungen, wie z. B. Persönlichkeitsentwicklung, Umgang mit digitalen Medien, etc. abdeckt.

 

06.07 Lernorte.

Durch moderne Unterrichtsmethoden (selbstorganisiertes und kooperatives Lernen) und Jahrgangsmischung ist es möglich, dass alle Lernenden in ihrer Schule bis zur Jahrgangsstufe 10 (Sekundarstufe 1) weiter gehen können. Bei einer ausreichenden Zahl von Lernenden ist eine gymnasiale Oberstufe an der Gemeinschaftsschule möglich und die Schüler bleiben bis zum Abitur im Ort. Längeres gemeinsames Lernen mit starker Individualisierung ermöglicht es den Lernenden immer die richtigen Lernpakete zu schnüren und sie optimal auf alle Abschlüsse und Übergänge vorzubereiten. Dabei hat eine starke Berufsvorbereitung ebenso Platz wie das Aneignen zum Beispiel weitere Fremdsprachen als Vorbereitung auf die Gymnasiale Oberstufe.

 

06.08 Gegen das Schulsterben im ländlichen Raum.

Mit der Gemeinschaftsschule werden wir dem Schulsterben im ländlichen Raum ein Ende setzen. Deswegen und um Bildungsgerechtigkeit herzustellen, werden wir Gemeinschaftsschulen, wie es sie bereits in den anderen 15 Bundesländern gibt, flächendeckend in ganz Bayern möglich machen. Gleichzeitig werden wir das Übertrittszeugnis abschaffen. Dafür werden wir unverzüglich die gesetzlichen Weichen stellen.

 

06.09 Leistungen.

Die Gemeinschaftsschule bietet:

  • gymnasiale Standards ab Jahrgangsstufe 5 mit Anpassung an das Leistungsvermögen der Lernenden
  • Vermittlung von Kernkompetenz und kindergerechte Lehr- und Lernmethoden
  • individuelle Förderung jedes Einzelnen
  • Schule vor Ort: kurzer Schulweg für Kinder
  • alle in Bayern üblichen Abschlüsse nach den Jahrgangsstufen 9 bzw. 10, z.B.: Qualifizierender Mittelschulabschluss („Quali“), Realschulabschluss (Mittlere Reife) und die Berechtigung zum Eintritt in die Oberstufe des Gymnasiums ohne zusätzliche Prüfung bzw. Eintritt in die gymnasiale Oberstufe der Gemeinschaftsschule;
  • spezielle Lernmodule, die auf die verschiedenen Abschlüsse vorbereiten;
  • kleine Klassen bzw. Lerngruppen bis max. 24 Schüler;
  • einen sanften Übergang von der Grundschule zur Gemeinschaftsschule OHNE Übertrittszeugnis.

06.10 Leistungsnachweise und Rückmeldungen.

„Die Schule ist mit Prüfungen und Noten zur Treibjagd verkommen“ (Remo Largo, Schweizer Kinderarzt und Entwicklungspsychologe). Dem wirkt die Gemeinschaftsschule mit 4 Formen der Rückmeldung entgegen:

  • der persönliche Brief beschreibt die Entwicklung,
  • Selbsteinschätzung, z. B. über Lerntagebücher und Portfolios,
  • Lernentwicklungsbericht als Gesprächsgrundlage mit Schüler:innen und Eltern, sowie,
  • Noten, aber nur sofern darauf wegen der Bewerbung oder Abschlüssen zurückgegriffen werden muss.

 

06.11 Grundzüge der Lehr- und Lernmethoden.

Schüler:innen Lernenden wird die Möglichkeit gegeben, schrittweises, selbständiges und selbstverantwortliches Arbeiten einzuüben. Dies ermöglicht den Lernenden, den Lernprozess mehr und mehr selbst zu gestalten. Lehrziele werden dem Leistungsvermögen des Einzelnen angepasst, das Lerntempo bestimmt jeder selbst. Selbständigkeit ist eine Grundkompetenz für die Arbeitswelt und erfüllte Lebensführung.

06.11.1 Prinzip der vier Pädagog:innen. Jeder Lernende hat vier Pädagog:innen die ausgebildeten Lehrer:in, die Mitschüler:innen, den Raum und die Zeit. Die wesentliche Unterrichtsaktivität wird von der Lehrkraft auf die Lernenden verschoben. Somit ist es Schülern nicht mehr möglich, sich passiv berieseln zu lassen und Lernen als reine Anwesenheit zu verstehen. Dadurch, dass sie dabei auf ihre Mitschüler:innen angewiesen sind, erwerben sie Kompetenzen, die sie für ein erfolgreiches Studium und für erfolgreiche berufliche Tätigkeit dringend benötigen. Dabei ist die Schule insgesamt ein vorbereiteter Raum mit starkem Betätigungsangebot mit der Aufgabe, dem Kind zu erlauben, sich zu entfalten. Der Raum erlaubt die Wahl zwischen konzentrierter Einzelarbeit in Isolation, Partner:innen- und Kleingruppenarbeit mit Diskussion, Klassenarbeit in größeren Gruppen sowie Freizeitaktivitäten und Erholung. In Lernzentren finden sich alle erforderlichen Materialien. Mehr Zeit ist erforderlich, um jeden Lernenden wirklich und länger zu erreichen. „Zeit verlieren heißt Zeit gewinnen“ sagte schon J.-J. Rousseau und meinte damit sicher, dass die heute übliche Beschleunigung und Verdichtung von Unterricht kontraproduktiv ist. Z. B. Teamarbeit, vernetztes Lernen, Projekte, handwerkliches und musisches Tun in der Gemeinschaft benötigen mehr Zeit, machen aber Lernprozesse erst wirklich nachhaltig.

06.11.2 Direkte Instruktion. Für diesen Weg ist die international bewährte Methode der Direkten Instruktion ideal: anders als im zurzeit vorherrschenden Frontalunterricht, in dem das fragend-entwickelnde Unterrichtsgespräch die zentrale Rolle einnimmt oder es lange Lehrer:innenvorträge gibt. Am Anfang erklärt die Lehrkraft die Kompetenz, die die Schüler:innen anwenden sollen, so lange, bis sie alle verstanden haben. Und im Lernprozess gibt die Lehrkraft allen die benötigte Hilfe. Am Ende werden die Lernenden in der Lage sein, selbständig Wissen zu erarbeiten. Denn auch in der direkten Instruktion wird Selbständigkeit als Ziel von Unterricht gesehen.

06.11.3 Das kooperative Lernen. Auch diese Methode ist international bewährt unter dem Namen „think, pair, share“, wobei die Lernenden in drei Schritten zu ihrem Lernerfolg kommen:

  • Nach-Denken (think): In Einzelarbeit und durch Unterstützung der Lehrenden wird das Thema durchdrungen, bestehende Lernerfahrung angewendet und Strukturen erarbeitet.
  • Austauschen in Partnerarbeit (pair) oder Kleingruppen werden die fehlenden Inhalte ergänzt, bewertet und eingeordnet. Stärkung der sozialen Kompetenz steht hier im Mittelpunkt.
  • Präsentieren (share): Der Lernerfolg muss gesichert werden. Dies kann u.a. dadurch geschehen, dass das Erarbeitete vor Lerngruppen oder größerem Publikum vorgetragen wird. Motto: Was man erklären kann, hat man auch verstanden!

Ein Team aus Lehrenden begleitet die Lernenden intensiv bei diesem Lernprozess. Eine große Rolle spielen hier aber auch die Mitschüler:innen (Lernpartner:innen) als „zweite Pädagog:in“.

06.11.4 Lernen durch Arbeiten in Projekten. Die Entwicklung der Selbständigkeit wird gefördert durch das Arbeiten in Projekten. Themen auswählen und Arbeitsabläufe planen, sie schrittweise ausführen bis zum Erfolg und das Ergebnis zu sichern ist anspruchsvoll und nahe an der beruflichen Wirklichkeit. Projektarbeit hat sich in über 100 Jahren bewährt, drang aber nur sehr langsam in die bayerische Schule.

 

06.12 Eltern.

Eltern sind ein aktiver Teil der Schulfamilie, genauso wie Schüler:innen, Lehrer:innen, Sozialpädagog:innen und alle anderen Mitarbeitenden. Über die in der Schulordnung bereits festgelegte Mitwirkung arbeiten sie bei der Entwicklung und Umsetzung des Schulprogramms aktiv mit und helfen, den Kontakt zu externen Partnern zu knüpfen und aufrechtzuerhalten. In Elternseminaren werden z. B. das Konzept und spezielle Vorhaben erläutert und diskutiert. Auf Dauer wird so eine viel positivere Identifikation der Kinder und Eltern mit der Schule erreicht.

 

06.13 Zusammenfassung.

Wir brauchen eine Schule für alle, damit

  • Kinder und Jugendliche ihre persönlichen Lernwege gehen können – ohne durch Zeit- und Notendruck entmutigt zu werden
  • Entwicklung und Lernprozess jedes einzelnen Kindes im Mittelpunkt steht – ohne Übertrittsstress und Dramen in den Familien
  • durch schüler:innenaktives Arbeiten nachhaltiges und vernetztes Lernen möglich wird – anstatt frontaler Belehrung und Bulimie-Lernen für die nächste Prüfung
  • jedes Kind seine Potentiale entfalten kann, anstatt durch Einheitsunterricht im Gleichschritt über- oder unterfordert zu sein
  • Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen inklusive Schulen besuchen können – anstatt ausgesondert zu werden
  • in Ganztagsschulen allen Kindern eine anregende Umgebung und individuelle Förderung zugutekommt – ohne Zusatzausgaben für Nachhilfe
  • Kinder wieder mehr Freizeit haben, anstatt nach dem Nachmittagsunterricht und wegen in der Schule nicht angebotenen Übungsmöglichkeiten stundenlang und allein für sich Hausaufgaben machen zu müssen

„Die frühe Selektion in Deutschland hat eine Reihe von Auswirkung – ausschließlich negative“ (Remo Largo, Kinderarzt und Entwicklungspsychologe).

Dass die aufgezeigten Wege funktionieren, zeigen mehrere europäische Länder, darunter auch alle Bundesländer, bis auf Bayern.

 

 

07 Inklusion und Integration

 

  1. Ein inklusives Bildungssystem von der frühkindlichen Bildung bis zur Erwachsenenbildung ist der Schlüssel zu Chancengleichheit und bester Bildung für alle.
  2. Inklusion kann nur in multiprofessionellen Teams geleistet werden.
  3. Das Selbstverständnis einer inklusiven Schule ist es, alle Kinder mit ihren Talenten, Fähigkeiten und Bedürfnissen wahrzunehmen und entsprechend zu fördern.
  4. Wir werden den Rechtsanspruch auf inklusive Bildung gemäß der UN-BRK und des Bayerischen Unterrichts- und Erziehungsgesetzes umsetzen.

 

07.1 Inklusion ist ein Menschenrecht.

In der UN-Behindertenrechtskonvention, die seit 26.03.2009 in der Bundesrepublik Deutschland geltendes Recht ist, wird die Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen gefordert. Sie richtet sich gegen soziale Ausgrenzung und steht für die Inklusion aller Menschen in der Gesellschaft. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir die gesetzlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen schaffen, um allen Menschen in jeder Lebensphase gleiche Chancen für gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.

 

07.2 Bildung ist ein Menschenrecht.

Das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben und gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen sind Grundpfeiler einer demokratischen und humanitären Gesellschaft. Nur durch Bildung werden Menschen in die Lage versetzt ihr Potenzial zu nutzen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Bildung befähigt zu einer wirksamen Teilhabe an der Gesellschaft.

Selbstbestimmung darf nicht nur auf dem Papier existieren. Menschen müssen die reale Möglichkeit haben, mit einer eigenen Stimme zu sprechen und eigene Entscheidungen zu treffen. Das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an der Bildung für den Erwerb lebenspraktischer Fähigkeiten und sozialer Kompetenzen muss für alle Menschen eingelöst werden. Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert daher auch folgerichtig ein inklusives Bildungssystem. Hier besteht in Bayern, angesichts des noch vorherrschenden selektiven Verständnisses in der Bildung, nach wie vor deutlicher Handlungsbedarf.

Ein inklusives Bildungssystem, von der frühkindlichen Bildung bis zur Erwachsenenbildung, ist der Schlüssel zu Chancengleichheit und bester Bildung für alle. Alle im Bildungssystem eingebundenen Professionen müssen den inklusiven Ansatz verfolgen und werden entsprechend qualifiziert.

Die Herausforderungen für alle Bildungseinrichtungen ist, sie so zu gestalten, dass alle Menschen, entsprechend ihren Bedürfnissen, in gleicher Weise Zugang und Förderung erhalten. Nur ein inklusives Bildungssystem ist zukunftsfähig.

 

07.3 Handlungsfelder.

  • Inklusion beginnt in der frühkindlichen Bildung. Wir werden für alle Kinder das Recht auf eine wohnortnahe individuelle Förderung einführen. Auch die räumlichen, personellen und pädagogischen Rahmenbedingungen werden wir schaffen, damit alle Einrichtungen inklusiv arbeiten können.
  • Inklusion ist eine selbstverständliche Herausforderung für alle Schulen. Um dem gerecht zu werden, erhalten alle Schulen die notwendigen personellen und fachlichen Ressourcen. Für ihre Entwicklung zu inklusiven Schulen erhalten sie umfangreiche Unterstützung und Begleitung.
  • Das Selbstverständnis einer inklusiven Schule ist es, alle Kinder mit ihren Talenten, Fähigkeiten und Bedürfnissen wahrzunehmen und entsprechend zu fördern. Dieses Selbstverständnis werden wir zur Grundlage des pädagogischen Konzeptes aller Schularten machen. In der Gemeinschaftsschule (Kapitel 06) gehört dies zum Grundkonzept.
  • Damit alle Lehrer:innen ihrer gemeinsamen Verantwortung auch gerecht werden können, werden wir den Erwerb förder- und inklusionspädagogischer Kompetenzen als wichtigen Bestandteil des bildungswissenschaftlichen Studiums aller Schularten in die Standards für die Lehrerbildung aufnehmen und entsprechende Fortbildungsangebote schaffen. Inklusion ist ein gesellschaftliches Prinzip und kann nicht an der Schultür halt machen.
  • Informations- und Beratungsangebote müssen barrierefrei zugänglich sein. Dazu gehören entsprechend gestaltete Internetangebote und Beratungsstellen, die bei Bedarf individuell angepasste Unterstützung zur Verfügung stellen können.
  • Der barrierefreie Zugang zur Hochschule umfasst nicht nur die baulichen Gegebenheiten und den Zugang zu Informationen, es bedarf auch einer erhöhten Flexibilität der Studienstruktur.
  • Ein Perspektivwechsel von der individuellen Verantwortung der Studierenden mit Beeinträchtigung zu einer institutionellen Verantwortung muss vollzogen werden.
  • Ein wichtiges Fundament für die gleichberechtigte Teilhabe junger Erwachsener am Arbeitsleben ist das Recht auf eine Stereotype überwindende qualifizierte Berufsausbildung.
  • Eine abgeschlossene Berufsausbildung ist der Schlüssel für den Zugang zur Erwerbsarbeit. Daher ist es wichtig, alle Menschen während ihrer Ausbildung ihren individuellen Bedürfnissen entsprechend zu fördern und die Eingangs- und Ausgangsphasen flexibler zu gestalten.
  • Alle Bereiche der beruflichen Bildung (vorberufliche Bildung, Berufsausbildung, berufliche Weiterbildung) werden wir inklusiv aus- und aufbauen und die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen.
  • Inklusive Erwachsenenbildung bedeutet barrierefreie Teilhabe am Bildungsangebot, um gemeinsam, miteinander und voneinander zu lernen.

 

07.4 Fazit.

Wir werden eine breit angelegte, gesamtgesellschaftliche Diskussion anstoßen, um einen Bewusstseinswandel herbeizuführen. Dies kann nur durch Begegnung erfolgen. Wir werden ein inklusives Bildungssystem schaffen, in dem Vielfalt als Chance gesehen und als Ressource genutzt wird.

 

 

08 Berufliche Bildung

 

  1. Pfeiler der Beruflichen Bildung sind die Förderung der beruflichen Handlungskompetenz und die Persönlichkeitsentwicklung.
  2. Typische Unterrichts- und Arbeitsmethode im beruflichen Schulwesen ist das handlungsorientierte Unterrichten an praxisnahen Projekten.
  3. Die berufsspezifische Maschinen- genauso wie die unterrichtsmediale Ausstattung der beruflichen Schulen geht den Betrieben voraus.

 

08.01 Die berufliche Ausbildung erfolgt im dualen System und dauert 3 Jahre.

 

08.02 Darüber hinaus erproben berufliche Schulen verschiedene Modelle intensiver Verzahnung mit der betrieblichen Ausbildung z.B. nach dem Muster des Berufsgrundbildungsjahres der Ausbildungsrichtungen Zimmerer und Schreiner.

 

08.03 Eine nutzbringende Lernortkooperation (BS-ÜLU) wird gewährleistet.

 

08.04 Allen Personen, die dies wünschen, ermöglichen wir die Berufsausbildung in Teilzeit. Insbesondere für besondere Lebenssituationen (z.B. Alleinerziehende, Pflege von Angehörigen, Beeinträchtigung) haben Auszubildende das Recht auf Wechsel in die Teilzeitausbildung.

 

08.05 Die Klassenstärke beträgt maximal 25 Lernende. Nur so können moderne, effektive und lernenden-zentrierte Unterrichtsmethoden, die selbständiges Arbeiten im Berufsumfeld ermöglichen, eingesetzt werden. Eine deutlich größere Autonomie und Selbstverantwortung der Lehrenden und der Ausbilder:innen ist erforderlich.

 

08.06 Theoretischer Unterricht wird im guten Ganztagsbetrieb unterstützt durch umfangreiche Übungsphasen. Flexible schulorganisatorische Lösungen (z.B. Lernortaufteilung in die Orte Schule – Betrieb – überbetriebliche Einrichtungen) ermöglichen wir durch die Zusammenführung des theoretischen und praktischen Unterrichts.

 

08.07 Die Ausbildung erfolgt grundsätzlich handlungsorientiert an realen Projekten, weil dies dem Funktionieren der Arbeitswelt am nächsten kommt. Das bedeutet z.B. Verabschiedung des 45-Minuten-Taktes, Verzahnung von Theorie und Praxis und Teamarbeit in gemischten, heterogenen Lerngruppen.

 

08.08 Die Grundfinanzierung erfolgt so, dass alle Lehraktivitäten gemäß Lehrplan und Prüfungsordnung fachspezifisch sowohl materiell als auch personell abgedeckt werden können. Lernende arbeiten in ihrem Berufsfeld mit modernen Geräten.

 

08.09 Kostenfreiheit gilt auch für betriebliche Lernmittel und Fachbücher. Die Kosten trägt der Arbeitgeber.

 

08.10 Berufsschulen sind Vorreiter der Digitalisierung, sowohl was berufsspezifisches Arbeiten als auch was Unterrichtsmedien betrifft.

 

08.11 Das Lehrpersonal wird gemischt aus der Wirtschaft und den Lehrer:inenbildungsstätten rekrutiert. Berufserfahrung wird zwingend durch eine pädagogische Ausbildung ergänzt. Fortwährende Berufspraktika sichern eine moderne Ausbildung auch in Phase 3 (Berufsausübung).

 

08.12 Gewerkschaften sind in die Berufsvorbereitung und Ausbildungsberatung mit einbezogen.

 

08.13 Der Schulpsychologische Dienst mit Sozialpädagog:innen und Jugendsozialarbeit für die Berufsschulen wird ausgebaut.

 

08.14 Für jede:n Absolvent:in einer Mittelschule besteht eine gesetzliche Ausbildungsgarantie.

 

08.15 Für Betriebe ab einer Größe von 10 Mitarbeitern besteht eine Pflicht zur angemessenen Ausbildung. Betriebe, die nicht ausbilden, beteiligen sich durch eine angemessene Umlagezahlung an einen Ausbildungsfonds an den Ausbildungskosten nach dem Modell der Bau-Branche.

 

08.16 In den beruflichen Schulen sind Auszubildendenräte als Partizipationsmöglichkeit eingerichtet. Sie werden jährlich demokratisch von allen Auszubildenden unabhängig vom Alter gewählt und ergänzen u.a. Anlaufstellen für Auszubildende, die in Konflikten mit dem Betrieb (z.B. in Sachen Jugendschutz) vermitteln und bei der Kontaktaufnahme zu Kammern, Gewerkschaften oder Berufsinteressensvertretungen unterstützen.

 

08.17 Ein bayernweites 365-Euro-Ticket gilt in einem ersten Schritt für Auszubildende genauso wie für Schüler:innen oder Studierende. Angestrebt wird ein kostenloses Ticket.

 

08.18 Für ein ausreichendes Angebot an Auszubildendenwohnheimen ist gesorgt. Alternativ wird die Auszubildenden-Vergütung so weit erhöht, dass ein eigenständiges Leben möglich ist.

 

08.19 Bei geplanter Nichtübernahme gilt eine Ankündigungsfrist von einem Jahr vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses. Nichtübernahme muss umfangreich begründet werden.

 

08.20 Vor bedeutenden Prüfungen werden Auszubildende bis zu fünf Tage von den Betrieben freigestellt.

 

08.21 Vor bedeutenden Prüfungen werden auch die Prüfer:innen (mind. ein Tag) von den Betrieben freigestellt. Die Maßnahme dient der Gewinnung von Prüfer:innen, an denen zurzeit ein eklatanter Mangel herrscht.

 

08.22 Alle Lehrkräfte werden gleich bezahlt.

Begründung: Im Moment verrichten Lehrkräfte des gehobenen Dienstes die gleiche Arbeit wie die des höheren Dienstes, werden aber geringer bezahlt. Gleiche Bezahlung würde den Beruf attraktiver machen und helfen, den Lehrer:innenmangel zu beheben.

 

08.23 Wir werden die Bestellung von Ausbildungslotsen ermöglichen, die von vorberuflicher Berufsorientierung ab den Klassen 8 bzw. 9 bis zum Abschluss der Berufsausbildung gendersensibel aktiv werden. Ergänzend wird die Schulberatung durch Schulpsychologen und Jugendsozialarbeit massiv ausgebaut.

 

08.24 Für Lernende, die ein Klassenziel nicht erreichen oder selbst abbrechen, werden besondere Fördermaßnahmen aufgelegt.

 

08.25 Für den Einstieg von Meistern ins Studium werden wir geeignete Brückenkurse einrichten.

 

08.26 Gleichermaßen wie bei der Fachkräfteoffensive für Erzieher:innen wollen wir auch die Kapazitäten beim Lehramt erhöhen. Dabei berücksichtigen wir insbesondere den Bedarf an Lehrer:innen an Berufsschulen und Grundschulen sowie im Bereich der Sonderpädagogik.

 

08.27 Unser sozialdemokratisches Bildungsversprechen ist ein Chancenversprechen. Dieses gilt deshalb für den gesamten Lebensverlauf. Wir schaffen Aufstiegschancen in allen Bereichen der allgemeinen, beruflichen und hochschulischen Bildung. Mit einem offenen System der Aus- und Weiterbildung bekommen alle die Chance, beruflich Schritt zu halten oder aufzusteigen. Wir ermöglichen den Umstieg in neue Berufe. Mit einer solidarischen Arbeitsversicherung stellen wir sicher, dass alle im Wandel mitgenommen werden. Wir stehen dafür ein, dass den Menschen statt Abbrüchen oder Abstiegen durch Bildung immer wieder neue Chancen im Lebensverlauf eröffnet werden. Wir wollen eine funktionierende Ausbildungsgarantie: Alle erhalten die Chance auf eine berufliche oder akademische Ausbildung. Dafür investieren wir zuerst in den Ausbau der Kapazitäten. Wir wollen, dass in den Regionen genügend Ausbildungs- und Studienplätze zur Verfügung stehen, damit alle einen Platz finden können. Ausbildungsmärkte werden wir regional gestalten, um Impulse für die regionale Wertschöpfung zu geben. Zur Schaffung von Ausbildungsplätzen werden wir mehr Unternehmen gewinnen. Gleichzeitig nehmen wir die Wirtschaft mit branchenspezifischen Ausbildungsfonds in die Pflicht. Dort, wo es nicht gelingt, genügend Plätze anzubieten, übernimmt der Staat Verantwortung, indem er außerbetriebliche Ausbildungsstätten schafft.

 

 

09 Hochschulen

 

  1. Jede:r kann seine Qualifikation jederzeit und kostenlos erhöhen.
  2. Lehrende werden umfangreich durch Fachpersonal für die Lehre qualifiziert.
  3. Die Grundfinanzierung muss für alle verfassten Aufgaben reichen.

 

09.01 Zugang aus allen Bildungswegen.

Der Zugang zu Hochschulen und Universitäten erfolgt mit der Fachhochschulreife, der fachgebundenen und der allgemeinen Hochschulreife. Daneben können höhere Abschlüsse wie z.B. Meister:innenprüfung unter fachspezifischen Voraussetzungen die Weiterqualifikation an Hochschulen oder Universitäten ermöglichen. Dabei ist die Abschlussnote irrelevant.

 

09.02 Qualifikation in Teilzeit.

Jeder Qualifikationsschritt (Bachelor-Studium, Master-Studium, Referendariat, Promotion o.ä.) kann bei persönlichem Bedarf auch in Teilzeit erworben werden. Studierende, die für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen müssen oder Familie haben, werden nicht benachteiligt.

 

09.03 Kostenfreie Kinderbetreuung.

Studierende mit Kindern haben ein Recht auf kostenfreie Kinderbetreuung in Krippe und Kita. Die Öffnungszeiten dieser Einrichtungen sind an die Vorlesungszeiten angepasst und täglich flexibel.

 

09.04 Grundfinanzierung.

Sie erfolgt so, dass alle Lehraktivitäten gemäß Studien- und Prüfungsordnungen fachspezifisch sowohl materiell als auch personell abgedeckt werden können.

Das automatische Angleichen des Anstieges von Personal- und Sachkosten ist selbstverständlich. Es werden Mittel vorgehalten, damit auf neue finanzielle Anforderungen schnell reagiert werden kann, z.B. auf einen unvorhergesehenen Anstieg von Studienanfängern:innen.

 

 

 

09.05 Lehrpersonal didaktisch qualifiziert.

Das Lehrpersonal, z.B. aus dem Mittelbau genauso wie Professor:innen, ist didaktisch und pädagogisch durch Fachkurse in der Lehre qualifiziert.

 

09.06 Promotion auf ganzen Stellen.

Promotionen (das Fertigen von Doktorarbeiten) erfolgen i.d.R. auf vollen Stellen. Sofern Drittmittel-Projekte nur eine Teilstelle liefern, steuert die Universität bzw. das Land Bayern den fehlenden Anteil bei.

 

09.07 Mittelbau.

Der Anteil an grundfinanzierten permanenten Mittelbaustellen (für akademische Räte) wird für Lehr- oder technische Zwecke erhöht. Akademische Räte übernehmen einen wesentlichen Teil der Lehre, unterstützen dadurch Professor:innen und betreuen Großgeräte. Sie arbeiten weitgehend selbständig.

 

09.08 Betreuungsschlüssel.

Wir werden den Betreuungsschlüssel verbessern. Es wird ausreichend Lehrpersonal geben, um durchgängig Kursgrößen zwischen 25 und maximal 50 Teilnehmern anbieten zu können. Nur so lassen sich auch im Bereich des Grundstudiums moderne, effektive Lehrmethoden einsetzen, die über das einfache Vorlesungsformat hinausgehen.

 

09.09 Recht auf Weiterbildung und Höherqualifikation.

Studierende haben ein Recht auf einen höchstmöglichen Abschluss, genauso, wie Erwachsene mit einem Abschluss ein Recht auf Weiterbildung und Höherqualifizierung haben. Förderungen dürfen nicht nach dem ersten qualifizierenden Abschluss (z.B. Bachelor) enden.

 

09.10 Bafög Eltern unabhängig.

Bafög wird unabhängig vom Einkommen der Eltern und als Vollzuschuss gezahlt (siehe auch den eigenen Punkt BAFöG).

 

09.11 Wohnheimplätze.

Wir werden bezahlbare Wohnheimplätze für Studierende langfristig über das “Studentenwerk” in ausreichender Zahl zur Verfügung stellen.

09.12 Semesterticket landesweit.

Wir werden in einem ersten Schritt ein landesweites Semesterticket einführen. Eine bundesweite Gültigkeit wird angestrebt. Es ist im Rahmen der freien Schulwegbeförderung kostenlos.

Als Zwischenlösung werden Sondertarife für Studierende, Auszubildende etc. im bundesweiten Verkehr eingerichtet, vergleichbar mit dem früheren Sondertarif für Wehrdienstleistende.

 

09.13 Verfasste Studierendenschaft.

Wir werden die Verfasste Studierendenschaft auch in Bayern wieder einführen. Dies steht im Dienst der Erziehung zur Demokratie.

 

09.14 Gleichstellung für alle Minderheiten.

Unsere Gleichstellungs- und Gerechtigkeitsstrategie umfasst alle Geschlechter in den jeweiligen unterrepräsentierten Bereichen sowie Minderheiten und Menschen mit Beeinträchtigung. Allen wird es gleichermaßen ermöglicht, innerhalb der universitären Strukturen aufzusteigen. Alle Stufen der universitären Bildung und Lehre repräsentieren den gesellschaftlichen Anteil.

 

09.15 Prüfungsbedingungen.

Prüfungsbedingungen werden so flexibel gestaltet, dass alle Studierenden mit besonderen Bedürfnissen einen Abschluss erreichen können.

 

09.16 Digitalisierung.

Die Digitalisierung an Universitäten werden wir zügig weiterentwickeln, damit Studierende bei Bedarf mit wenigen fachlich begründeten Ausnahmen (z.B. Sport, Laborarbeit, Werkstätten, etc.) asynchron bis zum Abschluss arbeiten könnten. Dies gilt sowohl für das Onlineangebot an Veranstaltungen als auch für die Kommunikationstechnik und das Bibliotheksangebot (Zugang zu Büchern, Zeitschriften, Datenbanken und Software). Die Studierenden haben das Recht, dass ihre Lehrenden sich in den Möglichkeiten der digitalen Lehre fortbilden.

 

 

 

09.17 Ausnahmesituationen.

Für Ausnahmesituationen (z.B. Pandemie) werden wir ein einheitliches Konzept für den ganzen Freistaat Bayern entwickeln. Hierbei werden die Stimmen der Studierenden, Lehrenden und des Mittelbaus gleichermaßen angehört. Ziel muss es sein, eine einheitliche Regelung zu schaffen, die die Belange aller umfasst.

 

 

10 Digitalisierung in der Bildung

 

  1. Zur Digitalisierung in der Bildung gehören Infrastruktur, Endgeräte, eine angepasste Pädagogik, technisches Personal und laufende Fortbildungen.
  2. Digitale Endgeräte gehören in den Bereich der Lernmittelfreiheit.
  3. Zur Umsetzung der Digitalisierungsziele müssen Gesetze wie Lehrer:innenbildungsgesetz (LBG) und Hochschulrahmengesetz (HRG) angepasst werden.

 

Hintergrund. Die EU-Kommission konzipierte im Jahr 2010 die Digitale Agenda für Europa als eine der sieben Leitinitiativen der Strategie Europa 2020. U.a. werden Vorschläge für die Digitalisierung auch im Bereich der allgemeinen und der beruflichen Bildung, Jugend und Sport (zulässig nach Artikel 165 und 166) gemacht. In der Folge wurde die Aktion formuliert: Die Mitgliedsstaaten sollten bis … (unbestimmte Zeit) das elektronische Lernen in nationalen Maßnahmen zur Modernisierung des Bildungssystems zum Leitthema machen, unter anderem bezüglich der Ausbildungspläne, der Bewertung des Lernerfolgs und der beruflichen Weiterbildung von Lehrer:innen und Ausbildende.

 

10.1 Allgemeines und Technik

10.1.1 Gleiche Bildungschancen. Grundvoraussetzung für uns ist die Schaffung von gleichen Bildungschancen unabhängig von den finanziellen Voraussetzungen. Dies gilt als Voraussetzung für die Wirksamkeit der Digitalisierung in der Bildung und auf dem Arbeitsmarkt.

Digitale Bildungsinhalte werden wir für jeden und jederzeit kostenlos und barrierefrei zugänglich machen.

10.1.2 Pädagogische Voraussetzung. Genauso ist es eine Grundvoraussetzung für jegliche Form der Digitalisierung, dass eine Pädagogik zugrunde liegt, die die Entfaltung der Persönlichkeit zum Ziel hat. Große Klassen im Gleichschritt und mit Frontalunterricht geführt sind für die Digitalisierung hinderlich. Wir führen gestuft selbst organisiertes Lernen in allen Schularten angemessen ein, wobei die Grundform die Gemeinschaftsschule ist. Jedes Kind kann sich in seinem Tempo und nach seinen Bedürfnissen digitale Unterstützung holen und sie an jenem Lernort nutzen, den es für sich ausgesucht hat.

10.1.3 Glasfaser-Ausbau. Technische Voraussetzung ist der Glasfaserausbau (garantierte 100MB für jeden Gewerbebetrieb und jeden Haushalt, insbesondere auch für Schulen zu jeder Tageszeit). Wir werden dies bis 2028 einrichten.

Dazu gehört auch die flächendeckende Ausstattung von Schulen mit WLAN und einem kontrollierten Zugang für Schüler:inne, sowie offene Druckstationen und eine sichere cloud-Lösung (on premise cloud), so dass learning analytics nach den gültigen Datenschutzrichtlinien möglich wird. Rechenzentren in Landratsämtern oder Bezirksregierungen kümmern sich mit ausreichend technischem Personal ausgestattet um Installationsarbeiten von Software und den technischen Unterhalt. Der Zugang zu den Daten muss internetbasiert erfolgen. Für den Lehrenden-Bereich sind schnelle Scanner und Poster-Plotter vor Ort erforderlich.

10.1.4 Machbarkeitsstudie. Eine SPD-geführte Staatsregierung wird eine Machbarkeitsstudie für digitale Lernmittelfreiheit (OER = Open Educational Ressources) in Auftrag geben. Schulbücher werden in absehbarer Zeit rechtlich abgesichert und digitalisiert den Schulen zur Verfügung gestellt.

10.1.5 Kein Schultrojaner. Die BayernSPD lehnt einen „Schultrojaner“ oder ähnliche Modelle entschieden ab. Schulbuchinhalte werden für alle digital und kostenfrei verfügbar gemacht.

10.1.6 Weiterbildung. Die digitale Arbeit und die mit ihrer verbundenen Bedeutung der Digitalisierung in vielen weiteren Lebenszusammenhängen machen das kontinuierliche lebensbegleitende Lernen zu einer unverzichtbaren Notwendigkeit. …Deshalb werden wir kostenfreie öffentliche bzw. staatliche Weiterbildungsangebote einrichten. Ziel muss es sein, digitale Lerninhalte für alle Lebensbereiche aufzubauen und allen Bürgerinnen und Bürgern kostenlos und barrierefrei zur Verfügung zu stellen. Selbständige Weiterbildung muss allen zugänglich sein.

10.1.7 Landesweites ganzheitliches Konzept. Ein SPD-geführtes Kultusministerium wird ein umfassendes und ganzheitliches Konzept für die Digitalisierung erstellen. Dies kann nicht jeder einzelnen Schule aufgebürdet werden, da in den meisten Fällen die nötige Fachkompetenz für Digitaltechnik und der erforderliche Markt-Überblick fehlt. Damit Schüler:innen einen kompetenten Umgang mit diesen Medien erlernen, werden wir ein fundiertes medienpädagogisches Konzept für alle bayerischen Schulen erstellen lassen. Das Konzept muss sich insgesamt auf drei Ebenen widerspiegeln:

– in aktualisierten Lehrplänen,

– in gezielteren Lehrer:innen-Fortbildungen zu diesem Thema und

– ganz besonders im Aufbau des Lehramtsstudiums.

 

10.2 Primarbereich

10.2.1 Grundschule Jahrgangstufe 1-2. Digitale Angebote für Kinder bis zur Lesefähigkeit müssen sehr sorgfältig gestaltet und ausgesucht werden, damit sie für das Lernen gewinnbringend und nicht kontraproduktiv sind. Ausgewiesene Fachleute bewerten Software nach pädagogischen Kriterien und sprechen Empfehlungen für ein Zulassungsverfahren aus, wie es zurzeit bei Schulbüchern praktiziert wird. Gleichzeitig ist es erforderlich, dass Schulen Eltern bezüglich des kompetenten Umgangs ihrer Kinder mit digitalen Medien beraten. Hierfür werden besondere Lehrkräfte zu Medienberater:innen aus- und fortgebildet. Computer und Computersteuerungen sind in Geräten des Alltags so weit verbreitet, dass nur das Bewusstmachen, nicht das Ignorieren, die Lösung sein kann.

10.2.2 Grundschule Jahrgangsstufe 3-4. Lesefähige Kinder werden vorsichtig an die Nutzung von Lernprogrammen auf Tablet und Computer herangeführt. Die Medienerziehung bezieht zunehmend das Smartphone mit ein, ohne dass ein Umgang mit dem Gerät erforderlich ist. Das asynchrone Lernen wird angebahnt.

 

10.3 Sekundarbereich

10.3.1 Unterstufe. In der Unterstufe weiterführender Schulen werden Lernende in die kritische Nutzung von digitalen Geräten (Smartphones, Wearables, Digitale Assistenten, etc. …) eingeführt. Das asynchrone Lernen wird planmäßig in den Schulalltag eingebaut. Unterstützend muss ein Tastaturen-Schreibkurs und Kursunterricht zur Nutzung von Office-Anwendungen (Texteditoren, Tabellenkalkulation, Präsentation) eingeführt werden. Prävention i.S.v. sozialen Medien, Mobbing und Umgang mit Bildern wird zusammen mit Angeboten für Eltern planmäßig durchgeführt.

10.3.2 Mittelstufe. In der Mittelstufe weiterführender Schulen werden Lernende zur kritischen Nutzung von Software und Inhalten des WWW hingeführt. Bei Recherchen muss die Qualität der Inhalte reflektiert und bewertet werden.

10.3.3 Oberstufe. Schüler:innen gestalten zunehmend Inhalte für digitale Plattformen und zu unterschiedlichen Zwecken. Das asynchrone Lernen mit Hilfe digitaler Techniken ist der Regelfall. IT- und Netzkompetenz sind selbstverständliche Unterrichtsinhalte.

10.4 Hochschulen

10.4.1 Inverted Classrooms. An Hochschulen ist das selbständige, asynchrone Lernen im Sinn eines inverted classroom die Regel. Persönliche Kontakte sind dennoch in fortgeschrittenen Seminaren und Praktika unerlässlich. Fortgeschrittene IT– und Netzkompetenz sind selbstverständliche Lehrinhalte an Hochschulen.

10.4.2 Lernmittelfreiheit und freier Zugang. Für jede Schul- und Ausbildungsstufe gilt eine digitale Lernmittelfreiheit. Der freie Zugang zu wissenschaftlichen Texten ist gesichert.

10.4.3 Hochschulen übergreifendes Studium. Digitale Bildung ermöglicht die Kombination von Kompetenzen, die an unterschiedlichen Hochschulen erworben wurden. Die hierfür notwendigen Voraussetzungen für die Anerkennung zusammengesetzter Leistungen wird geschaffen.

 

10.5 Berufliche Bildung

10.5.1 Berufliche Schulen. In der beruflichen Bildung arbeiten Schüler:innen mit den aktuellen digitalen Arbeitsmitteln, die sie im Berufsleben auch tatsächlich vorfinden werden. Lehrende kennen aktuelle Entwicklungen, die zu zukünftigen Änderungen in der Arbeitswelt führen werden und bereiten darauf vor.

10.5.2 Berufsbilder. Berufsbilder werden inhaltlich zur Stärkung von IT- und Netzkompetenz im Rahmen digitaler Arbeit weiterentwickelt.

 

10.6 Erwachsenenbildung.

Im Rahmen der Erwachsenenbildung werden Personenkreise, die von der Digitalisierung eingeholt wurden, im Rahmen von kostenlosen Kursen mitgenommen. Zu diesem Zweck wird eine öffentliche bzw. staatlichen Säule für die kontinuierliche übergreifende Weiterbildung zur Digitalisierung geschaffen. Ziel muss es sein, digitale Lerninhalte für alle Lebensbereiche aufzubauen und allen Bürger:innen zur Verfügung zu stellen. Selbständige Weiterbildung muss allen zugänglich sein.

Zudem muss jeder befähigt werden, diese Inhalte nutzen zu können.

 

10.7 Lehrerbildung

10.7.1 Qualifizierung von Lehrkräften. Damit Lehrkräfte mit der Lebensrealität, die bei Jugendlichen, insbesondere im Hinblick auf Kommunikation, bereits wesentlich digital geprägt ist, mithalten können, muss eine regelmäßige Weiter-Qualifizierung und Fortbildung der Lehrkräfte erfolgen. Dies muss auch eine Pädagogik des selbstorganisierten Lernens einschließen. Eine Fokussierung auf entsprechende Lehrmethoden statt reinem Frontalunterricht macht die bereits vorhandenen Erfahrungen der Schüler:innen nutzbar. Schule muss klar die Risiken und Probleme der Digitalisierung adressieren und eine kritische Auseinandersetzung fördern.

10.7.2 Praktische Kompetenzen. Lehrer:innenbildung umfasst nicht nur allgemeine Medienpädagogik, sondern vermittelt auch praktische Kompetenzen im fachlich fundierten Umgang mit allgemeiner und fachspezifischer Software sowie Kommunikations- und Lehrkompetenz über mindestens ein digitales System. Die Führung einer Lernenden-Gruppe im selbst organisierten Unterricht ist selbstverständlicher Inhalt in den Fachdidaktiken.

Pflichtveranstaltungen für alle Lehramtsstudent:innen in Bayern, wie sie im Rahmen des DigiLLab-Projektes begonnen worden sind, werden wir verstetigen.

 

 

11 Bafög

 

  1. Gutes und ausreichendes Bafög für alle.
  2. Gerechte und bezahlbare Sozialversicherungen für Studierende
  3. Regelmäßige Erhöhungen entsprechend den Tarifabschlüssen des öffentlichen Dienstes

 

In den 1970er-Jahren wurden in Deutschland auf Initiative der Sozialdemokratie erstmals finanzielle Unterstützung auf Grundlage des neuen Bundesausbildungs-förderungsgesetzes (BAföG) ausgezahlt. Dies stellte einen Meilenstein in der Bundesrepublik hin zu mehr Bildungsgerechtigkeit dar. Das Studium sollte nicht länger ein Privileg der Wenigen sein, die freie Berufswahl sollte für alle Menschen endlich umgesetzt werden.

Zahlreiche von Union und FDP geführte Regierungen stellten sich der Grundidee des gleichen Zuganges zum Bildungssystem entgegen und höhlten das BAföG aus. Doch nicht alle Studierenden haben reiche Eltern und weniger als 2% aller Studierenden verfügen über ein Stipendium. Zudem wurde das BAföG in ein Darlehen umgewandelt, das zur Hälfte zurückgezahlt werden muss und nur während der Regelstudienzeit ausgezahlt wird. Um bis zu 10.000 Euro müssen sich Studierende aus nicht-wohlhabenden Haushalten verschulden, die ab dem fünften Jahr nach der Regelstudienzeit mit Quartalsraten von 390 Euro zurückgezahlt werden müssen. Stundungen müssen gegenüber den zuständigen Ämtern gut begründet werden.

Trotz der Reformversuche des BAföG in den letzten Jahren, nimmt die Anzahl der tatsächlich Geförderten stetig ab. Während 2014 bereits nur noch 16,5% aller Studierenden das Fördergeld bekamen, sank der Anteil bis 2018 auf ca. 12,2%. Nur in etwa die Hälfte der Geförderten bekommt den aktuellen BAföG-Höchstsatz von 861 Euro (für Alleinlebende), was jedoch aufgrund der gestiegenen Miet- und Lebenshaltungskosten oft nicht ohne weitere Unterstützung ausreicht und zu einem verfügbaren Einkommen führen kann, das unter dem ALG-II-Regelsatz liegt. Dies ist ungerecht und widerspricht dem Geist des BAföG! Es schränkt die freie Berufswahl für Menschen aus Familien mit geringem Einkommen ein. Ein Studium darf kein Privileg sein, sondern muss allen offen stehen!

Das komplexe System führt zudem dazu, dass nicht alle Schüler:innen und Auszubildende die Gelder verlässlich bekommen, die sie benötigen, um ein Leben oberhalb der Armutsgrenze zu führen. Doch Lernen muss allen möglich sein, wer in Schule und Ausbildung ist, darf nicht in dauerhafte Geldnot gebracht werden!

Als Sozialdemokrat:innen möchten wir der alten Erfolgsgeschichte des BAföG wieder neues Leben einhauchen. Das gelingt nur mit einem entschlossenen Neustart des Fördersystems. Dafür wollen wir uns mit ganzer Kraft einsetzen!

 

  1. Studierenden-BAföG und Meister-BAföG als Vollzuschuss

Als SPD wollen wir uns dafür einsetzen, dass die finanzielle Unterstützung von Studierenden nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) künftig als Vollzuschuss gewährt wird. In diesem Zuge ist die Meisterausbildung dem Studium im Sinne des BAföG gleichzustellen und somit auch das sogenannte Meister-BAföG als Vollzuschuss zu gewähren. Es ist unser Ziel, die Meister:innenausbildung formal der akademischen Qualifizierung gleichzustellen, beispielsweise über den Deutschen Qualitäts-Rahmen oder den Europäischen Qualitäts-Rahmen.

 

  1. Regelmäßige BAföG-Erhöhungen – Anpassungen an die Tarifabschlüsse des Öffentlichen Dienstes

Viele Jahre wurden das BAföG nicht oder nur geringfügig erhöht. Bisher fehlten die regelmäßigen Erhöhungen angepasst an die tatsächlichen Lebenshaltungs- und Mietkosten. Diese wollen wir dadurch sicherstellen, dass im Bundesausbildungsförderungsgesetz die Anpassung der Fördersumme entsprechend der Tarifabschlüsse des „Öffentlichen Dienstes“ verankert wird. Damit wird eine regelmäßige und automatische Anpassung an die Lebenshaltungskosten sichergestellt. Die Mietpauschale muss zudem unter Berücksichtigung des lokalen Mietspiegels nach oben angepasst werden können, ohne jedoch unter dem heutigen Wert von 325 Euro fallen zu können.

 

  1. Sozialversicherungen für Studierende

Studierende müssen für ihre Nebentätigkeiten im Umfang von maximal 20 Wochenstunden keine Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung leisten. Jedoch werden ab dem 25. Lebensjahr Beiträge für die studentische Kranken- und Pflegeversicherung fällig, was durch den gleichzeitigen Wegfall des Kindergeldes oft zu finanziellen Notlagen führt. Wir fordern für Studierende eine volle Abdeckung aller Beiträge durch das Sozialversicherungssystem – ohne finanzielle Mehrbelastung. Beiträge zur studentischen Kranken- und Pflegeversicherung sind auf zusammen 50 Euro im Monat zu deckeln, diese sind vollständig durch das BAföG abzudecken. Für ein beendetes Studium ist zudem ¼-Rentenpunkt pro vorgesehenem Regelstudien-semester gutzuschreiben.

 

  1. Verlängerung der Bezugsdauer für das BAföG über die Regelstudienzeit

       hinaus

Die sogenannte Regelstudienzeit entspricht zu häufig nicht der Lebenswirklichkeit der Studierenden. Wer beispielsweise das Studium aufgrund einer immer häufiger vorkommenden unzureichenden Anzahl an Seminarplätzen oder wegen eines ehrenamtlichen Engagements nicht innerhalb der Regelstudienzeiten beenden kann, verliert den BAföG-Anspruch und muss von dort an den Lebensunterhalt zur Gänze anderweitig bestreiten bzw. sicherstellen. Dies widerspricht jedoch den Sinn und Zweck von BAföG, welches Studierenden ein gutes Studium ohne finanziellen Druck ermöglichen sollte. Gerade Studierende mit einem finanziell schlechter gestellten familiären Hintergrund sind auf das BAföG angewiesen, um nicht in einem Ausmaß auf Erwerbstätigkeit neben dem Studium angewiesen zu sein, das wiederum weniger Zeit für ein gutes Studium zulässt. Das BAföG soll daher nicht länger an die Regelstudienzeit gebunden sein.

 

  1. Für alle Studierenden ein BAföG, das reicht

Die Auszahlung des BAföG wird seinem ursprünglichen Zweck, allen Menschen den Zugang in das Bildungssystem zu ebnen, nicht mehr gerecht. Die zahlreichen Vorbedingungen müssen daher abgebaut werden.

Wir setzen uns für ein elternunabhängiges BAföG für Studierende ein. Alle Antragssteller:innen sollen auf Grundlage ihrer individuellen Verhältnisse bewertet werden. Das BAföG muss zudem altersunabhängig gewährt werden.

Das BAföG soll zudem unabhängig von der Staatsangehörigkeit an alle Studierenden ausgezahlt werden. Das Antragsprozedere soll dafür auch auf Englisch möglich sein.

Für Eltern, die sich in Ausbildung befinden, reicht der Kinderzuschlag in Höhe von 150 Euro pro Kind auch mit dem Kindergeld oft nicht aus. Die Doppelbelastungen führen dazu, dass viele Eltern ihr Studium nicht beenden können. Kinder sollen jedoch nicht dazu führen, dass jemand ein Studium, eine Ausbildung oder die Schule nicht wie geplant beenden kann. Zudem müssen wir Kinderarmut entschlossen bekämpfen. Daher wollen wir das BAföG pro Kind auskömmlich ergänzen.

 

  1. Schüler:innen-BAföG

Das BAföG für Schüler:innen ist von den Aushöhlungen des Studierenden-BAföG weitgehend verschont geblieben. Es ebnet den Zugang in zweite Bildungswege und hilft Jugendlichen, die aus triftigen Gründen nicht mehr bei ihren Eltern leben können oder wollen. Die Höchstsätze des Schüler:innen-BAföG müssen an die des Studierenden-BAföG angepasst werden, da es keinen Anlass gibt anzunehmen, dass Schüler:innen mit weniger Geld über die Runden kommen könnten, als Studierende und Auszubildende.

 

  1. Auszubildenden-BAföG

Trotz der auf sozialdemokratischer und jungsozialistischer Initiative eingeführten Mindestvergütung für Auszubildende in Höhe von 620 Euro (ab 2023), reichen die Vergütungen oft nicht aus, sich einen eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren. Solange das nicht möglich ist, ist eine Ausbildungsbeihilfe als Aufstockung für Auszubildende notwendig. Es muss ergänzend zur Ausbildungsvergütung und unabhängig vom Einkommen der Eltern ausgezahlt werden. Gleiches soll für Ausbildungen an Fachschulen gelten.

 

 

12 Erwachsenenbildung – für ein Leben in der Wissensgesellschaft

 

  1. Arbeitnehmer:innen werden mehr Rechte erhalten, über die Art und Dauer ihrer Fortbildung zu entscheiden.
  2. Wir werden die Weiterbildungsmöglichkeiten in den Grundlagenfächern wie in der politischen Bildung stark erweitern.

c Wir führen in Bayern einen Bildungsurlaub ein

 

Der rasche Fortschritt in Wissenschaft und Technik bringt es mit sich, dass Berufe sich wandeln, Berufe verschwinden und neue Berufe entstehen. Der Einzelne: die Einzelne kann nicht mehr davon ausgehen mit einem Beruf, so wie er erlernt wurde, durch das ganze Leben zu gehen (atmende Lebensverläufe). Die notwendigen Anpassungsleistungen werden wir erleichtern durch die Weiterentwicklung der Bildungsmöglichkeiten.

Auch die Bildung im Humboldt’schen Sinne, die einem erweiterten Wissen von der Welt und der Gesellschaft dient und dem Menschen eine Grundlage für eine größere persönliche Entfaltung bieten kann, werden wir fördern.

 

12.1 In der Fortbildung werden wir:

  • die berufliche Fortbildung am oder in der Nähe des Arbeitsplatzes anregen. Da hier die direkt Betroffenen gute Experten sind, sollen diesen in erster Linie die Gestaltung überlassen werden. Gegebenenfalls soll durch steuerliche Anreize eine Offenheit für diese Notwendigkeiten herbeigeführt werden.
  • dafür sorgen, dass Arbeitnehmer:innen und Betriebsräte Initiativrecht, Einwirkungsmöglichkeiten und Mitbestimmungsrechte bekommen. Dazu sind die Änderungen des § 87 und der §§ 96 bis 98 BetrVG entsprechend zu ergänzen.
  • bei betriebsexternen Anbieter;innen oder einer längeren Fortbildungszeit die Lohnfortzahlung (= Bildungsurlaub) einführen.
  • die Berufsschulen in Fortbildungsprogramme einbeziehen.

 

 

 

12.2 Für die Weiterbildung werden wir:

  • die Arbeit der Volkshochschulen unterstützen. Mit ihnen werden wir untersuchen, inwieweit sie ihre Programme ergänzen und weiterentwickeln können.
  • das Kolleg-Angebot überprüfen und ggf. ausbauen.
  • Bildungsmöglichkeiten auch in allen Medien anbieten. Hier werden wir sowohl Grundlagenfächer (Deutsch, Deutsch als Fremdsprache, Programme für Migranten, MINT-Fächer, Literatur) als auch die politische Bildung (Staatbürger:innenkunde, Gesellschaftswissenschaften, Psychologie und Wirtschaftskunde) weiterentwickeln.

 

Die aufgezeigten Möglichkeiten sollen

  • Durch die breite Fächerung viele Bedürfnisse abdecken,
  • Durch die Nutzung vieler Zugangsarten Schwellenprobleme reduzieren, idealerweise beseitigen und
  • Den Bürger:innen helfen sich in der Wissensgesellschaft zurecht zu finden, sich entfalten zu können und in ihr auch eine Heimat zu haben.

 

 

13 Politische Bildung

 

  1. Politische Bildung gehört von Anfang an zum lebenslangen Lernen
  2. Wir schaffen ein Gesetz zur Stärkung der Demokratie und Vielfalt in Bayern
  3. Demokratie braucht engagierte und qualifizierte Demokrat:innen

 

Auch in Bayern: Politische Bildung und Demokratie stärken

  • Die Demokratie ist der Grund, warum wir seit über 75 Jahren in Frieden, Freiheit und Wohlstand leben. Sie ist die Gesellschaftsform aller Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Für die Demokratie lohnt es sich, zu kämpfen und immer wieder zu begeistern. Denn sie garantiert, dass wir auch in Zukunft in einer offenen und freien Gesellschaft leben – das ist unser Ziel.
  • Die Qualität unserer Demokratie ist abhängig von der Demokratiebildung in der Gesellschaft. Demokratie lernen und Demokratie leben gehören zusammen.

Gerade in der Krise gibt uns unsere Demokratie alle Möglichkeiten zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen an die Hand. Nur eine freie, demokratische Gesellschaft verfügt über eine hohe Integrationskraft für alle Mitglieder der Gesellschaft. In ihr sind Perspektiven, Innovation und gesellschaftlicher Fortschritt möglich. Daher setzen wir uns für eine Ausweitung der politischen Bildung an Schulen ein und wollen gleichzeitig Orte der Demokratie im Freistaat Bayern sichtbarer und erlebbarer machen. Wir glauben: Demokratiebildung gehört zum lebenslangen Lernen dazu. Aufgeklärte Demokrat:innen stärken die Demokratie und halten sie lebendig. Unser Weg in die Zukunft

  • Ein landesweiter Demokratietag wird eine erfolgreiche Möglichkeit sein, für unser demokratisches Zusammenleben zu werben.
  • Wir begrüßen das „Gesetz zur Förderung der wehrhaften Demokratie“ auf Bundesebene als wichtigen Schritt, die Demokratieförderung in Deutschland breit aufzustellen. Wir sichern die wertvollen Strukturen von Partner:innen wie z. B, das Netzwerk politische Bildung Bayern, das Wertebündnis Bayern, das Konzept der langen Nacht der Demokratie oder das Programm „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage. Wir brauchen von der Bundesebene die Sicherheit, dass die Strukturen dauerhaft gefördert und weiter ausgebaut werden können. Ein neuer Schwerpunkt wird dabei die Hilfe für Betroffende von Hass und Hetze sein.
  • Jeder Mensch hat das Recht auf Gleichbehandlung. Daher wollen wir ein Landesgesetz zur Stärkung der Demokratie und der Vielfalt schaffen. Dieses Gesetz soll bestehende Anstrengungen für ein zugewandtes und diskriminierungsfreies staatliches Handeln stärken. Wo es dennoch nachweislich zu Diskriminierung durch staatliche Stellen kommt, soll das Gesetz erleichterte Bedingungen für Bürger:innen schaffen, um sich dagegen zur Wehr zu setzen.

 

Zur politischen Teilhabe aller gesellschaftlichen Gruppen als wichtiger Teil der Demokratiestärkung setzen wir uns für die Parität in den Parlamenten ein, von kommunaler-, über Bezirks-, Landes-, Bundes- und EU-Ebene und gehen hier bereits mit gutem Beispiel des Reißverschlussverfahren bei der Listenaufstellung unserer Kandidat:innen voran und unterstützen die Initiative „Parität in den Parlamenten“. Wir erhöhen mit gezielten Maßnahmen den Frauen*anteil innerhalb unserer Partei und stärken auch innerparteilich den Anspruch „Mehr Frauen in Führungspositionen“ aller parteiinternen Ebenen. Wir setzen uns für „Parität jetzt“ mit dem Anspruch „Diversität morgen“ ein, um unseren weiteren Teil zur politischen Bildung und Demokratiestärkung zu leisten, damit alle gesellschaftlichen Gruppen über die in Parlamenten jeder Ebene durch Gesetzgebung Entscheidungen getroffen werden, im Entscheidungsprozess und an den Entscheidungen mit ihren Erfahrungen, Expertise und Sichtweisen als Teil des jeweiligen Parlaments gleichwertig, als Spiegel der Gesellschaft, teilhaben.

 

  • Bündnispartner:innen und Initiativen, die sich für Vielfalt einsetzen, wie beispielsweise den Bayerischen Jugendring, Institutionen der Jugend- und Erwachsenenbildung, die Akademie für politische Bildung Tutzing, die politischen Stiftungen, usw. wollen wir in ihrem Engagement unterstützen, unter anderem durch Begleitungsmöglichkeiten durch ausgewiesene Fachverbände.
  • Wir wollen die Demokratiebildung in Bayern stärken, um die Werte der Demokratie noch besser in der Gesellschaft zu verankern und Tendenzen von rechts entgegenzutreten.
  • Die „ Bayerische Landeszentrale für politische Bildung“ fördert seit vielen Jahren die politische Bildung in unserem Land. Als unparteiische und überparteiliche Einrichtung soll sie die Bürgerinnen und Bürger über die Grundlagen der Politik und über aktuelle politische Entwicklungen informieren. Wir wollen die wichtige Arbeit der LzpB unterstützen, so dass sie sich weiterhin dafür einsetzen kann, demokratisches Bewusstsein in unserer Gesellschaft zu fördern. Projekte und Initiativen brauchen neben einer Anschubförderung, auch langfristige Zusagen, auch für die Absicherung der Arbeitsplätze der Beschäftigten.
  • Uns ist es wichtig, dass Kinder bereits in der Kita und im Grundschulalter demokratische Prozesse erlernen. Wir setzen auf politische Bildung von Anfang an und entlang der kompletten Bildungskette bis zum Schulabschluss und darüber hinaus, auch nach Abschluss der beruflichen Ausbildung. Deshalb wollen wir den Anteil der politischen Bildung im Unterricht erhöhen und dafür sorgen, dass jede:r Schüler:in mindestens einmal in seiner Schullaufbahn eine Gedenkstätte oder einen Ort der Demokratie besucht hat. Durch den Besuch eines authentischen Ortes, ist eine nachhaltige Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit und die Wertschätzung unserer freiheitlichen Demokratie viel eindringlicher möglich. Wer einmal von den Vorzügen der Demokratie überzeugt ist, steckt mit seiner Begeisterung andere an und wird selbst zum Demokratiebotschafter.
  • Die Lehrstühle für politische Bildung an allen Universitäten sollen ausgebaut werden. Politische Bildung und Demokratiestärken wird elementarer Bestandteil der Lehrerausbildung aller Schularten.
  • Eine stabile Demokratie stärkt die Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger:innen an demokratischen Prozessen. Wir möchten in Bayern modellhaft neue Beteiligungsformate testen wie beispielsweise Bürger:innenräte oder Zukunftsforen.

In einer Demokratie-Enquete wollen wir über zeitgemäße Reformen unserer Parlamentsabläufe und die Verzahnung mit politischen Bildungsinitiativen und der Initiative, einen zentralen Ort für unsere Demokratie zu schaffen, diskutieren.

  • Mit einer Reihe von überregionalen und regionalen Initiativen wollen wir unsere demokratische Kultur im gesellschaftlichen Alltag erlebbarer machen. Wir wollen z.B. das bayerische Landesmuseum in Regensburg zu einem Ort der Demokratie und der politischen Bildung machen.
  • Die Gedenkarbeit spielt für uns eine wichtige Rolle. Durch lokale und landesweite Gedenkstätten wie das KZ Dachau oder das KZ Flossenbürg wollen wir die Verbrechen der NS Diktatur und ihre Auswirkungen in der Nachkriegszeit sichtbar machen. Wir wollen auch in Zukunft Orte der Gedenkarbeit, die an die Opfer erinnern (wie u.a. Soldatenfriedhöfe) aber auch lebendige Orte jüdischen Lebens und Lebensorte anderer verfolgter Gruppen in Bayern weiter fördern, um so Aufklärungsarbeit an originären und authentischen Orten erlebbar zu machen.

Demokratie lebt davon, dass wir alle uns beteiligen. Wir wollen eine lebendige Demokratie! Die Grundlage dafür ist Akzeptanz. So unterschiedlich wir sind, so verschieden sind auch unsere Interessen. Unser gemeinsamer Weg ist es, im Gespräch, im politischen Streit um die besten Lösungen für unser Land zu ringen. Wir haben den Mut dazu und verstehen Kontroversen als den „zivilisierten“ Weg dazu. Und wir sind zuversichtlich, denn die Bürger:innen in Bayern haben eine lange Tradition demokratischer Gestaltung.

 

 

14 Kulturelle Bildung

 

  1. Wir werden Finanzielle und soziale Barrieren abbauen.
  2. Wir werden eine umfassendere kulturelle Bildung ermöglichen.

 

Einführung. Kunst und Kultur muss allen Menschen zugänglich sein. Echte Teilhabe an Kultureller Bildung können wir nur erreichen, wenn Barrieren abgebaut werden, die Institutionen sich weiter öffnen und das Angebot von Kunst und Kultur, gerade im Schulsystem, gestärkt, ausgebaut und deren Wichtigkeit in Bezug auf eine positive gesellschaftliche und individuelle Entwicklung anerkannt wird.

Begründung: Artikel 31 der UN-Konvention über die Rechte des Kindes, Beteiligung an Freizeit, kulturellem und künstlerischem Leben, staatliche Förderung:

(1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Ruhe und Freizeit an, auf Spiel und altersgemäße aktive Erholung sowie auf freie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben.

(2) Die Vertragsstaaten achten und fördern das Recht des Kindes auf volle Beteiligung am kulturellen und künstlerischen Leben und fördern die Bereitstellung geeigneter und gleicher Möglichkeiten für die kulturelle und künstlerische Betätigung sowie für aktive Erholung und Freizeitbeschäftigung.

 

14.1 Finanzielle Barrieren.

Kunst und Kultur muss stets zu sozialverträglichen Preisen zugänglich sein. Wie schon in einigen Kommunen erprobt, ist allerdings ein freier Zugang zu Museen und Kunsthallen möglich und ein klar zu verfolgendes Ziel. Wir werden einführen, dass an einem Tag im Monat der Zutritt zu kulturellen Angeboten, wie Museen, Theater usw. für alle Personen kostenlos ist (Tag der offenen Tür).

 

14.2 Kulturinstitutionen.

Eine weitere Barriere sind die Kulturinstitutionen an sich. Wir werden:

  • die Kulturinstitutionen in die Lage versetzen, die an manchen Orten schon begonnene Arbeit weiterzuführen, sich gezielt auf Nichtbesucher zu konzentrieren.
  • die Institutionen für die Gemeinschaft durch Projekte in der Öffentlichkeit und in allen Schularten (Grund- bis Volkshochschule) aktiv öffnen.
  • die Träger:innen mit ausreichenden finanziellen Mitteln unterstützen.
  • auch langfristige Förderungsformate für die freien Kulturakteure vor Ort bereitstellen. Kultur lebt auch hier von vielfältigen Angeboten.

Musik- und Kunstschulen, Amateurtheater, Einrichtungen der Amateurmusik wie Chöre, Orchester und Musikvereine, soziokulturelle Zentren, Bibliotheken sind ebenfalls wichtige Akteure der Kulturellen Bildung vor Ort. Wir werden auch diesen Akteur:innen fördern und unterstützen, auch auf ihrem Weg zu mehr Digitalisierung.

Begründung: Der Freistaat Bayern ist laut Art. 3 der Verfassung ein Kulturstaat und „bekennt sich zu der Zielsetzung, die Vermittlung kultureller Bildung an allen allgemeinbildenden Bildungseinrichtungen als gleichwertiges Bildungsziel anzuerkennen“ (Beschluss des Bayerischen Landtags vom 6. Juni 2008)

 

14.3 Auch Kulturferne erreichen.

Eine Nichtbesucher:innen-Studie von 2019 zeigt den Zusammenhang von Bildung und sozialer Herkunft und dem Besuch einer Kultureinrichtung. Am größten sei der Effekt, wenn ein Elternteil Geisteswissenschaftler:innen, Kunst- oder Kulturwissenschaftler:innen oder Künstler:in sei. Weiter sei eine „Nähe zur Kunst“ durch die Sozialisation im Elternhaus, durch Wissen über Kunst, durch eigene künstlerische Tätigkeiten, durch den Kontakt mit Kunst in der Schule, im Freundeskreis und beim Besuch von Kultureinrichtungen ausschlaggebend.

Die Kulturelle Bildung muss also nicht nur im außerschulischen Bereich gestärkt werden, sondern vor allem im schulischen Bereich.

Wir werden:

  • die bisher stark segmentierten Bildungsbereiche verzahnen und Kindertagesstätten, Schul-, Berufs- und Hochschulbildung sowie allgemeine und berufliche Weiterbildung zu einem aufeinander aufbauenden und vor allem durchlässigen Gesamtsystem integrieren.
  • eine Stärkung der künstlerischen Fächer im Schulunterricht durchführen. Die Kulturelle Bildung meint aber nicht nur die Fächer „Musik“ und „Kunst“. Gebraucht wird eine umfassende und fächerübergreifende Auseinandersetzung mit künstlerischen Impulsen und Methoden. Die individuelle Persönlichkeitsentwicklung der Schüler:innen profitiert davon nachweisbar.
  • eine engere und regelmäßigere Zusammenarbeit mit Kulturbetrieben und ihren Mitarbeiter:innen (Künstler:innen und Pädagog:innen) in Form von Projekten und Kooperationsvereinbarungen einführen, um die umfassende Kulturelle Bildung umzusetzen. Dies braucht eine deutliche Veränderung von Curricula und die Weiter- und Fortbildung von Lehrkräften. Das von der Bundeskulturstiftung gestartete Programm „Kulturagenten für kreative Schulen“ zeigt, dass gerade an Ganztagsschulen die Kooperation mit Künstlerinnen und Künstlern sowie anderen Kulturvermittlerinnen und Kulturvermittlern hervorragend funktioniert. Diese Art der Zusammenarbeit muss zur Norm werden.

 

14.4 Teilhabe an Kultureller Bildung bedeutet aber noch einiges mehr.

Wir werden:

  • dafür sorgen, dass barrierefreie Gebäude und kreative sowie inklusive Angebote für Menschen mit Beeinträchtigung oder Deutsch als Fremdsprache (Ausstellungen zum Hören und/oder Anfassen, besondere Einführung in Theaterstücke etc.) fester Bestandteil des Kulturbetriebs sind. Hier müssen die öffentlichen Kulturbetriebe beispielhaft voran gehen.
  • dafür sorgen, dass sich die Vielfalt unserer Gesellschaft auch in unseren Kulturbetrieben widerspiegelt. Daher brauchen wir eine Förderung von kultureller, geschlechtlicher und sozialer Vielfalt in den Kultureinrichtungen, sowohl in ihrem Programm und als auch in ihrer Struktur.

Kulturelle Infrastruktur und Kulturelle Bildung müssen ein wesentlicher Faktor für eine Gemeindeentwicklung sein. In einer inklusiven Gesellschaft müssen alle partizipieren und kulturell teilhaben können, egal ob Jung oder Alt und unabhängig davon, in welchem Ortsteil sie wohnen.

Auch die Volkshochschulen verdienen eine besondere Förderung, da sie eine wichtige Rolle in der Teilhabe und Integration von Zuwanderern spielen. Besondere kulturelle Bildungsangebote sind auch im Erlernen der deutschen Sprache besonders sinnvoll.

 

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