Die Bezirksvorstände und Bezirkskonferenzen der Arbeitsgemeinschaft SPDqueer und der Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB) in der NiederbayernSPD beantragen gemeinsam zu beschließen:
Die Landeskonferenzen der AfB sowie der AG SPDqueer in der BayernSPD fordern die SPD-Landtagsfraktion auf, gerne auch fraktionsübergreifend mit der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen, einen bayerischen Bildungsplan für Akzeptanz und Vielfalt, auch sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, in der frühkindlichen Bildung, in der schulischen Bildung sowie in der beruflichen Ausbildung (z. B. Berufsschulen), z. B. nach dem Vorbild von Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern, zu erarbeiten und in den Bayerischen Landtag einzubringen.
Bayern ist auch hier nach wie vor das einzige Bundesland, das bis heute keinen Bildungsplan für Akzeptanz und Vielfalt für die frühkindliche, die schulische, die berufliche und die gesellschaftliche Bildung hat. Gerade die deutliche Zunahme von verbalen und tätlichen Übergriffe und Straftaten gegen queere Menschen im Alltag und auch bei den letzten Christopher-Streets-Days in Deutschland und Bayern, aber auch Hass und Hetze in den (un)sozialen Netzwerken machen deutlich, dass es dringend erforderlich ist, Kinder und Jugendliche, aber auch junge Erwachsene frühzeitig mit der Vielfalt unserer Gesellschaft vertraut zu machen und für gesellschaftlichen Respekt gegenüber nicht heteronormativen Lebensentwürfen zu sorgen.
Der konstruktive Umgang mit Vielfalt stellt eine wichtige Kompetenz für die Menschen in einer zunehmend von Komplexität und Vielfalt geprägten modernen Gesellschaft dar. In der modernen Gesellschaft begegnen sich Menschen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit, Nationalität, Ethnie, Religion oder Weltanschauung, unterschiedlichen Alters, psychischer, geistiger und physischer Disposition sowie geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung. Kennzeichnend sind Individualisierung und Pluralisierung von Lebensentwürfen.
Kernanliegen der Leitperspektive ist es, Akzeptanz und Respekt sowie die gegenseitige Achtung und Wertschätzung von Verschiedenheit zu fördern. Grundlagen sind die Menschenwürde, das christliche Menschenbild sowie unser Grundgesetz (Art. 1 – Die Würde des Menschen ist unantastbar).
Schule als Ort von Toleranz und Weltoffenheit soll es jungen Menschen ermöglichen, die eigene Identität zu finden und sich frei und ohne Angst vor Diskriminierung zu artikulieren. Indem Schülerinnen und Schüler sich mit anderen Identitäten befassen, sich in diese hineinversetzen und sich mit diesen auseinandersetzen, schärfen sie ihr Bewusstsein für ihre eigene Identität. Dabei erfahren sie, dass Vielfalt gesellschaftliche Realität ist und die Identität anderer keine Bedrohung der eigenen Identität bedeutet.
Die Leitperspektive zielt auch auf die Fähigkeit der Gesellschaft zum interkulturellen und interreligiösen Dialog und zum dialogorientierten, friedlichen Umgang mit unterschiedlichen Positionen bzw. Konflikten in internationalen Zusammenhängen. Erziehung zum Umgang mit Vielfalt und zur Toleranz ist damit auch ein Beitrag zur Menschenrechts- und Friedensbildung und zur Verwirklichung einer inklusiven Gesellschaft.
Die Verankerung der Leitperspektive im Bildungsplan wird durch folgende Begriffe konkretisiert:
- Personale und gesellschaftliche Vielfalt
- wertorientiertes Handeln
- Toleranz, Solidarität, Inklusion, Antidiskriminierung
- Selbstfindung und Akzeptanz anderer Lebensformen
- Formen von Vorurteilen, Stereotypen, Klischees
- Konfliktbewältigung und Interessenausgleich
- Minderheitenschutz
- Formen interkulturellen und interreligiösen Dialogs
Da die Staatsregierung bis heute keinen Landesaktionsplan gegen Homo- und Transfeindlichkeit (Queerer Aktionsplan Bayern) sowie sich beharrlich weigert, einen Bildungsplan für Bayern überparteilich und unter Beteiligung von Expert*innen und den vorhandenen LSBTIQ*-Strukturen zu erarbeiten, ist es angezeigt, die Staatsregierung mit Nachdruck zum Handeln aufzufordern.